Das Blut der Azteken
einen erfinden, um sie zu schützen. Und ich würde mir etwas ausdenken müssen, damit sie auch erfuhr, dass der arme Straßenjunge, der ihr sein Leben verdankte, ihr dafür zu ewigem Ruhm verholfen hatte - wenn auch anonym.
Selbstverständlich würde ich den Vizekönig und die Inquisition täuschen müssen, um eine Genehmigung zu erhalten. Und auch Mateo durfte nicht wissen, dass ich Geld unterschlagen hatte, um ein Stück aufzuführen, das nicht von ihm war.
Aber eigentlich riskierte ich nichts. Ich würde das abgezweigte Geld einfach erstatten, sobald ich die Eintrittskarten zu Elénas Stück verkauft hatte.
Der Gedanke an die Opfer, die ich für die Liebe zu bringen bereit war, schnürte mir die Kehle zu, als ich das Stück zum zweiten Mal las.
21
Wir entschieden uns für eine Lagune unweit der Alameda, um die Schlacht zwischen Cortés' Flotte und den Azteken in Szene zu setzen. Handzettel, die für das Stück warben, waren in der ganzen Stadt verteilt worden, und Ausrufer verkündeten auf jedem Platz, dass es ein großes Ereignis werden würde.
Ich kassierte die Eintrittsgelder persönlich. Von den Deckenverkäufern und auch von den Süßigkeitenhändlern nahm ich einen Anteil an den Umsätzen.
Die Vorbereitungen verliefen reibungslos, und als ich die letzte Karte verkauft hatte, war kein Sitz- oder Stehplatz mehr frei. Allerdings hatte ich weiterhin Grund zur Besorgnis. Obwohl es sich an und für sich um eine einfache Geschichte handelte, fehlte Mateo jegliches Talent, sich zurückzuhalten, und er hatte die Neigung, auch die kleinste Rolle über Gebühr auszuschmücken. Ich befürchtete das Schlimmste, falls das Publikum in Mexiko ihn ausbuhen sollte. Denn Mateo war durchaus zuzutrauen, dass er sich mit dem Schwert auf die Kritiker stürzte.
In der ersten Szene fuhren die Eroberer in ihrem Kriegsschiff dahin. Mateo-Cortés stand, das Schwert in der einen, das Kreuz in der anderen Hand, in Heldenpose am Bug. Neben ihm sah man Doña Marina, die Dolmetscherin, die Cortés beim Knüpfen der Beziehungen zu den Indiostämmen geholfen hatte, sodass er nun über genug Verbündete verfügte, um gegen die gefürchteten Legionen der Azteken zu kämpfen.
Eigentlich hätte eine Frau aus der Schauspielertruppe diese Rolle übernehmen sollen. Doch ihr Gatte und Mateo hatten sich aus Gründen überworfen, die ich lieber nicht näher erfahren wollte. Also wurde sie durch eine hübsche junge Indigena ersetzt; ich beging den Fehler, Mateo zu fragen, wo er das Mädchen aufgetrieben hatte - in einem Freudenhaus natürlich.
Wie viele Zuschauer und einer der Schauspieler trug ich eine Maske. Selbstverständlich tat ich das nicht aus modischen Gründen, sondern um nicht erkannt zu werden. Schließlich liebte Eléna Theaterstücke, und obwohl es sich für Frauen nicht schickte, ein Theater zu besuchen, würde sie sich die Gelegenheit sicher nicht entgehen lassen.
Meine Befürchtung bewahrheitete sich - und meine Sehnsüchte wurden erfüllt -, als sie tatsächlich, in Begleitung von Luis und einer älteren Anstandsdame, mit einer Kutsche eintraf. Ich kannte die Frau nicht, es handelte sich nicht um die alte Dame, die vor so vielen Jahren in der Kutsche gesessen hatte. Ein Kutscher folgte ihnen mit Kissen und Decken, auf denen sie sitzen konnten.
Als ich Luis die Karten verkaufte, achtete ich trotz meiner Maske darauf, ihm und Eléna nicht in die Augen zu sehen.
Nachdem keine Karte mehr übrig war, suchte ich mir einen Platz, von dem aus ich mit den Eintrittsgeldern fliehen konnte, falls das Publikum von Mateos Schmierenkomödie genug bekam und ihn mit Schwertern angriff, anstatt ihn nur mit Gemüse zu bewerfen. Leider hatte ich Eléna so nicht im Blick, doch da es mich schmerzte, dass sie mit Luis zusammen war, konnte ich dem sogar etwas Positives abgewinnen.
Als das Kriegschiff in Sicht kam, setzte bedrohlicher Trommelwirbel ein, der davon kündete, dass die blutige Schlacht gleich beginnen würde.
Nachdem es sich genähert hatte, erklärte Mateo-Cortés dem Publikum, die Mauren seien besiegt und aus Spanien vertrieben worden, bevor er alt genug gewesen sei, um einen Ungläubigen mit dem Schwert zu töten. Spanien sei zwar nun von den islamischen Mörderbanden befreit, habe jedoch noch keinen Platz unter der Sonne gefunden, um ein großes Imperium zu gründen. Die Gelegenheit habe sich erst ergeben, als Kolumbus die Neue Welt entdeckte, die es nun zu erobern gelte.
»Und weil ich Reichtum und Abenteuer suchte und den
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