Das Blut der Azteken
anderer Folterinstrumente. Ich wurde von Don Jorge erwartet, dem familiar, der mich damit beauftragt hatte, die Listen der verbotenen Bücher zu drucken.
Auch ein anderer alter Freund war da: Juan, der lépero.
»Das ist er«, verkündete Jorge. »Er hat behauptet, der Besitzer der Druckerei sei nach Madrid gereist. Aber ich habe nie jemanden außer ihm im Laden gesehen.«
»Praktiziert dieser Mann deines Wissens nach Hexerei und ist mit dem Teufel im Bunde?«
»Ja, ja«, log Juan, der lépero. »Ich habe beobachtet, wie er mit dem Teufel sprach. Einmal ist er durch den Raum geschwebt, und der Teufel hat Sodomie mit ihm getrieben.«
Ich lachte auf. »Dieser heruntergekommene lépero würde seine Mutter für eine Kupfermünze verkaufen.«
Juan deutete anklagend mit dem Finger auf mich. »Er hat mich verhext und mich gezwungen, für den Teufel zu arbeiten.«
»Du bist selbst ein Werk des Teufels, du Schwein. Denkst du, jemand würde einem Abschaum wie dir so eine wahnwitzige Geschichte glauben?«
Ich suchte in den Gesichtern der familiares, die uns umringten, nach einer Bestätigung, dass keiner von ihnen diesem Dreckskerl sein Ammenmärchen abnahm. Doch ihre Mienen sagten mir, dass man dem lépero tatsächlich Glauben schenkte.
Man brachte mich in meine Zelle, und Tag und Nacht wurden wieder eins. Ich wusste nicht mehr, wie lange ich schon gefangen war, denn ich hatte den Überblick über die stets gleich bleibenden Mahlzeiten verloren. Die während der jahrelangen guten Verpflegung an der Tafel des Don angesammelten Pfunde schmolzen dahin. Ständig war ich von Angst erfüllt. Wann würde man mich aus der Zelle holen, um mich zu foltern? Würde ich die Schmerzen ertragen können, wie ich so tapfer beteuert hatte, oder würde ich weinen wie ein Kleinkind und alles gestehen, was sie wollten? Noch schlimmer als diese Befürchtungen quälte mich die Sorge um den Don und die Damen. Wenn ich sie hätte befreien können, indem ich Unzucht mit dem Teufel gestand, ich hätte es bereitwillig getan. Allerdings wusste ich, dass alles, was ich sagte, gegen sie verwendet werden würde, weil wir unter einem Dach gelebt hatten. Ich überlegte, ob ich Isabella, diese Hure, wegen Geschlechtsverkehrs mit dem Teufel anzeigen sollte, doch wenn ich zugab, ein zwar unbeteiligter Zeuge von gotteslästerlichem Treiben gewesen zu sein, würde man mir ebenfalls einen Strick daraus drehen.
Sich vierundzwanzig Stunden am Tag in der kalten, nassen Zelle aufzuhalten war an sich schon Folter genug. Selbst Isabella hätte sich in ihren kühnsten Träumen keine elendere Unterkunft für mich ausdenken können.
Als sie mich holen kamen, wusste ich nicht, welchen Tag oder welche Stunde wir hatten. Plötzlich öffnete sich meine Zellentür, und eine Fackel blendete mich schmerzhaft.
»Tretet vor«, befahl eine Stimme. »Streckt die Hände aus.«
Ich schloss die Augen und schleppte mich aus der Zelle. Meine Hände wurden zusammengekettet. Man musste mich auf die Füße zerren, da meine Beine mich nicht mehr trugen. Meine Gliedmaßen waren schlaff und gefühllos. Die beiden Mönche, die für mich inzwischen Dämonen in Kutten waren, führten mich in die Folterkammer.
Mein Anwalt wartete schon.
»Ihr habt die Gelegenheit zu gestehen, bevor man Euch befragt.«
»Ich gestehe, dass ich gesehen habe, wie Ihr Männern den Schwanz gelutscht habt«, erwiderte ich. »Ich gestehe, dass ich Zeuge wurde, wie diese beiden Teufelspriester es mit Schafen trieben. Ich gestehe…«
»Ihr könnt beginnen«, meinte er zu den Geistlichen. Nichts in seiner Stimme verriet, dass ihn meine Beleidigungen empört hatten. »Er sollte das da nicht tragen.« Er nahm mir das Kreuz meiner Mutter ab.
Während ich auf die Streckbank gespannt wurde, stand er neben mir und bemerkte im Plauderton: »Euer Glück, dass Ihr in Neuspanien seid. Verglichen mit den Gefängnissen auf der Halbinsel ist dieser Kerker wie ein Spaziergang auf der Alameda. Ich habe früher in einem spanischen Gefängnis Dienst getan, dessen Kerker so tief ist, dass man ihn als Hölle bezeichnet. Ohne künstliches Licht kann man dort nirgendwo die Hand vor Augen erkennen.«
»Hat Eure Mutter Euch dort empfa ngen?«, gab ich höflich zurück.
»Cristo, Cristo, Ihr sollt nicht schlecht von denen sprechen, deren einzige Lebensaufgabe es ist, Menschen wie Euch zu helfen.«
Mein Gelächter wurde davon unterbrochen, dass man die Kette um meine Handgelenke an einem Haken befestigte. Die Geistlichen hoben
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