Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
Vom Netzwerk:
hingezogen fühlte.
    Wieder handelte es sich bei den Gedichten um Schilderungen der Liebe, die den Romantiker in mir - den ich gern hinter der Fassade des lépero verstecke - anrührten. Ich legte das anstößige Theaterstück beiseite, das ich gerade korrigierte, nachdem Juan es gesetzt hatte, und begann mit dem Setzen der Gedichte. Ich wurde zwar nicht reich damit, doch es bereitete mir Freude, mich in die Gefühle der Liebenden und die Glut ihrer Leidenschaft zu vertiefen. Indem ich diese aufrichtigen Werke druckte, leistete ich Abbitte für den Schund, den ich sonst in Umlauf brachte, um Geld zu verdienen.
    Bei der Arbeit dachte ich an das Theaterstück, das wir gerade heimlich verlegten. Wir druckten mehr dramatische Literatur als Romane. Denn obwohl in Neuspanien nur selten comedias aufgeführt wurden, fanden sie bei den Lesern den größten Anklang.
    Ich hatte mir überlegt, dass sich rascher und mit weniger Aufwand Profit machen ließ, wenn man die Stücke aufführte, anstatt sie lediglich in Buchform zu verkaufen. Allerdings hatte sich das Theater in Neuspanien bis jetzt nicht in derselben Form durchsetzen können wie im Mutterland, da die Inquisition in den Kolonien nur literarisch wertlose Lehrstücke moralischer oder religiöser Natur gestattete. Wenn wir eines der Stücke, die wir druckten, der Inquisition vorgelegt hätten, um eine Genehmigung zur Aufführung zu erhalten, wir wären vom Fleck weg verhaftet worden.
    Ich fragte mich, ob es ein Stück gab, das beim Publikum ankommen und gleichzeitig Gnade vor den Augen der Inquisition finden würde. Zurzeit hielt sich eine Schauspielertruppe in der Stadt auf, doch das Stück war nach wenigen Vorführungen abgesetzt worden. Ich hatte es mir angesehen, während Mateo in Acapulco war, doch es hatte sich als ausgesprochen langweiliger Abklatsch von Lope de Vegas Fuente Ovejuna entpuppt. Allerdings hatte man mich vorgewarnt, dass die Zensoren nicht viel von Vegas Meisterwerk übrig gelassen hatten. Außerdem saß ein Vertreter der Inquisition, ausgestattet mit einer Ausgabe des Textes, im Publikum, um sicherzugehen, dass die gestrichenen Stellen nicht wieder in den Dialog eingeschmuggelt wurden. Hinzu kam, dass die Schauspieler zu wenig geprobt hatten. Ich hatte gehört, dass sie sich über die Wahl des Stückes und die Besetzung der Hauptrolle nicht einig gewesen seien. Jedenfalls war es eine Schande, mit ansehen zu müssen, wie dieses wundervolle, anrührende Stück von Stümpern ruiniert wurde, die nicht fähig waren, sich in die handelnden Personen einzufühlen. Es waren nur wenige Eintrittskarten verkauft worden, was mich in meiner Vermutung bestätigte, dass ich mit meiner Meinung über die Schauspieler nicht allein war. Der Gedanke, eine comedia aufzuführen, spukte mir schon im Kopf herum, seit ich heimlich anstößige Stücke druckte. Allerdings verlor ich stets den Mut, wenn ich an Mateo dachte, denn der würde sicher auf ein albernes Stück über die Mannesehre bestehen. Allein die Vorstellung, stundenlang über mich ergehen lassen zu müssen, wie ein tapferer Spanier einen englischen Piraten tötete, der seine Frau vergewaltigt hatte, bereitete mir Übelkeit.
    Ich hätte ein Stück aus der Feder des Leibhaftigen auf die Bühne gebracht, wenn sich damit hätte Geld verdienen lassen. Doch Mateos Dramen hatten - von ihrer zweifelhaften künstlerischen Qualität ganz zu schweigen - den zusätzlichen Nachteil, dass man damit nur Verlust einfuhr.
    Auf dem Heimweg von der Theateraufführung grübelte ich darüber nach, wie wir Profit mit einem Stück machen konnten, ohne es uns mit der Inquisition zu verscherzen. In meiner Unruhe griff ich nach einer Ausgabe von Montebancas Geschichte des römischen Imperiums und las es bei Kerzenlicht, während die süßen Düfte aus den Ställen zu mir emporwaberten. Als das Römische Reich zunehmend zerfallen war, hatten die Kaiser immer wahnwitzigere Belustigungen erfunden, um das Volk zu zerstreuen. Als die Leute begannen sich zu langweilen, Gladiatoren dabei zuzusehen, wie sie sich gegenseitig abschlachteten, hatte man kleine Armeen aufeinander losgeschickt und wilde Tiere auf Menschen gehetzt. Die Gladiatorenwettkämpfe, die mich am meisten fesselten, waren die Seeschlachten, bei denen die Arena geflutet wurde, sodass Kriegsschiffe darauf schwimmen konnten.
    Beim Einschlafen fragte ich mich, wie man eine Freilichtbühne, häufig nicht mehr als eine Lücke zwischen zwei Häusern, bloß fluten könnte, um einen

Weitere Kostenlose Bücher