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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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belügen sollte einem lépero doch nicht schwer fallen.«
    »Ich erzähle ihm einfach, ich hätte die Liste vor dem Gebäude der Inquisition auf der Straße gefunden.«
    »Ausgezeichnet. Die Geschichte klingt nicht dämlicher als das, was du einem sonst vorschwindelst.« Mateo gähnte und streckte sich. »Ich denke, es ist an der Zeit, das bereits erwähnte Gespräch mit deinem Freund Alva zu führen.«
    »Und wie willst du ihn dazu bringen, mit uns zu reden?«
    »Indem wir ihn entführen und foltern.«
    Don Julio blickte von der Verdächtigenliste auf. »Du hast dieses Papier auf der Straße gefunden? Schwörst du das beim Grabe deiner Mutter?«
    »Es ist die Wahrheit, Don Julio.«
    Er warf die Liste ins Kaminfeuer und stocherte in der Asche herum, während sie verbrannte.
    »Zerbrich dir nicht den Kopf darüber. Schon zweimal hat man solche Vorwürfe gegen mich erhoben, ohne dass es Folgen gehabt hätte. Die Inquisition wird die Angelegenheit untersuchen, und das kann Jahre dauern.«
    »Können wir denn nichts unternehmen?«
    »Ihr könnt beten. Nicht für mich, sondern für den Tunnel. Wenn er wieder einstürzt, werden sich der Vizekönig und die Inquisition einigen müssen, wer mich hängen beziehungsweise verbrennen darf.«
    Da ich mit dem Druck der verbotenen Bücher und der Listen der Inquisition beschäftigt war, überließ ich es Mateo, einen Plan zu schmieden, um Ramón de Alva zu entführen. Da Alva ein berüchtigter Fechter war und nur selten ohne seine Gefolgsleute aus dem Haus ging, mussten wir kühn wie El Cid und gerissen wie Machiavelli sein, wenn wir ihn schnappen wollten.
    Als ich spätabends noch in der Druckerei arbeitete, hörte ich an der Hintertür etwas zu Boden fallen. Die Tür war mit einem Schlitz versehen, durch den die Kunden meines Vorgängers - Gott sei seiner Seele gnädig - ihre Bestellungen eingeworfen hatten, wenn der Laden geschlossen war.
    Obwohl ich nicht die Absicht hatte, Aufträge anzunehmen, sah ich nach und entdeckte ein Päckchen auf dem Boden, das eine Sammlung handgeschriebener Gedichte und einen Brief enthielt.
    Señor Drucker, Euer Vorgänger hat sich gelegentlich bereit erklärt, meine Arbeiten zu drucken und zu veröffentlichen. Der Erlös wurde für die Armenspeisung an Festtagen verwendet. Falls Ihr diese Tätigkeit fortzusetzen wünscht, gehören die Gedichte Euch. Ein einsamer Dichter
    Der Brief war wie die Gedichte in schwungvoller Handschrift abgefasst.
    Die Gedichte rührten mein Herz - und meine Lenden. Ich las jedes mehrere Male. Obwohl ich sie nicht als unanständig bezeichnet hätte, konnten sie keinesfalls auf dem üblichen Wege veröffentlicht werden, denn der Autor hatte kein Blatt vor den Mund genommen. Für mich jedoch waren sie voller Anmut und Schönheit, sie schilderten die Macht der Leidenschaft zwischen einem Mann und einer Frau. Sie handelten von echten weiblichen Gefühlen, nicht von dem abstoßenden Theater auf der Alameda, wo Frauen den Männern Liebe vortäuschten, während sie im Geiste schon das Familiensilber zählten.
    Einige Leute hatten sich nach den Werken dieses ›einsamen Dichters‹ erkundigt, dessen Namen niemand kannte. Da ich noch nie von ihm gehört hatte, machte ich zwar Versprechungen, hatte aber nicht vor, mir die Gedichte zu beschaffen. Nun hatte ich Abnehmer für einige davon; allerdings würden diese Gedichte - im Gegensatz zu den unanständigen Büchern - lediglich bei einem kleinen Leserkreis Anklang finden, dem es eher auf Leidenschaft als auf sexuelle Ausschweifungen ankam. Vermutlich ließ sich damit nicht genug verdienen, um an einem Festtag auch nur einen hungrigen lépero durchzufüttern. Doch indem ich diese Gedichte veröffentlichte, konnte ich mich endlich wie ein seriöser Verleger fühlen.
    Aber ich würde es geheim halten müssen. Wenn ich Mateo davon erzählte, würde er darauf bestehen, dass ich seine abgedroschenen Liebesgedichte druckte. Oder er würde die Werke des ›einsamen Dichters‹ einfach als seine eigenen ausgeben.
    Sofort begann ich mit dem Setzen. Diese Arbeit konnte ich nicht Juan, dem lépero überlassen, weil er nicht in der Lage gewesen wäre, Handschrift in Druckschrift zu übertragen. Außerdem widerstrebte mir der Gedanke, dass seine schmutzigen Hände diese wunderschönen Worte berühren sollten.
    »Ich habe einen Plan«, verkündete Mateo mit leiser Stimme. Wir saßen bei einem Glas Wein in einer Taverne.
    »Alva besitzt ein Haus, das leer steht und das er ausschließlich für seine

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