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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Kopf gegen einen großen Felsen und verlor erneut kurz das Bewusstsein. Als ich wieder aufwachte, vernahm ich ein Getöse wie bei einer Explosion, nur mit dem Unterschied, dass der ohrenbetäubende Lärm anhielt.
    Der Fluss machte noch eine Biegung, und plötzlich sah ich direkt vor mir den Wasserfall. Ich trieb darauf zu, bis ich über die Kante blicken konnte. Dann wurde ich hinuntergezogen.
    Wieder stürzte ich. Doch diesmal dachte ich nicht an fliegende Engel. Ich fiel wie ein Stein -wobei Steine um einiges widerstandsfähiger sind und auch keine Schmerzen empfinden. Der Fall wollte gar kein Ende nehmen.
    Mit einem Knall wie von einer Schwarzpulverexplosion prallte ich ins Wasser.

4
    Ich weiß nicht, wie lange ich zusammengekrümmt zwischen angehäuften Steinen und Baumstämmen am Flussufer lag. Anfangs glaubte ich, Explosionen aus dem Bergwerk zu hören, doch dann wurde mir klar, dass das Getöse nur in meinem Kopf stattfand.
    Sobald ich wieder bei Bewusstsein war, kam ich zu dem Schluss, dass ich unbedingt aufstehen und losgehen musste. Auf keinen Fall durfte ich im eiskalten Wasser liegen bleiben. Wenn ich mir zu viel Zeit ließ, würde man mich ergreifen, auspeitschen, kastrieren, verstümmeln und zu guter Letzt umbringen. Falls ich mich weiter ausruhte, drohten mir Folter und Tod. Also kroch ich das Ufer hinauf. Folge dem Fluss, dachte ich mir. Weg vom Bergwerk. Wie ein Schlafwandler schleppte ich mich stromabwärts.
    Als ich zu einem Seitenarm kam, ging ich ihm nach und entfernte mich weiter vom Fluss. Ich musste fort von der Zivilisation und von den Spaniern, um bei den Indios unterzutauchen. Ich war allein, trug schmutzige, zerrissene, tropfnasse Lumpen und war verletzt und zerschunden. Mir war kaum etwas geblieben, aber wenigstens lebte ich noch. Und wenn ich Nahrung, Kleidung und ein Dach über dem Kopf auftreiben konnte, würde dieser Zustand vielleicht noch eine Weile anhalten.
    Der Flussarm verlief bergab. Wenn du in der Wildnis überleben willst, geh immer bergab, hatte der Zauberer mir eingeschärft, und ich sah keinen Grund, an seinen Worten zu zweifeln. Allerdings lag das Gebiet ziemlich hoch, und da es allmählich dunkelte, wurde es immer kühler. Außerdem bot das umliegende Terrain fast keinen Schutz. Es gab weder einen Dschungel noch dichtes Gebüsch oder einen Wald, sondern nur ein paar kärgliche, verkrüppelte Bäume und gelegentlich ein bisschen niedriges Gestrüpp.
    Anfangs bereitete mir das Sorgen. Schließlich wurde ich gesucht und musste mich vor meinen Verfolgern in Sicherheit bringen. Nach einer Weile jedoch dämmerte mir, dass ich vermutlich gar keine Angst vor Häschern zu haben brauchte. Da es im Bergwerk gewiss keine Überlebenden gegeben hatte, wusste auch niemand, dass ich mit knapper Not davongekommen war. Sicher hielt man mich für tot - und deshalb würde auch niemand nach mir suchen.
    Ich fror in meinen Lumpen, und außerdem wurde es zunehmend kälter. Mir knurrte der Magen, und vor lauter Hunger und Erschöpfung wurde mir schwindelig. Nein, eigentlich hatte ich den Zustand der Erschöpfung schon längst überschritten.
    Die Nacht verbrachte ich in einem kleinen Hain. Der Boden rings um die Wurzeln der Bäume war mit Laub und Geröll bedeckt. Ich wendete einen alten Trick des Zauberers an und höhlte mit einem Stein eine Grube aus, die so groß war wie mein Körper. Nachdem ich sie mit Laub und Zweigen gefüllt hatte, deckte ich mich mit Blättern zu. Es war zwar nicht das sauberste Bett, in dem ich je geschlafen hatte, doch es hielt mich warm.
    Meine Kraft reichte nur noch, um mich in die Richtung weiterzuschleppen, die der Zauberer mir nahe gelegt hatte. So seltsam es auch anmutete, konnte ich nur noch an seine Worte denken, die mir immer wieder durch den Kopf gingen wie ein Gebet.
    »Wenn du dich verlaufen hast, wandere immer bergab. Irgendwann wirst du in ein Tal kommen, in dem es Wasser gibt. Und wo Wasser ist, findest du auch Nahrung und Menschen. Und wo Menschen sind, wirst du Anschluss bekommen. Du wirst nicht mehr allein sein.«
    Ich stolperte, taumelte, kroch und robbte den Berg hinunter. Wie der Zauberer gesagt hatte, stieß ich auf einen anderen Fluss, diesmal keinen reißenden Gebirgsbach, sondern ein dahinplätscherndes Flüsslein.
    Nach einer Weile erreichte ich ein schmales Tal, in dem ich tatsächlich ein üppig wucherndes Maisfeld entdeckte. Eine kleine Rauchsäule wies darauf hin, dass dahinter ein Bauernhaus stand. Ich versteckte mich und beobachtete

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