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Das blaue Haus (German Edition)

Das blaue Haus (German Edition)

Titel: Das blaue Haus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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gestern an der Oberlippe waren kaum noch zu sehen. An den Händen hatten sich dunkelrote Krusten gebildet.
„Wenn ich sage, gut. Reicht dir das?“
„Ja. Auf was freust du dich heute?“
Dane kehrte in sich. Richtig, seine Übung für den Morgen. Auch daran musste er sich erst gewöhnen.
„Mit dir hier zu sitzen und später im Schnee spazieren zu gehen.“
„Das werden wir tun. Iss etwas von dem Speckomelett.“
„Ich bin nicht sehr hungrig. Hast du Obst?“
„Ich muss im Kühlschrank nachsehen, was Julie uns besorgt hat.“
Dane erhob sich. „Lass nur, ich werde selber nachsehen, wenn du erlaubst.“
Ragee nickte lächelnd. Dane ging in die Küche. Der Kühlschrank war wirklich üppig gefüllt worden. Dane griff gerade nach einem Apfel, als er die Türklingel hörte. Er erschrak über das Geräusch, wusch den Apfel ab und hörte ein Wortgefecht zwischen Ragee und einer Frau. Es war Julie!
„Alan!“, rief sie, und Dane trat in den Wohnraum, in der rechten Hand den Apfel. „Hy Julie“, sagte er vorsichtig. Ragee hatte nicht erzählt, dass sie zum Frühstück kommen würde.
Der alte Mann wollte sie zurückhalten, doch sie trug den Neuschnee energisch bis in den Wohnraum hinein. Dane fühlte sich unwohl. Dass sie etwas vorhatte, war ihr anzusehen.
„Gehst du mit nach Salina?“, fragte sie scharf.
Dane sah auf Ragee, dann wieder auf sie. Mit ihr? Mit Julie nach Salina? „Salina?“, fragte er und sah auf Ragee.
„Ich wollte ...“, sagte Ragee, doch Julie unterbrach die Erklärung: „Er will mit dir heute nach Salina fahren und dort mit dir bleiben, bis du wieder gehst.“
Dane legte den Apfel neben seinen Kaffee. Ihm war soeben der Appetit vergangen. Was zum Teufel war hier los?
„Julie!“, schrie Ragee von hinten. Sein Gesicht war rot. Er trat vor seine Tochter und fuhr sie an: „Warum tust du das?“
Julie dampfte. „Die Frage lautet, warum tust du das?“
„Nein“, fuhr Dane leise dazwischen: „Die Frage lautet, warum tut Ihr das?“ Wieder war dieses komische Gefühl da, so wie gestern, als Julie ihn und Ragee nach Hause gefahren hatte. Etwas war nicht in Ordnung zwischen den beiden. Er konnte sie zusammen einfach nicht ertragen, dabei wollte er sein Misstrauen so gerne ablegen. Doch stattdessen wandte er sich von beiden ab und ging schweigend die dunkle Treppe hinauf in sein Zimmer.
Ragee sackte auf einem Stuhl zusammen. Julie fühlte sich schlecht. Sie hatte irgendetwas Wichtiges verpatzt.
    Dane stand am offenen Fenster und sah in das aufkommende Tageslicht. Er hatte heute Morgen vorgehabt, mit Ragee noch einmal über seine Mutter zu sprechen, welche Gedanken und Ergebnisse er in der Nacht für sich erarbeitet hatte. Aber das war jetzt nicht mehr aktuell. Salina war aktuell – viele Meilen entfernt, aber näher an Colorado heran. Ein Stück näher an Sarah? Was beabsichtigte dieser alte Mann?
    „Du bist unmöglich“, sagte Ragee, nachdem er die Niederlage verdaut hatte. Er sah auf den Apfel, den Dane neben seine Kaffeetasse gelegt hatte und an der Bissstelle bereits braun wurde. Dabei war es so leicht gewesen, ihm heute Morgen zu begegnen. Er schien sich etwas befreit zu fühlen. Das war mit der Hausglocke wieder verschwunden.
„Hast du noch nicht ...?“, fragte Julie, sich ihrer misslichen Lage bewusst.
„Nein!“, fuhr ihr Pflegevater sie an. „Ich habe ihm noch nichts gesagt! Wie auch? Du warst ja schneller!“ Es war genau das, was er befürchtet hatte. Deswegen Salina.
„Ich war zu krass, nicht wahr?“, versuchte Julie einzulenken.
„Ja!“
„Soll ich gehen?“
„Es wäre das Beste für uns alle.“
„Rufst du mich an, wenn Ihr da seid?“
„Sicher.“
„Ich geh dann. Es tut mir leid.“
Der Alte nickte und fühlte leichte Stiche in seinem Herz. Sie kamen in letzter Zeit immer öfter. Er sah auf die Schneepfützen, die Julie hinterlassen hatte. Sein Atem ging schwer. Der erste Schritt nach vorne war zum Rückschritt geworden.
    Dane öffnete Julies Schrank. Es machte keinen Sinn, aus dem Fenster zu starren. Er hörte die Wasserleitung in der Wand knacken und wusste, dass Ragee im Bad war.
Der Schrank war voller Kleidung für ihn. Dass sie neu war, war dem Geruch von Appretur zu entnehmen, jedoch schienen die Leibwäsche gewaschen und die Hemden aufgebügelt zu sein. Es war eine sportliche Garderobe, mit der man problemlos über den Winter kam. Es war eine Garderobe, die Dane gefiel.
Unten erklang der Elektrorasierer.
Julie war in die harmonische Atmosphäre wie ein

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