Das Blut der Azteken
Urin und formte es zu kleinen Fladen. Nachdem diese getrocknet waren, zerbrach ich sie zu Krümeln und stopfte sie in den Spalt.
Ich stahl Schwarzpulver und schlich mich immer wieder in den Tunnel, um meine Sprengladung zu vergrößern. Allmählich forderten die Anspannung, die ständigen Einstürze, die Schläge und die körperliche Erschöpfung ihren Tribut. Als meine Vorbereitungen abgeschlossen waren, konnte ich den Druck kaum noch ertragen, und vor lauter Angst, dass mein wahnwitziger Plan scheitern könnte, verlor ich fast den Verstand.
Außerdem hatte Gonzalo es auf mich abgesehen. Wegen meiner Vorbereitungen kam ich immer häufiger zu spät zur Arbeit, und obwohl ich zu den Fleißigsten im Bergwerk gehörte, war der Aufseher nicht bereit, meine Unpünktlichkeit zu dulden.
Als ich eines Nachmittags wieder verspätet erschien, schlug er mir mit den Peitschenknauf so fest auf den Kopf, dass mir die Ohren klingelten. »Wenn ich dich heute Abend anbinde und auspeitsche, wirst du dir das Trödeln abgewöhnen«, drohte er mir.
Die Würfel waren gefallen: Heute war der große Tag.
Während der restlichen Schicht ließ er mich nicht aus den Augen. Ganz gleich, ob ich Körbe voller Gestein nach draußen schleppte oder ob ich ging, um Schwarzpulver oder Werkzeug zu holen, er folgte mir wie ein Schatten. Bei Schichtwechsel führte er mich eigenhändig zum Ausgang.
Als wir an dem aufgegebenen Tunnel vorbeikamen, drehte ich mich zu ihm um. »Ich wollte dich um einen Gefallen bitten«, sagte ich so reumütig wie möglich und mit gesenktem Blick.
Ich musste sichergehen, dass wir allein waren. Gonzalo verließ das Bergwerk immer als Letzter und hielt dabei stets Ausschau nach Nachzüglern. Die übrigen Männer waren bereits hinter der nächsten Biegung verschwunden; es war niemand zu sehen.
»Du hast kein Recht, mich um etwas zu bitten!«, höhnte er und holte mit dem Knauf seiner Peitsche nach mir aus.
Endlich kam Mateos Fechtunterricht mir zugute. Ich wehrte den Hieb mit meinem Hammer ab und schlug ihm dann das Werkzeug auf die Nase. Anschließend packte ich ihn an der Kehle, schleppte ihn in den aufgegebenen Tunnel und schleuderte ihn gegen die Wand.
»Stirb, Hurensohn!«, zischte ich ihm ins Gesicht.
Ich versetzte ihm mit dem Hammer einen Schlag auf die linke Schläfe, der ihn sofort tötete - eine Gnade, die er eigentlich nicht verdiente.
Nun hatte ich nur noch zwei Möglichkeiten - den Berg zu sprengen oder mich von den Bergwerkswächtern zu Tode foltern zu lassen.
Rasch stopfte ich das restliche Schwarzpulver aus meinem Versteck in die Spalte und legte die Lunte. Am Ende des Tunnels stand der Ofen, an dem wir die Scheite entzündeten, mit denen wir das Schwarzpulver in Brand setzten. Ich eilte darauf zu, denn ich musste es schaffen, bevor die nächste Schicht in den Tunnel kam.
Am Ofen angelangt nahm ich einen Kien und zündete ihn an.
»Was hast du hier zu suchen, Sträfling?«, rief ein Wachmann.
»Wo ist Gonzalo?«
»Warum bist du nicht bei den anderen?«, fragte sein Kamerad.
So schnell ich konnte, lief ich zurück zum verlassenen Tunnel.
Ich erreichte den Schacht zuerst und steckte die Lunte an. Ich hatte keine Ahnung, ob es klappen würde. Schließlich bestand die Lunte nur aus einem mit Urin und Schwarzpulver getränkten Faden, und ich wusste nicht, wie schnell sie abbrennen würde. Vielleicht binnen weniger Sekunden, vielleicht auch überhaupt nicht. Für Experimente hatte mir jedoch die Zeit gefehlt.
Während ich noch mit dem Anzünden beschäftigt war, kamen zwei Wächter in den Tunnel gestürmt.
Beide waren mit Schwertern bewaffnet, und wieder rettete mir Mateos Unterricht das Leben. Als der erste Wachmann - ein klein gewachsener, magerer Afrikaner mit kurz geschorenem Haar und ohne Vorderzähne - nach meiner Kehle stieß, nahm ich Fechterposition ein und duckte mich. Er hatte so viel Schwung genommen, dass er auf mich zutaumelte und das Gleichgewicht verlor, wodurch er seinen Kameraden den Weg versperrte.
Ich versetzte ihm einen Fausthieb auf den Adamsapfel und zerschmetterte ihm gleichzeitig mit dem schweren Hammer die Hüfte. Mit einem Aufschrei sackte er in sich zusammen.
Ich benutzte seinen Körper als Schild und wich den Schwerthieben seines Kameraden aus. Gleichzeitig tastete ich nach dem Kurzschwert, das der Bewusstlose auf den Boden hatte fallen lassen. Endlich hatte ich es gefunden. Das Schwert in der einen, den Hammer in der anderen Hand stellte ich mich dem Kampf.
Mateo
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