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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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die Tür einzuschlagen oder ein Loch in die Wand zu sprengen. Doch damit hätte man auf jeden Fall die Hundertschaften des Vizekönigs angelockt.
    Mateo entdeckte eine verborgene Falltür, unter der die Stoffbeutel für die frisch geprägten Silbermünzen aufbewahrt wurden. In einigen von ihnen fand er Rückstände von Silberspänen und Goldstaub. Obwohl es sich um eine unbedeutende Angelegenheit handelte, gebärdete er sich, als habe er ein Verbrechen ungeahnten Ausmaßes aufgedeckt. Er hielt dem stellvertretenden Leiter eine strenge Standpauke, in der wiederholt von Kerkern und vom Aufhängen die Rede war. Der Mann lief grünlich an, und als er sich mit Mateo in sein Kontor zurückzog, lief ihm der Schweiß in Strömen hinunter. Kurz darauf kam Mateo wieder, und wir ›machten uns auf den Weg nach Lima‹.
    »Wie viel hast du ihm abgeluchst?«, erkundigte ich mich, nachdem wir die Stadt über die Brücke verlassen hatten. Wir ritten in südlicher Richtung nach Acapulco, planten aber, unterwegs Pferde zu kaufen und umzukehren.
    Er bedachte mich mit einem Seitenblick. »Woher weißt du, dass er mir etwas gegeben hat?«
    »Woher weiß ich, dass jeden Morgen die Sonne aufgeht? Du bist ein Pícaro. Der arme Mann lag fast vor dir auf den Knien und flehte dich an, ihm zu vergeben und ihm zu gestatten, seine Familie wieder zu sehen. Aber natürlich hattest du vor, das Geld mit deinem Kameraden zu teilen.«
    »Tausend Pesos.«
    Ich schnappte nach Luft. »Heilige Maria!« Angesichts unserer Armut war das ein kleines Vermögen. Ich rechnete rasch nach. Wenn wir bescheiden und sparsam waren, konnten wir beide ein Jahr lang von diesem Geld leben. Doch falls ich Mateo erlaubte, es fürs Glückspiel und für Frauen auszugeben, würde es keine Woche reichen.
    »Wenn wir uns einschränken…»
    »Auf dem Rückweg zu unserem Lager werden wir das Geld verdoppeln, mein Freund. In Texcoco kenne ich ein Lokal, das es bestimmt immer noch gibt. Drei Spieltische und fünf der schönsten Frauen Neuspaniens. Es ist eine Mulattin aus Hispaniola dabei, die…»
    Ich stöhnte auf und hielt mir die Ohren zu.
    Ich hatte Mateos Fähigkeit, Geld zum Fenster hinauszuwerfen, unterschätzt. Als wir die Spielhölle in Texcoco drei Tage später verließen, waren unsere Taschen leer, und an Mateos Schwert klebte frisches Blut. Er hatte den Sohn des Wirts beim Falschspielen ertappt. Nun würde der junge Mann nie wieder die Karten mischen, weil man dazu zwei Hände brauchte.
    Wir ritten aus der Stadt, so schnell unsere Pferde uns tragen konnten. Unterwegs bemerkte ich eine Theatergruppe, die auf einem leeren Grundstück eine Bühne aufgebaut hatte. Es handelte sich um eine erhöhte Plattform, die hinten an ein Gebäude angrenzte. Die Dächer, Fenster und Balkone der umliegenden Häuser dienten als Logen für das Publikum.
    Genauso hatten auch wir unsere Stücke aufgeführt. Und plötzlich kam mir die zündende Idee, wie wir das Münzamt um seine Schätze erleichtern konnten.
    »Zweiter Akt!«, rief ich Mateo zu, während wir aus der Stadt preschten.
    »Was?«
    »Zweiter Akt. Mir ist der zweite Akt für das Münzamt eingefallen.«
    Er tippte sich an die Schläfe, um mir mitzuteilen, dass er mich für übergeschnappt hielt.

8
    Ich war froh, mich wieder als Theaterautor betätigen zu können, auch wenn es sich bei dem Stück um eine Räuberpistole handelte. Um unseren Plan, das Münzamt zu berauben, in die Tat umzusetzen, brauchten wir unsere drei Kumpane. Sie waren zwar nur dumme, geldgierige Mestizen, doch wir konnten auf ihre starken Rücken nicht verzichten. Und das hieß, dass wir etwas wegen unserer Gefangenen unternehmen mussten. Die beste Lösung wäre gewesen, sie zu töten, aber Mateo hatte mehr Mitgefühl mit den beiden Spaniern als wir anderen. Weil er darauf bestand, ketteten wir sie in einer kleinen Höhle aneinander und beauftragten Indios, die in der Nähe lebten, ihnen zweimal täglich etwas zu essen zu bringen. Die Indios hatten die Anweisung, die Männer nach zehn Tagen freizulassen. Weil ich wusste, dass Indios manchmal Schwierigkeiten mit Zahlen hatten, gab ich ihnen zehn Kieselsteine, um sicherzugehen, dass sie die Gefangenen wirklich erst nach zehn Tagen losbinden würden.
    Während wir für die Bewachung unserer Gefangenen sorgten, beschäftigen wir Indianerinnen damit, die benötigten Requisiten und Kostüme herzustellen. Da man für die Aufführung eines Stückes mit bekanntem religiösen Inhalt am ehesten eine Genehmigung bekam,

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