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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Ihnen folgten Pagen, die die zarten Gesichter ihrer Herrinnen mit seidenen Schirmen vor der Sonne schützten.
    Als wir weiter in die Stadt hineinkamen, stiegen mir üble Gerüche in die Nase, und ich bemerkte, dass die Kanäle auch als Abwasserleitungen dienten. So viele Abfälle und andere Dinge, deren Zusammensetzung ich nicht einmal erahnen wollte, schwammen darin herum, dass die Männer in den Booten immer wieder im Müll stecken blieben. Doch mich hätte es auch nicht gekümmert, wenn glühende Lava in den Kanälen geflossen wäre. So lange hatte ich nur Heu und Dung gerochen, dass mir der Gestank einer großen Stadt köstlich erschien.
    Wir überquerten den Hauptplatz. Auf beiden Seiten befanden sich Arkaden, unter denen Kaufleute, Regierungsbeamte und Kunden Schutz vor Sonne und Regen suchen konnten. Adlige mit selbstzufriedener Miene und Papieren in der Hand waren auf dem Weg zu einer Besprechung mit dem Vizekönig; Hausdiener handelten mit Frauen, die Obst und Gemüse feilboten; feine Damen traten in die Läden, die alles von chinesischer Seide bis zu Klingen aus Toledo verkauften.
    Auf der anderen Seite des Platzes befanden sich der Palast des Vizekönigs und das Gefängnis, ein Gebäudekomplex, der mit seinen Mauern und riesigen Toren an eine Festung erinnerte.
    Links daneben war das Haus Gottes zu sehen, eine gewaltige Kathedrale, mit deren Bau lange vor meiner Geburt begonnen worden war. Schutt und Staub zeugten davon, dass immer noch daran gearbeitet wurde.
    Wir ließen die Läden und Regierungsgebäude hinter uns und machten uns auf den Weg zur Alameda, dem großen Park im Herzen der Stadt, wo die Caballeros und die Damen ihre Kleider und Pferde und auch ihr Lächeln zur Schau stellten.
    Unsere kleine Karawane aus Maultieren und Sänften kam an Häusern vorbei, die so prächtig waren, dass man sie durchaus als Paläste bezeichnen konnte. Die Eingangstore wurden von Afrikanern in eleganterer Kleidung bewacht, als ich sie besaß.
    Als wir die Alameda mit ihren flanierenden Herren und Damen erreichten, war es mir peinlich, dass ich eine Maultierkarawane anführte. Schließlich war ich nun ein junger spanischer Herr, wenn auch nur dem Namen nach, und es schickte sich deshalb nicht, dass ich mir die Hände mit Arbeit schmutzig machte.
    Ich zog mir den Hut tief ins Gesicht, in der Hoffnung, dass ich, wenn ich später als Caballero zurückkehrte, nicht als Maultiertreiber erkannt werden würde.
    Obwohl dieser Park ein idyllisches Plätzchen mit Grasflächen, Bäumen und einem hübschen Teich war, nahm ich die Schönheit der Natur kaum wahr. Stattdessen betrachtete ich die Herren und Damen, die sich schüchterne und verstohlene Blicke zuwarfen, und beobachtete die unausgesprochenen, aber dennoch unmissverständlichen Aufforderungen und das kokette Gekicher. Ach, was für ein erhebender Anblick waren die kriegerischen Männer auf ihren edlen Pferden temperamentvoll und feurig, ein Schwert an der Hüfte und ein Liebeslied auf den Lippen.
    Ja, so ein Mann wollte ich auch werden. Tapfer und hochfahrend, ein wahrer Herkules im Bett einer Frau und ein tödlicher Gegner im Duell. Ich wollte reizend und charmant sein und ein Künstler mit der Klinge, wenn ich um die Gunst einer Dame focht. Zwei, drei, nein, ein Dutzend dieser parfümierten Gecken würde ich mit Schwert und Dolch angreifen, um nur eine Minute in den Armen einer schönen Frau genießen zu können.
    Kein Dramatiker hätte ein geheimnisvolleres oder romantischeres Stück auf die Bühne bringen können als diese Herren und Damen. Jeder Mann führte eine Reihe afrikanischer Sklaven hinter sich her, die seinem stolz dahintänzelnden Pferd folgten. Neben den Kutschen der Damen liefen ebenso viele Diener in bunten Uniformen, die fast ebenso prächtig waren wie die Kleider und Kutschen der Frauen.
    »Noch heute Nacht wird jemand vor Zorn und Eifersucht das Schwert ziehen«, sagte Joaquín. »Und es wird ein Blutvergießen geben.«
    »Ist so etwas nicht bei Strafe verboten?«
    »Die Männer des Vizekönigs veranstalten ein großes Theater, stürmen mit gezückten Schwertern auf den Betreffenden zu und teilen ihm mit, dass er verhaftet sei. Doch es kommt nie dazu. Die Freunde des Mannes umringen ihn mit gezogenen Schwertern und bringen ihn in die nächste Kirche, wo er um Asyl bittet. Die Leute des Vizekönigs dürfen ihm nicht in die Kirche folgen. Nach ein paar Tagen ist alles vergessen, und der Mann stolziert wieder auf der Alameda herum, um seinerseits einen

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