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Das blaue Haus (German Edition)

Das blaue Haus (German Edition)

Titel: Das blaue Haus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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dabei nachdenklich und sah zur Treppe.
„Sie passt nicht zu dir!“, brauste der Alte plötzlich auf. „Als Affäre vielleicht, aber nicht als Partnerin! Sie würde dich zum Wahnsinn treiben. Was sie braucht, ist einen ruhigen ausgeglichenen Mann, der viel Verständnis für ihr Temperament hat. Du bist und hast das alles nicht. Ihr seid euch zu ähnlich.“ Ragee sah zu Boden. So lagen die Dinge für ihn.
„Du wirst recht haben“, lenkte Dane ein. „Ich werde gleich nach ihr schauen und mit ihr reden.“
„Ich will auch mit dir reden“, sagte Ragee und schaute wieder auf, „aber über andere Dinge als Julie.“
„Aha.“ Dane zog sich ein Sandwich heran und biss hinein. Ragee mochte diese Dinger nicht.
„Was gibt's?“, nuschelte Dane durch Schinken und Salat hindurch.
„Wie hast du die Flucht aus Heaven geschafft?“
Dane aß sein Sandwich und tat so, als habe er die Frage nicht gehört.
„Dane!“, hakte der Alte nach. Diese Sache beschäftigte ihn sehr in den letzten Tagen. Es war der Teil, der in seinen Aufzeichnungen bisher fehlte, und es war nicht nur ein berufliches Interesse. Doch Dane schüttelte den Kopf. Nein, nicht jetzt, wo Julie in der Nähe war. Ragee begann, seine Brille zu putzen, und Dane wusste, dass der alte Mann seine Frage nicht so einfach im Raum stehen lassen würde.
„Julie wird uns nicht hören. Das Haus ist gut schallisoliert, die Türen schließen dicht. Da dringt nichts durch, glaub mir, ich weiß es. Also, wie hast du es geschafft?“
„Und wenn sie die Tür etwas öffnet?“ Dane biss erneut in sein Sandwich und sah Ragees genervten Blick.
Er sagte schließlich: „Ein Scheißversuch mit großartigen Folgen.“
„Nicht was habe ich gefragt, sondern wie ?“
Dane senkte die Stimme: „Tabletten. Ich habe Tabletten gemischt und geschluckt ... und überlebt.“
„Du hast was?“ Ragee wusste, dass kein Patient in einer geschlossenen Psychiatrie seine Tabletten nur in die Hand bekam. Es wurde peinlich genau darauf geachtet, dass die Medikamente auch runtergeschluckt wurden. „Wie bitte bist du an Tabletten gekommen?“
„Abends, heimlich, wenn mich keiner beobachtete. Dann konnte ich in der Pillenkammer verschwinden.“
„Welche Pillenkammer?“
„Auf dem Gang war ein Raum, der tagsüber verschlossen war. Er wurde nur abends geöffnet, wenn alle Patienten für die Nacht fertiggemacht wurden.“
„Und da konnest du mal eben rein, während das Zimmer offen stand?“
„Sicher, alle konnten rein, aber wer hatte schon Interessen an Pillen?“
„Selbstmörder zum Beispiel.“ Ragee sah ihn an, direkt ins Gesicht. „Auf solch einer Station gibt es sicher viele davon. Das war sehr fahrlässig.“
Dane sah auf das zweite Sandwich. Ragee wies es ihm zu.
„Es war meine Chance, das war es.“
Der Alte nickte. „Sicher, was für eine Chance!“
„Ich bin doch hier, was soll‘s.“
„Wer hatte deinen Tod festgestellt?“
„Der Stationsarzt.“
„Du hast also Pillen geschluckt, warst tot, wurdes von der Station gebracht und bist dann geflüchtet.“
„So in etwa.“
Der Alte lächelte gekränkt. „Du willst mich wohl hochnehmen.“
„Nein, ich will dir aber auch nicht alles erzählen.“
„Hat dich niemand der Pathologie übergeben?“
„Weiß ich nicht. Wieso?“
„Ein etwas merkwürdiger und plötzlicher Tod, nicht wahr? Ein Tod, der keiner ist. Ein Tod, der von jedem technischen Gerät heute infrage gestellt werden kann.“
„Es gab wohl kein technisches Gerät.“
Wieder lächelte Ragee. Er glaubte kein Wort und schüttelte verächtlich den Kopf. „Wenn sie dich der Pathologie übergeben hätten, wärst du jetzt nicht hier. Sie hätten dich bei lebendigem Leibe aufgeschlitzt!“
Dane grinste. „Vielleicht unterschätzen wir auch die Klugheit der Ärzte. Vielleicht unterschätzen wir deren Engagement, und sie sind froh, wenn sie wieder einen Patienten los sind. Egal wie, hauptsache weg. Wer forscht da nach? Auf dem Papier kann später vieles stehen. Es kann nicht reden.“
„Das hast du einkalkuliert?“
„Ich habe nichts einkalkuliert. Ich habe es einfach getan, und es war mir am Ende egal, ob ich es überleben oder sterben würde, verstehst du?“
„Du hättest jetzt wirklich tot sein können!“
Jetzt sah Dane den alten Mann direkt in die Augen. „Das ... war ... ich ... doch ... schon.“
Ragee sah verärgert weg und flüsterte: „Du Spinner. Du warst lediglich nicht ansprechbar gewesen, hatten die Zeitungen geschrieben. Dann bist du erstickt, laut

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