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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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aufständische Indios, entlaufene Sklaven und anderes Räuberpack an.
    An jenem Abend schlief ich ein, während ich die Straße beobachtete. Anderntags setzte ich meine Wache fort und fragte mich, ob ich mich einer Gruppe von Bergarbeitern anschließen sollte, die sich nach Ablauf ihres Vertrages wieder auf den Rückweg in ihre jeweilige Heimat machten. Allerdings handelte es sich bei ihnen weder um Sträflinge noch um Sklaven, sodass keiner von ihnen ein Brandzeichen trug. Wenn sie mich erkannten, würden sie mich vielleicht sogar verraten, um die Belohnung zu kassieren.
    Als ich das Treiben auf der Straße weiter im Auge behielt, näherte sich eine ältere Frau, die einen mit Weidenkörben beladenen Esel führte. Da kam mir der Gedanke, dass ich mich mit ihrem Esel und ihren Körben als Händler ausgeben könnte.
    Es war die vollkommene Verkleidung. Natürlich würde ich einen Weg finden müssen, der alten Frau den Schaden zu ersetzen, wenn ich erst wieder zu Geld gekommen war. Ganz sicher würde Gott sie segnen, und vielleicht tat ich ihr sogar einen Gefallen und bewahrte sie so vor den Banditen, die sie ganz sicher berauben und umbringen würden.
    Ich schlug mich querfeldein und versteckte mich am Straßenrand im Gebüsch. Die Frau war zwar für eine Indigena ziemlich kräftig gebaut, aber ich war sicher, sie einschüchtern zu können, ohne ihr wehtun zu müssen. Ihr Gesicht konnte ich nicht erkennen, doch ich schloss aus ihrer Kleidung und dem altmodischen Kopftuch, dass ich eine Großmutter vor mir hatte. Außerdem ging sie langsam und mit gesenktem Kopf, führte ihren Esel und schien keine besondere Eile zu haben.
    Da ich ihr keine zu große Angst einjagen wollte, warf ich Speer und Knüppel beiseite. Als sie mein Versteck erreicht hatte, zückte ich mein Messer aus Obsidian und sprang aus dem Gebüsch.
    »Ich nehme dir jetzt den Esel weg!«, schrie ich sie an.
    »Das glaubst du!«, erwiderte eine Männerstimme.
    Ich blickte in das schwarze Gesicht eines Afrikaners. Der Mann zog ein Schwert. »Lass das Messer fallen!«
    In der Ferne hörte ich Hufgetrappel. Ich war in eine Falle geraten.
    Der Mann näherte sich mit ausgestrecktem Schwert.
    »Lass das Messer fallen, Mestize, sonst schlage ich dir den Kopf ab.«
    Ich drehte mich um und rannte den Hügel hinauf davon. Nur eine knappe Minute später hatten Männer auf Mauleseln mich mit einem Lasso eingefangen wie einen Stier und mir Arme und Beine gefesselt. Nachdem der Staub sich gesenkt hatte, lag ich verschnürt auf dem Boden. Sechs Afrikaner umringten mich. Ich nahm an, dass es sich um eine Straßenräuberbande aus entflohenen Sklaven handelte, und ich hatte teilweise Recht.
    Ihr Anführer bückte sich, packte mich am Kinn und drehte mir das Gesicht herum, um mein Brandzeichen zu betrachten.
    Dann grinste er mich vergnügt an. »Wie ich mir gedacht habe. Ein entflohener Bergwerkssklave. Aber man kann das Brandzeichen nicht lesen. Aus welchem Bergwerk bist du weggelaufen?«
    Ich antwortete nicht. Er ließ mich los, richtete sich auf und versetzte mir einen Tritt. »Das spielt keine Rolle. Er ist stark und gesund. Jedes Bergwerk wird uns hundert Pesos für ihn bezahlen.«
    Ich wusste, dass das stimmte. Dabei waren hundert Pesos noch billig, denn ein schwarzer Sklave kostete das Vierfache.
    Ich hatte etwas Grundlegendes vergessen, das mir Bruder Antonio ständig gepredigt hatte: Wenn etwas zu gut ist, um wahr zu sein… dann ist es meistens auch nicht wahr. Nur ein Idiot hätte sich von einer scheinbar harmlosen Indianerin mit einem Esel hinters Licht führen lassen. Ich hätte am Schritt und an der Bewegung der Arme erkennen müssen, dass ich kein altes Weib, sondern einen Mann vor mir hatte.
    Ich hatte ein Bergwerk gesprengt, einen Berg zerschmettert, einen Fluss voller Stromschnellen überlebt und war nur mit Gottes Hilfe dem Tode entronnen -und all das bloß, um Sklavenhändlern in die Hände zu fallen.
    Inzwischen war auch die ›Frau‹ mit dem Esel da.
    »Der Fang gehört mir!«, rief er den anderen zu. »Ich bekomme das Geld.« Er lief auf den Mann zu, der mein Gesicht gemustert hatte und der offenbar der Anführer war. »Yanga, ich kriege das Geld für den Fang. Oder etwa nicht?«
    Der Name ließ mich hochschrecken
    »Ich habe ihn mit meinem Seil erwischt«, widersprach der Mann namens Yanga. »Du hast ihn entkommen lassen.«
    »Aber ich war der Köder, der ihn aus seinem Versteck gelockt hat!«
    Ich betrachtete den Mann, während der Führer des Esels

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