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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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durch die Straßen gegangen, und als Caballero bist du in einer Kutsche gefahren. Wahrscheinlich weißt du Dinge über die Menschen und die verschiedenen Gegenden von Neuspanien, die sich der Vizekönig und seine Berater nie träumen lassen würden.«
    »Allerdings glaube ich dank meiner geringen Lebenserfahrung tatsächlich noch an das Gute im Menschen. Denn zum Glück für die Menschheit besteht die Welt nicht nur aus Leuten wie Euch und Eurer Mutter.«
    Meine Worte hatten ihn offenbar gekränkt, und er verzog gequält das Gesicht. »Ich gehe stets hart mit mir selbst ins Gericht. Nicht einmal Luis oder meine Mutter konnten mir meine Fehler besser vor Augen halten, als ich es zu tun pflege. Aber aus deinem Mund, dem meines Sohnes, der ein Fremder für mich ist, schmerzen mich die Vorwürfe mehr, als wenn irgendein anderer meine Fehler beim Namen nennt. Ich spüre, dass du viel gesehen und mehr erfahren und gelernt hast als deine Altersgenossen. Du siehst meine Schwächen deutlicher als sie, weil du selbst so arglos bist.«
    »Arglos?« Ich lachte auf. »Ihr kennt mich nur als Cristóbal, doch mein anderer Name ist Cristo el Bastardo. Lügen und Stehlen sind mein Beruf.«
    »Ja, Cristóbal, doch wie viele dieser Straftaten hast du freiwillig begangen? Dein Handeln ist durch deine Unwissenheit und die äußeren Umstände zu rechtfertigen. Welche Entschuldigung haben hingegen wir, die wir in Wohlstand aufgewachsen sind, für unsere Verbrechen und unsere Habgier?«
    »Ich danke Euch, Don Eduardo.« Ich zuckte die Achseln. »Es erleichtert mich sehr, dass ich zumindest ein ehrbarer Schurke bin.«
    Er drehte sich wieder zum Fenster um, das ihm wenigstens nicht widersprach.
    »Ich war jung und leichtsinnig. Letzteres hat sich nicht viel geändert, ich bin nur älter geworden, nicht weiser. Damals war ich von Liebe entbrannt und glaubte, dass sonst nichts von Bedeutung wäre. Aber selbstverständlich stimmte das nicht. Wie es in der Natur der Sache liegt, entstand ein Kind aus unserer Leidenschaft. Ich war ein Narr, ein so unbeschreiblich großer Narr. Zum Zeitpunkt deiner Geburt stattete meine Mutter gerade der Hacienda einen Besuch ab. Du warst erst wenige Stunden alt, als ich ihr und Ramón davon erzählte.
    Ich erinnere mich noch an ihren entgeisterten Blick, während sie mir zuhörte. Zum ersten Mal im Leben hatte ich das Gefühl, Macht über meine Mutter ausüben zu können. Als sie begriff, was ich getan hatte, lief sie rot an. Ich befürchtete wirklich, sie könnte jeden Moment tot zu Boden sinken. Und es ist eine der merkwürdigen Wendungen des Schicksals, die unser Leben seit jenem Tag bestimmen, dass sie bei deinem Anblick tot umfiel - beim Anblick des Kindes, das sie glaubte, ermordet zu haben.«
    »Warum hat Maria sich als meine Mutter ausgegeben?«
    »Meine jungenhafte Freude darüber, meiner Mutter einen Schrecken eingejagt zu haben, hatte grausigere Folgen, als ich mir je hätte ausmalen können. Selbst dem Gehirn des Teufels wäre nie ein so abscheulicher Plan entsprungen. Denn meine Mutter beauftragte Ramón sofort damit, Verónica und das Kind zu töten.«
    »Heilige Muttergottes.«
    »Also ging Ramón los, um den Befehl auszuführen. Doch einer der Diener hatte meine Mutter belauscht und lief los, um Bruder Antonio zu warnen. Der gute Priester war ein kluger Mann. Wenige Stunden vor deiner Geburt hatte eine andere Frau ebenfalls ein Kind zur Welt gebracht.«
    »Maria.«
    »Ja, Maria. Aber das Kind war tot geboren worden. Angeblich war Bruder Antonio der Vater. Ich weiß es nicht, doch es könnte stimmen. Das Kind war auch ein Junge.«
    »Verónica hat die Kinder vertauscht.«
    »Richtig. Sie übergab dich an Maria und nahm das tote Kind. Verfolgt von Ramón, floh sie in den Dschungel bis zu einer Klippe über dem Fluss. Als Ramón sie fast eingeholt hatte, sprang sie mit dem Kind in die Tiefe.«
    Tränen standen mir in den Augen, als ich ausholte und Don Eduardo eine Ohrfeige versetzte. Er starrte mich genauso entgeistert an wie seine Mutter, als sie mich neben ihm stehen gesehen und mich erkannt hatte.
    »Und was habt Ihr getan, während meine Mutter ihr Leben für Eure Sünden geopfert hat? Habt Ihr Karten gespielt? Wein getrunken? Euch gefragt, mit welchem Indiomädchen Ihr Eure Mutter als Nächstes schockieren könntet?«
    Er sah mich an wie ein geprügelter Hund. Den Rest der Geschichte konnte ich mir denken. Eine überstürzte Hochzeit mit einer passenden Frau spanischer Herkunft. Die Geburt eines

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