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Das blaue Haus (German Edition)

Das blaue Haus (German Edition)

Titel: Das blaue Haus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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sich leise hineinzuschleichen, aber Ragee hatte sie gehört – und dann gesehen, warum sie zu schleichen versucht hatte. Es war ihr Haar, das sie schon vor wenigen Tagen hatte kürzen lassen. Doch jetzt war es noch kürzer! Sie hatte sich eine modische Kurzhaarfrisur schneiden lassen und trug auffallend großen Ohrschmuck. Ragee war fassungslos. Entweder wusste sie alles von Sarah und versuchte, sie hemmungslos zu kopieren oder sie hatte einen magischen Instinkt für Danes Geschmack entwickelt.
„Julie!“, entfuhr es dem alten Mann. Julie lächelte verlegen. „Gefällt es dir?“ Sie drehte sich vor ihm im Kreis.
„Nein!“, raunte Ragee sie böse an. „Wie kommst du dazu?“
„Es war nur so eine Idee.“
„Es ist Alan! Du brauchst mir nichts zu erzählen! Hat er dich darum gebeten?“
„Nein, hat er nicht!“ Julie war im hohen Maße enttäuscht, dass ihr mutiges Vorhaben so barsch abgeblockt wurde.
„Nicht direkt. Ihm gefielen meine Ohrringe, und ich dachte, kurzes Haar passt besser dazu.“
„Er ist verheiratet. Das weißt du.“ Er wird Vater!, dachte Ragee plötzlich.
Julie drehte trotzig ab und ging in die Küche, um ihre Einkäufe abzulegen und den Worten, die sie nicht hören wollte, zu entfliehen.
Dane rieb sich das Gesicht. Er hatte das Wortgefecht nur undeutlich wahrgenommen.
„Hallo, Alan“, rief sie aus der Küche und sortierte Obst und Gemüse in den Kühlschrank.
„Hy, Julie“, hauchte er leise zurück. Er fühlte sich mit ihrer Anwesenheit wieder unwohl. Der Nachmittag in seinem Zimmer war nicht mit einem Hallo Alan wegzuflöten, nichts war wegzuflöten. Mit dem Erwachen waren sie alle wieder da – die Probleme, Sarah und das Baby – jedoch am meisten Julie. Er hörte ihr Pfeifen aus der Küche. „Hat jemand Hunger auf Soufflé?“
Ragee schlich zu seinem Schaukelstuhl und würdigte Dane keines Blickes. Dane spürte eine merkwürdige Spannung. Dann trat sie aus der Küche, und Dane schluckte einen mächtigen Schreck herunter. Die Frau war ja ... wahnsinnig!
Sie stieß auch bei Dane auf wenig Verständnis mit ihrer neuen Frisur. Es entfachte großen Zorn in ihm, und er sah bitter zu Ragee, der sich im Schaukelstuhl verkroch und nicht hinsah. Was wusste Julie? Überhaupt?
„Was sagst du?“, fragte sie erwartungsvoll.
„Was soll ich … sagen?“, stotterte Dane und schluckte wieder. Er zügelte seinen Zorn und strafte Ragee mit einem bösen Blick. Der sah immer noch nicht hin.
„Was sagst du?“, wiederholte Julie. Dane sah sie wieder an. Was sollte er sagen?
„Sag nichts Nettes“, fuhr Ragee dazwischen, „sonst hat sie morgen eine Glatze!“ Er sah wieder weg.
Dane musste lachen, trotz des bitteren Ernstes, der im Raum stand. Jetzt lachte auch Ragee über seine Worte, und Julie verschwand erbost in der Küche. Sie matschte ein paar Sandwiches zusammen und knallte sie auf den Esstisch. Sie verlangte nach ihrer Zeitung und verschwand in ihrem Zimmer. Sie war enttäuscht und presste ihre Wut in die Lungen.
    „Ich danke dir“, sagte Dane, als er Julies Tür oben ins Schloss fallen hörte.
„Was mag sie vorhaben?“, fragte Ragee und sah auch in Danes Gesicht große Besorgnis.
„Das liegt doch auf der Hand. Sie will mir gefallen. Ich habe sie soeben …“ Dane schluckte. Zur Frau gemacht, wollte er schon sagen. Der alte Mann auch. Doch beide sprachen den Gedanken nicht aus.
„Jetzt bin ich unantastbar für andere Frauen geworden – selbst für Sarah, denkt sie.“
„Dann musst du verdammt vorsichtig sein. Julie ist wahnsinnig lieb und gut, aber auch sehr besitzergreifend. Lass es bei dem ersten Mal. Beende das Verhältnis jetzt, sonst wird es diese Woche die Hölle – vor allem für dich. Bevor sie sich ganz bei dir festbeißt, musst du klare Worte mit ihr reden.“
Dane nickte. „Du meinst, sie wird nicht vor nächster Woche fahren?“
Ragee schüttelte den Kopf und setzte den Schaukelstuhl in Gang. „Wird sie nicht. Dann müsste schon etwas Außerordentliches passieren.“
Dane dachte nach. Außerordentlich. War sie nicht ein bisschen wie er selbst? Es war nicht so einfach, mit ihr zu reden. „Sie strahlt so etwas Lebendiges aus, das jede ernste Absicht von mir irgendwie abwürgt. Sie kopiert Sarah. Sie macht mir Angst. Kann sie etwas wissen?“
Ragee schüttelte wieder den Kopf. „Ich glaube nicht, dass sie etwas weiß, oder ich müsste mich gewaltig irren. Sie hat für alles eine recht logische Erklärung.“
„Dann passt sie ja zu mir“, antwortete Dane, nickte

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