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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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sollte.
    Um an die Titel von Büchern heranzukommen, die unsere zukünftigen Kunden interessieren könnten, konsultierten wir die von der Inquisition zusammengestellte Liste verbotener Bücher, den Index Librorum Prohibitorum.
    Mateos Blick fiel sofort auf die Ritterromanzen. Doch ich riet ihm, einige Bücher für Frauen zu bestellen, die mit Langweilern verheiratet Waren, bei denen sie die nötige Leidenschaft vermissten. Für Leser, denen der Sinn eher nach römischen Orgien stand, wählte ich zwei Werke aus, die Caligula hätten erröten lassen.
    Dazu bestellte ich ein Buch über Horoskope, eines über Zaubersprüche und zwei wissenschaftliche Bände, die auch Don Julio in seiner geheimen Bibliothek stehen hatte.
    Nicht alle dieser Bücher waren in Spanien verboten, standen aber in Neuspanien auf der Liste, da man befürchtete, dass sie die Indios verderben könnten. Allerdings hatte man dabei keinen Gedanken an die Frage verschwendet, wie viele Indios das Geld besaßen, um ein Buch zu kaufen, und wie viele überhaupt mehr lesen konnten als ihren Namen. Die meisten von ihnen hätten nicht einmal mit der Liste verbotener Bücher etwas anfangen können.
    Warum also untersagte man die Einfuhr von Büchern, damit die Indios, die dazu ohnehin nicht in der Lage gewesen wären, sie nicht lesen konnten? Der wahre Grund war, dass man Einfluss auf den Lesestoff und die Gedanken nicht etwa der Indios, sondern der Kolonisten nehmen wollte. Man befürchtete, die criollos könnten sich gegen die Obrigkeit erheben, wenn man ihnen Gedankenfreiheit gewährte. Schließlich hatte man das niederländische Beispiel vor Augen, dass sich die Menschen wegen religiöser und anderer Meinungsverschiedenheiten gegen die Krone auflehnten.
    Mehr als sechs Monate mussten wir auf die erste Lieferung von Büchern warten. Don Julio war meistens mit den Arbeiten am Tunnel beschäftigt und kam nur hin und wieder in die Stadt, um mit dem Stab des Vizekönigs über weitere Arbeiter und die nötige Verpflegung zu verhandeln.
    Da er Mateo und mich uns selbst überließ, machten wir uns nach dem Eintreffen der Bücher sofort ans Werk. Unser Vorgänger in diesem Geschäft hatte eine Druckerei am Hauptplatz, gleich neben dem Sitz der Inquisition, betrieben. Nun stand der Laden leer, und seine Witwe machte bald die Erfahrung, dass sich kein Käufer dafür finden ließ. Das Druckgewerbe war in Neuspanien kein sehr beliebter Beruf. Bücher durften in der Kolonie ohnehin nicht gedruckt werden, da der König das alleinige Recht am Buchhandel an einen Verleger in Sevilla übertragen hatte. Deshalb war Druckern in der Neuen Welt nur die Herstellung von Broschüren für Kaufleute und religiösen Schriften im Auftrag der Mönche gestattet. Hinzu kam, dass besagte Druckerei unmittelbar an den Amtssitz der Inquisition angrenzte und dass der Vorbesitzer auf dem Scheiterhaufen gestorben war, weshalb keine sehr rege Nachfrage bestand.
    Vor dem Eintreffen der Bücher hatte Mateo mit der Witwe des Druckers vereinbart, den Laden für eine Beteiligung am Umsatz an uns zu vermieten.
    »Eine wunderbare Tarnung«, meinte er.
    »Und gleich nebenan ist die Inquisition!«
    »Gerade deshalb. Die Inquisition weiß, dass niemand so dumm wäre, direkt unter ihrer Nase verbotene Geschäfte zu betreiben.«
    »Das hat unser Vorgänger sicher auch gedacht.«
    »Der Mann war ein Trinker und ein Narr. Er hätte eine Kiste religiöser Schriften an ein Kloster in Puebla und eine mit verbotenen Büchern an seinen Komplizen schicken sollen. Leider hatte er an diesem Abend so viel Wein intus, dass er die Kisten verwechselt hat. Du kannst dir sicher vorstellen, welche Lieferung bei den Nonnen ankam…«
    »Ich verstehe immer noch nicht, warum wir die Druckerei brauchen«, meinte ich.
    »Wie wolltest du die Bücher denn verkaufen? Etwa indem du in den Arkaden eine Decke ausbreitest und sie ausstellst? Die Witwe hat eine Liste von Abnehmern, die der Drucker beliefert hat. Und diese Kunden wissen, wie man sich mit der Druckerei in Verbindung setzt.«
    Während Mateo mit den früheren Kunden des Druckers Kontakt aufnahm, beschäftigte ich mich begeistert mit dem Gerät, das man Druckerpresse nannte. Ich war fasziniert von der Geschichte des Buchdrucks und der Kunst, Wörter auf Papier zu bannen.
    Ohne Don Julio meine wahren Beweggründe zu verraten, lenkte ich das Gespräch auf die Geschichte des Druckens. Er erklärte mir, die Texte seien früher in Stein gemeißelt oder mit Farbe auf Leder

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