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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Felsgestein wie ein sterbendes Tier. Meine Hände fanden Halt, und ich ließ mich über den Abgrund baumeln. Die Sandalen fielen mir von den Füßen und stürzten in das tief unter mir liegende, weiß schäumende Wildwasser. Doch das kümmerte mich nicht. Auf nackten Sohlen würde ich besser weiterklettern können.
    Meine Füße ertasteten einen Vorsprung, und ich machte mich auf den Weg über die Felswand zu der Rinne.
    Als ich mich Zentimeter um Zentimeter weiterarbeitete, erschienen mir die dreißig Meter wie zweihundert Kilometer. Meine Füße und Finger zitterten vor Schmerzen, und Blut quoll aus ihnen hervor. Währenddessen stöhnte, ächzte und bebte der Berg, als hätte ich ihm unermessliches Leid zugefügt.
    Fast hätte ich es geschafft. Nur noch anderthalb Meter trennten mich von der Rinne, wo ich vielleicht in Sicherheit gewesen wäre.
    Doch der Berg hatte andere Pläne mit mir. Ich hatte ihm Schmerzen zugefügt, und seine Rache war fürchterlich. Durch die Sprengung waren die Tunnel überall im Berg eingestürzt. Aus längst vergessenen Spalten, Löchern und Ritzen überall an der Felswand waberten Qualm und Staub. Aus dem Loch rechts von mir, aus dem ich geklettert war, kam schwarzer Rauch.
    Ein Wachmann streckte den Kopf heraus. Sein Gesicht war wie meines rußgeschwärzt, und er brüllte Beschimpfungen, die ich nicht verstehen konnte - denn sie wurden vom Dröhnen des Berges übertönt. Der Berg zitterte und bebte, donnerte und schrie. Unzählige Tonnen Felsen stürzten auf das Loch hinab und verschlossen es für immer. Von meinem Platz aus hörte und spürte ich, wie immer neue Tunnel in sich zusammensackten.
    Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Ich hatte nicht nur das Bergwerk von Gonzalo befreit, sondern auch den Berg selbst erlöst.
    Ich streckte die Hand nach der Rinne aus, doch als ich deren Rand umfassen wollte, stürzte erneut ein Tunnel ein, und ich wurde durch das Beben zurückgerissen. Meine Hand griff in die Leere. Der Berg beutelte mich durch wie ein Jaguar eine Ratte. Der Felsvorsprung, den ich mit der rechten Hand umklammerte, brach ab, sodass ich keinen Halt mehr fand. Dann erzitterte der Berg heftig und schüttelte mich ab. Er entledigte sich des Menschen, der ihn geschändet hatte -und ich stürzte in die Tiefe.
    Als ich durch die Luft segelte, fühlte ich mich unglaublich frei. Kurz fragte ich mich, ob Engel wohl ebenso empfanden, doch dann hielt ich mir vor Augen, dass Engel ja nicht fielen, sondern flogen, während ich eindeutig abstürzte. Als ich nach unten blickte, sah ich, wie der aufgepeitschte Fluss sich in atemberaubender Geschwindigkeit näherte.
    Mein letzter Gedanke war, ob ich Don Julio und seiner Familie in der Hölle wohl wieder begegnen würde.

3
    In letzter Sekunde hatte ich die Geistesgegenwart, meine Beine auszustrecken und den Rücken gerade zu halten, um eine Bauchlandung oder ein Aufkommen mit dem Hinterteil zuerst zu vermeiden. Dennoch erbebte die Erde, als ich in das reißende Wasser eintauchte und beim Aufprall die Besinnung verlor.
    Nach einer Weile kam ich im eisigen, schäumenden Wasser wieder zu mir. Da jetzt im Frühling der Schnee in den Bergen schmolz, tosten die Stromschnellen wild dahin. Es war eiskalt. Außerdem rissen mich die Schmerzen aus meiner Benommenheit. Beim Sturz hatte ich mir beide Knöchel verstaucht, mir das Knie verrenkt und mir beinahe die linke Schulter ausgekugelt.
    Als ich das Bewusstsein wiedererlangte, hörte ich trotz des tosenden Wassers gedämpfte Explosionen über mir. Es klang wie der Todeskampf des Olymp oder die Schreie wahnsinnig gewordener Götter. Offenbar hatte meine Sprengung im Berg eine Kettenreaktion ausgelöst, denn nun stürzten sämtliche Schächte, Tunnel, Höhlen, Spalten und Nischen in sich zusammen.
    Ich wurde stromabwärts gerissen. Alles ging so schnell, dass ich meine liebe Not hatte, über Wasser zu bleiben und nicht zu ertrinken. Auf einmal war der Fluss meine ganze Welt. Ich fühlte mich, als hätte ich schon immer in ihm gelebt, und konnte mich nicht einmal daran erinnern, ins Wasser gefallen zu sein. Ich spürte nur noch Schmerzen, Kälte und den Sog des Wasserfalls.
    Die Felsvorsprünge wurden immer zahlreicher, sodass ein Zusammenstoß auf den anderen folgte. Der Fluss beschrieb eine scharfe Rechtskurve. Da die Strömung weiter zunahm, war Schwimmen unmöglich - ich war froh, überhaupt den Kopf über Wasser halten zu können.
    Ich hörte ein gewaltiges Dröhnen. Dann schlug ich mit dem

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