Das Blut der Azteken
geschrieben.
»Du willst also kein literarisches Meisterwerk veröffentlichen, das in Spanien als Werk der Engel galt und sich dort besser verkaufte als das Geschreibsel von Vega und Cervantes, die mir mein geistiges Eigentum gestohlen haben…«
»Es geht nicht darum, dass ich nicht will. Der Grund ist eher, dass unsere kleine Druckerei von so einem Meisterwerk…«
Die Spitze von Mateos Degen berührte mein Kinn.
»Druck es.«
Wir waren seit einigen Monaten im Geschäft, als wir den ersten Besuch von der Inquisition erhielten.
»Wir wussten gar nicht, dass Ihr druckt«, meinte ein glubschäugiger Mann, der die Uniform der familiares trug. Sein Name war Jorge Gómez. »Ihr habt Eure Texte nicht der Inquisition vorgelegt und keine Druckerlaubnis erhalten.«
Ich hatte mir eine Geschichte zurechtgelegt, und das Buch über Heilige, das wir gerade zur Tarnung druckten, lag offen herum. Zunächst entschuldigte ich mich wortreich und erklärte, der Besitzer des Ladens hielte sich zur Zeit in Madrid auf, um sich die Genehmigung zu besorgen, in Neuspanien Heiligengeschichten zu publizieren.
»Juan und mich hat er mit der Vorbereitung der Bände beauftragt, damit alles fertig ist, wenn er mit der Genehmigung des Königs zurückkehrt, die er dem Vizekönig und der Inquisition vorlegen wird.«
Wieder gab ich meinem Bedauern Ausdruck und versprach dem Mann eine Gratisausgabe des Buches, wenn es erst gedruckt sei.
»Was druckt Ihr sonst noch, wenn Euer Herr fort ist?«, fragte der Mann.
»Nichts. Wir können nicht einmal das Buch über Heilige fertig stellen, bis unser Herr uns genug Papier und Tinte bringt.«
Familiares waren keine Priester, sondern hatten die Stellung von ›Freunden‹ der Inquisition inne und gingen den Inquisitoren freiwillig zur Hand. In Wahrheit jedoch handelte es sich bei ihnen um eine Art Geheimpolizei, die den Inquisitoren als Leibwächter diente und mitten in der Nacht in Häuser eindrang, um die Bewohner festzunehmen und in den Kerker zu schleppen.
Die familiares wurden von allen gefürchtet. Ihr Ruf war so schrecklich, dass der König sie hin und wieder einsetzte, um unsichere Kandidaten unter seinen Höflingen einzuschüchtern.
»Ihr wisst, dass es Euch verboten ist, Bücher oder andere Druckwerke herzustellen, ohne dass dafür eine Genehmigung vorliegt. Wenn wir herausfinden, dass Ihr verbotenerweise druckt…«
»Selbstverständlich, Don Jorge«, erwiderte ich, ein unverdienter Ehrentitel für diesen Bauern. »Offen gestanden haben wir so wenig zu tun, bis unser Herr zurück ist, dass wir gerne bereit wären, für die Heilige Inquisition kostenlos kleine Druckarbeiten durchzuführen.«
In den Augen des familiar regte sich etwas. Ich konnte den Blick damals noch nicht einordnen, doch heute weiß ich, was diese leichte Erweiterung der Pupille zu bedeuten hatte. Es handelt sich um eine Reaktion, die nur erfolgreiche Kaufleute und gerissene léperos erkennen. Die allgemeine Bezeichnung für dieses Phänomen lautet Habgier.
Ich hatte mir überlegt, ob ich versuchen sollte, den Mann zu bestechen, aber damit gezögert. Einige dieser familares galten als solche Eiferer, dass sie ihre eigene Mutter langsam auf dem Scheiterhaufen hätten verbrennen lassen. Doch ich hatte ›Don Jorge‹ eine Brücke gebaut.
»Die Heilige Inquisition hätte wirklich einige Druckarbeiten zu erledigen. Früher haben wir den Vorbesitzer dieses Ladens damit beauftragt, doch er hat sich als Werkzeug des Teufels entpuppt.«
Ich bekreuzigte mich.
»Vielleicht kann ich Euch behilflich sein, bis mein Herr wieder da ist…«
Er nahm mich beiseite, damit Juan ihn nicht hören konnte. »Ist dieser Mestize ein guter Christ?«
»Wenn er reinblütig wäre, wäre er ein Priester«, versicherte ich ihm. Er hielt mich für einen Spanier, was mich natürlich zu einem Verteidiger des Glaubens machte, solange ich mich dementsprechend verhielt.
»Ich komme später mit zwei Dokumenten wieder, die für alle Priester und Nonnen in Neuspanien vervielfältigt werden müssen. Da sich der Inhalt dieser Schriftstücke dauernd ändert, müssen sie immer wieder auf den neusten Stand gebracht werden.« Er musterte mich argwöhnisch. »Wenn wir den Gotteslästerern und den Juden auf die Schliche kommen wollen, muss die Vorgehensweise der Heiligen Inquisition geheim bleiben. Wer gegen das Geheimhaltungsgebot verstößt, ist mit dem Teufel im Bunde.«
»Selbstverständlich.«
»Ihr müsst schwören, niemandem zu ve rraten, was ich Euch
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