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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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nun auch wieder nicht«, sagte die Frau des Herrenausstatters. »Ich fand Flora eigentlich sehr nett.«
    Â»Nett – von wegen! Die Württemberger halten sich doch alle für etwas Besseres.«
    Was für schreckliche Weibsbilder, dachte Sabine voller Abscheu. Da saßen sie Woche für Woche bei Ernestine im Garten, tranken Kaffee und aßen Kuchen, bis sie fast platzten, und nun, da die gnädige Frau ein Mal ihre Hilfe benötigt hätte, führten sie sich auf wie … Sabine fand nicht einmal passende Worte.
    Â»Wollen Sie jetzt Blumen kaufen oder nicht?«, fuhr sie Else Walbusch an. »Und was ist mit Ihnen? Normalerweise holt doch Ihr Mann immer Ihre Nelken ab«, sagte sie zu Luise Schierstiefel.
    Beide Frauen gaben erschrockene Zischlaute von sich. Von einer Magd derart angefahren zu werden hatten sie noch nie erlebt. In dem Moment bimmelte die Ladenglocke erneut.
    Â»Gretel, du auch noch …«, sagte Ernestine mit leichenblasser Miene.
    Sabine baute sich demonstrativ vor ihrer Herrin auf.
    Die Wangen rot vor Eifer, schaute Else Walbusch in die Runde. »Und ich bleib dabei – mir kam es gleich seltsam vor, wiesich das Mädchen an euren Friedrich rangemacht hat. Und keine zwei Jahre später setzt sie ihm Hörner auf!«
    Â»Oh, dann stimmt es also, was ich vorhin auf dem Markt gehört habe. Und ich habe so sehr gehofft, da hält jemand nur dumme Reden. Du Arme!«, sagte Gretel Grün und streichelte Ernestine über die Hand. »Kann ich trotzdem ein Dutzend dieser hübschen lila Blumen haben? Astern sind das, nicht wahr, Ernestine?«
    Ernestine schluchzte auf. Dass wenigstens eine der Freundinnen zu ihr hielt, hatte sie schon nicht mehr zu hoffen gewagt.
    Â»Sehr gern, gnädige Frau!« Eilig machte Sabine einen Knicks, dann wickelte sie die Blumen in Zeitungspapier.
    Â»Warum guckt ihr so entgeistert?«, fuhr die Apothekergattin ihre Nachbarinnen an. »Was dem armen Friedrich passiert ist, kann jedem passieren. Sicher, es ist ein schreckliches Unglück. Eine Sünde! Aber gegen die Himmelsmacht der Liebe ist letztendlich doch niemand gefeit, oder?«
    Ihr Einwand ging im allgemeinen Aufschrei der Entrüstung unter.

    Auch in den darauffolgenden Tagen bimmelte die Ladenglocke ständig. Doch den wenigsten Leuten stand der Sinn nach Blumen. Luise Schierstiefel hatte von irgendjemandem gehört, dass Flora mit ihrem Liebhaber in Richtung Bulgarien geflohen sei. Was gegen die Aussage einer anderen Nachbarin sprach, deren Schwester Zimmermädchen in einem der kleineren Hotels war. Sie wusste zu berichten, dass die Blumenbinderin mit dem Bulgaren in »liederlichen Verhältnissen« in einem Zimmer wohne. Die Schustergattin hingegen wollte Flora gesehen haben, in einem Tanzkleid und mit zwei Männern am Arm – und betrunken!
    Nur mit Mühe kämpfte Sabine Tränen der Wut nieder und stellte sich demonstrativ noch enger an Ernestines Seite.
    Ein paar Tage lang versuchten sie gemeinsam, den Ansturm von Klatschsucht und Sensationsgier zu bewältigen.
    Ganz gleich, wie sehr die Leute auch über ihre Schwiegertochter hetzten und schimpften – Friedrichs Mutter selbst beteiligte sich nie an solch bösen Reden. Nur einmal, kurz nach Ladenschluss an einem besonders schlimmen Tag, als sie endlich allein waren, sagte sie zu Sabine: »Wenn ich daran denke, was Flora meinem Buben angetan hat, könnt ich vor Wut und Enttäuschung losheulen. Und ohrfeigen könnte ich sie, links und rechts, immer wieder! Aber wem würde das helfen?« Schon sackte Ernestine kraftlos auf den Stuhl hinter der Theke nieder. Sabine, die gerade dabei war, die Tür abzuschließen, zuckte mit den Schultern. Ein paar Ohrfeigen hatten noch niemandem geschadet, und Flora hätte genau das verdient, lag es ihr auf der Zunge zu sagen. Aber sie hütete sich – so redselig die gnädige Frau im Moment auch war, ihre Meinung wollte sie bestimmt nicht hören.
    Â»Wie kann man nur so dumm und undankbar sein, frage ich mich immer wieder«, murmelte Ernestine vor sich hin. »Sie hat doch wirklich alles gehabt. Ein schönes Heim, einen guten Mann, ein gesundes Kind. Und dann gibt sie alles für so einen … dahergelaufenen Burschen auf!«
    Sabine zuckte zusammen, als Ernestine unvermittelt mit der Faust auf die Ladentheke hieb.
    Â»Das kann doch kein Mensch verstehen, oder? Mein armer

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