Das blaue Haus (German Edition)
sich.
Dane sah auf. „Ich glaube, ich weiß, was du meinst.“
Sie unterhielten sich nicht weiter. Der Alte schaukelte zufrieden vor sich hin. Julie müsste sich gleich sehen lassen.
„Was machen wir in der kommenden Woche mit Julie?“, fragte Dane. „Sie wird uns nicht die Gelegenheit geben, miteinander fortzufahren.“
„Womit fortzufahren?“, mischte sich Julies Stimme von oben dazwischen. Ragee erschrak, genau wie Dane. Sie sahen die Treppe hinauf. Julie stand am Geländer und stützte triumphieren ihre Ellbogen darauf. Wie lange stand sie schon da oben? Was hatte sie gehört?
„Julie, mein Engel, komm, setz dich zu mir“, versuchte Ragee sie zu besänftigen und fühlte sich plötzlich sehr unruhig. Er nickte Dane abweisend zu, der daraufhin das Geschirr in die Küche brachte.
Julie kam langsam die Treppe hinunter und setzte sich in den Sessel, in dem Dane eben noch gesessen hatte. Sie spürte, dass Ragee ein ernstes Wort mit ihr zu reden hatte. Warum nur wollte sie hier niemand haben?
Dane ging nach oben in sein Zimmer und wartete auf die Dinge, die sich unten ergeben würden.
„Hast du die Zeitung gelesen?“, fragte Ragee seine Pflegetochter und sah ihr taxierend ins Gesicht. Sie nickte. Was sollte diese blöde Frage! Wann hatte er sich je dafür interessiert, ob sie die Zeitung gelesen hatte. Was verbarg sich hinter dieser Frage? Sie wurde aufmerksam und hörte Ragee weiterreden.
„Sei uns nicht böse wegen eben. Es ist nur ... ich weiß, dass du Alan sehr magst. Und du bist ein großes Kompliment für ihn. Aber die Zeit hier ist für ihn von großer Bedeutung. Auch für mich, und sie sollte uns alleine gehören. Wir sind etwas am Sortieren, das von niemandem gestört werden darf, auch nicht von dir. Das tut es aber, besonders wenn du ihm gefallen willst. Wie kannst du das auch nicht? Schau dich an.“
Julie lächelte geschmeichelt und sah zu Boden. Ihr alter Herr fuhr fort: „Das sollte dich nicht ermutigen, so fortzufahren. Es verwirrt die ganze Situation. Es verwirrt Alan und mich. Wir können nicht miteinander kommunizieren, wenn du ihm zu gefallen versuchst. Er will es auch nicht, aber er ist eben ein Mann.“
„Ist es seine Ehe?“, fragte sie und sah ihm in die Augen. Der Alte nickte. „Unter anderem auch seine Ehe, aber in erster Linie ist eine große Traurigkeit in ihm. Das eine hebt das andere auf, wenn wir die Ruhe finden könnten, miteinander zu reden. Lass ihn bitte in Ruhe.“
„Ich möchte gerne mitreden, Ragee. Vielleicht kann ich ihn besser sortieren als du.“
Ragee sah auf. Julie grinste verschmitzt.
„Nein, Julie!“, fuhr der Alte sie plötzlich an. „Das wirst du nie können, denn es ist etwas in ihm, das dir deine ganze Illusion rauben würde. Er hat heute mit dir geschlafen, ich weiß es. Ich kann es in deinen Augen sehen.“ Er wollte nicht das Bett erwähnen. „Hast du verhütet?“
Julie sah verlegen weg. Sie war erschrocken über die plötzlichen harten Worte ihres alten Herrn und schüttelte den Kopf.
„Du tust ihm Unrecht, Julie! Ich möchte, dass du dich untersuchen lässt – bald.“
Julie sah auf. „Hat er Aids?“ Sie wurde blass.
„Ich meine kein Aids, obwohl du auch das testen lassen solltest. Ich meine eine Schwangerschaft.“
„Ich bin fast 30. Es wäre das Größte für mich. Er ist der perfekte Mann, auf den ich so lange gewartet habe. Der perfekte Vater.“
Ragee sah ihr bitter in die Augen. Nein, das ist er nicht! Wie sollte er ihr das klarmachen? Er sagte: „Aus deiner Sicht, aber nicht aus seiner. Ein Kind mit dir zu haben wäre für ihn Hölle.“
Julie sah ihren alten Herrn entsetzt an. Was bitte sollte das denn heißen? Wäre sie als Mutter nicht gut genug für Alan? „Das glaube ich nicht!“, sagte sie schroff. „Er ist alles für mich, für das es sich zu leben lohnt.“
„Alan lebt anders als du. Er hat eine andere Vergangenheit als du. Er hat andere Gefühle und auch andere Lebensvorstellungen als du.“
„Aber das wird sich einrenken. Er braucht eben Zeit. Er hat doch nicht grundlos mit mir geschlafen. Er hat gezittert dabei. Er war mehr durcheinander als ich.“
Herrgott! „Er war anders durcheinander als du. Er will, dass es bei diesem ersten Mal bleibt. Punkt. Er erstickt mit dir. Er hechelt nach Luft, und du entziehst sie ihm. Er passt nicht zu dir. Gib ihn frei.“
„Aber er hat so etwas nie zu mir gesagt. Er macht mir Komplimente, lächelt mich an, schläft mit mir ... Wieso ersticke ich ihn?”
„Er redet nicht mit
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