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Das blaue Haus (German Edition)

Das blaue Haus (German Edition)

Titel: Das blaue Haus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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anderen über sich. Ich bin die Ausnahme. Er sucht deine Freundschaft, aber nicht deine Liebe. Er will höflich und nett zu dir sein.“
„Er hat mich entjungfert!“
„Er konnte nicht anders!“ Ragee wurde rot und zornig. Wieder stritten sie sich wegen Dane. Wieder stritt er sich!
„Das sehe ich aber völlig anders!“, schrie Julie und fuchtelte gestikulierend mit ihren Händen in der Luft herum. „Er hat mir etwas Wichtiges genommen und will mich so stehen lassen?“ Sie erhob sich aus dem Sessel. Was Ragee befürchtet und zu verhüten versuchte hatte, servierte sie ihm nun mit all ihrer weiblichen Eleganz.
Dane hörte das Wortgefecht in seinem Zimmer, verstand aber nicht den Wortlaut. Aber es regte sie beide scheinbar sehr auf. Dass er der Grund dafür sein musste, war klar. Und er hasste sich dafür.
Julie sah ihn die Treppe hinunterkommen und schluckte die letzten, harten Worte, die sie noch kraftvoll gegen Ragee werfen wollte, hinunter. Dane sah in ihren Augen einen bösen und resoluten Ausdruck und fühlte sich geohrfeigt. Er wollte ihr ein paar passende Worte sagen, doch sie fuhr ihm aufgebracht dazwischen: „Ist das wahr?“
„Was?“, herrschte er zurück und wusste nicht, was sie meinte.
„Dass das heute Mittag alles war?“
Das also hatte Ragee ihr gesagt – und recht damit gehabt.
„Julie ...“, sagte er und versuchte, durch einen ruhigen Ton ihre Wut abzuschwächen.
Er kann es nicht besser als ich, dachte Ragee, und beide sahen, wie sie davonrannte – hoch in ihr Zimmer. Sie hatte Tränen in den Augen. Wann hatte sie das letzte Mal geweint? Sie muss ein Kind gewesen sein. Was war in diesem verdammten Haus nur los, seit sie da war?
Der Alte sah Dane an. Der sah immer noch die Treppe hinauf, weil er nicht wusste, wohin er sonst schauen sollte.
„Es wird nicht alles gewesen sein“, schrie Julie von oben, warf ihre Zimmertür krachend ins Schloss und verriegelte sie.
„Was hast du ihr gesagt?“, fragte Dane den alten Mann und sah mit ihm die Treppe hinauf.
„Was du nicht geschafft hast“, antwortete Ragee. Er schaukelte nicht mehr.
„Ich hätte es geschafft – später“, hauchte Dane so leise, dass Ragee es kaum hören konnte.
„Wenn du wieder mit ihr im Bett liegst? Sie hat nicht verhütet. Sie kann theoretisch ein Kind von dir bekommen. Ist dir das klar? Wie fest willst du sie noch binden? Wie tief willst du sie irgendwann fallen lassen? Es ist genug! Öffne die Augen! Schaffe Ordnung in deinem Leben, nicht Chaos! Was ge-schehen ist, ist vorbei, aber höre bitte auf, die Leute weiter zu vernebeln.“ Damit stand auch Ragee auf und ging in sein Zimmer. Sein Herz schmerzte. Er war es satt – diese sinnlose Spielerei. Dane brauchte Grenzen – unbedingt, denn es sollte keine Spielerei mehr in diesem Haus geben, und schon gar nicht mit Julie, die Raimund Geers so sehr am Herzen lag.
Dane schluckte die Schelte nur schwer herunter. Die Worte waren klar und unmissverständlich auf sein versäumtes Verhalten, seinen Egoismus, abgezielt. Ragee hatte recht, so wie immer alle Recht hatten.
Er blieb allein unten im Wohnzimmer zurück und glaubte, zu explodieren. Sein Verlangen drängte ihn, endlich etwas zu unternehmen.
Ein Kribbeln begann, seine Leisten zu durchziehen. Es war wieder da – das Verlangen, das sexuelle. Immer nach einer Auseinandersetzung, die er nicht in den Griff bekam. Er musste hier raus! Schnell! Er wollte schon wieder weglaufen. Nein!!, in Gottes Namen, nein! Wo würde diese Flucht wieder enden? In der nächsten Katastrophe?
Er hielt sich mit aller Gewalt zurück und ging heulend in die Knie. Alle Opfer, die ihm gegenwärtig waren, lagen oben auf ihren Zimmern und warteten sicherlich auf die eine oder andere Art auf ihn, aber gewiss nicht auf seine Art. Es würde verheerende Folgen für sie haben. Sein Druck war kaum auszuhalten.
Er krümmte sich zusammen und rang mit seinen Schmerzen. Sie waren überall, im Kopf, im Magen, aber am meisten in seinen Leisten, und nichts fiel ihm ein. Er rannte im Zimmer umher und versuchte, diesen Druck zu bekämpfen. Sollte er eine Dusche nehmen? Das wäre nicht schlecht.
Er ging Duschen, eine Stunde lang. Anschließend legte er sich unten im Wohnzimmer auf das Sofa und fiel in einen tiefen Schlaf.
    Ragee hatte oben vom Treppengeländer aus alles beobachtet und sich jede geräuschvolle Bewegung verkniffen, um genau das zu sehen, was er sich erhofft hatte.
Als Dane fest eingeschlafen war, schlich sich der alte Mann die Treppe hinunter und

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