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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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geschrieben worden. Die Azteken und die Ägypter hätten zwar bereits Papier aus Rinde und Papyrus hergestellt, doch die Chinesen seien in dieser Hinsicht schon viel weiter gewesen. Die Araber hätten diese Methode von chinesischen Kriegsgefangenen gelernt und sie in der gesamten islamischen Welt verbreitet. Durch die Mauren sei die Kunst der Papierherstellung schließlich nach Spanien gekommen und dort weiter verfeinert worden. Die Chinesen hatten zudem das Drucken mit beweglichen Typen entwickelt.
    »Allerdings«, fuhr Don Julio fort, »wurden die Chinesen wie die Azteken zu Opfern ihrer eigenen Schrift. Die Bilderschrift der Azteken und die chinesischen Schriftzeichen machen das Drucken nicht eben leicht. Ein Deutscher namens Gutenberg hat nach der chinesischen Technik viele Bücher gedruckt, und zwar vierzig oder fünfzig Jahre bevor Kolumbus die Neue Welt entdeckte. Doch der Handel mit Büchern und ihre Herstellung gelten nicht als ehrbare Berufe«, fügte Don Julio hinzu. Ich war überrascht, als er mir sagte, er habe auch einmal eine Druckerei besessen. »So habe ich meine wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Geographie von Neuspanien und den Bergbau veröffentlicht. Die Bücher stehen in meiner Bibliothek. Nachdem man herausfand, dass mein Drucker nachts dort schmutzige Bücher druckte, habe ich das Geschäft verkauft. Er wurde von der Inquisition verhaftet. Zum Glück hatte er gedruckt, während ich mich in Spanien aufhielt, und man konnte mir deshalb keine Schuld nachweisen. Ich habe mich sofort für einen kläglichen Betrag von der Druckerei getrennt und war froh, nicht auf dem Scheiterhaufen zu enden.«
    Er erklärte mir, der Vizekönig betrachtete das Drucken und den Buchhandel, die meistens im selben Laden betrieben wurden, als niedere Berufe.
    Außerdem behielt die Inquisition Menschen, die Bücher und andere Schriften herstellten, besonders scharf im Auge. Die Bischöfe pflegten dieses Gewerbe als schwarze Kunst zu bezeichnen, was sich nicht nur auf die Farbe der Tinte bezog. Das Lesen, wenn es nicht der religiösen Schulung oder der moralischen Erbauung diente, galt bei der Kirche als anrüchig.
    Vor allem hatte es die Inquisition auf die Druckereien Neuspaniens abgesehen, und sie hatte verfügt, dass ohne Genehmigung der Kirche kein Buch gedruckt oder verkauft werden durfte. Doch da der König die Herstellungsrechte für Neuspanien an den Verleger aus Sevilla verkauft hatte, war der Stoff, den man hätte veröffentlichen können, ohnehin dünn gesät. Sogar wegen der Publikation religiöser Werke konnte man in Schwierigkeiten geraten, denn es galt als Ketzerei, die christlichen Lehren in einer anderen Sprache als der lateinischen zugänglich zu machen. Selbst eine Bibelübersetzung in Náhuatl war beschlagnahmt worden, und außerdem wehrte sich die Kirche mit Händen und Füßen dagegen, die Bibel ins Spanische übertragen zu lassen.
    Bald fanden Mateo und ich heraus, dass fast nichts für uns übrig blieb, nachdem wir den Verleger, den Mittelsmann in Sevilla, die Vertreter von Zoll und Inquisition auf zwei Kontinenten, die geldgierige Recontonería und die trauernde Witwe des Druckes bezahlt hatten.
    Mateo wurde trübsinnig und flüchtete sich in den Alkohol, in die Arme von Frauen oder in Raufereien. Da ich mit meinem ersten Verbrechen im großen Stil gescheitert war, rückte die Erfüllung meines Traums, Eléna als ebenbürtiger Edelmann begegnen zu können, in immer weitere Ferne. Und meine Niedergeschlagenheit steigerte sich noch, wenn ich an den Zwischenfall mit der Frau namens Maria dachte. Ich weigerte mich, sie als meine Mutter zu bezeichnen, denn Bruder Antonio hatte gesagt, ich hätte keine Mutter. Wenn ich in dieser düsteren Stimmung war, ging ich in die Druckerei, wo ich mich gerne zu schaffen machte.
    Seit einer Weile schon befasste ich mich mit der Druckerpresse. Meine Liebe zu Büchern hatte mich - zumindest in den Augen von Bruder Antonio, Mateo und Don Julio - zu einem gesellschaftlichen Außenseiter gemacht. Bücher besaßen Macht und enthielten unzählige Gedanken und Ideen und so viel Wissen, dass ihre Herstellung für mich stets etwas Geheimnisvolles gehabt hatte. Ich hatte mir stets ausgemalt, dass sie aus himmlischem Licht und Feuer entstanden, vergleichbar der Übergabe der Zehn Gebote an Moses.
    Deshalb war es ernüchternd, als ich mich an die Druckerpresse setzte, die sechs Buchstaben nahm, aus denen das Wort Cristo bestand, diese an einem Typenschild und dann an

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