Das Blut der Berge (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
Rausch, bis sich nichts mehr regte, nichts von dem Gegner, nichts in ihm. Als er die Axt keuchend sinken ließ, sprang ihn jemand von hinten an. Schreie. Finger an seiner Brust. Er drehte sich, schüttelte den Angreifer ab, schlug ihn. Fühlte seinerseits Schläge im Gesicht, ein Stechen. Seine Axt. Sie war weg. Er war auf dem Angreifer, schloss die Hände um dessen Hals, drückte zu. "Tisgar!" Noch mehr Schreie. "Tisgar! Was machst du?" Haroo. Er öffnete die Augen, sah wieder klar. Haroo hatte eine behelfsmäßige kleine Fackel entzündet.
"Was hast du getan?" fragte Haroo ihn und das leichte Entsetzen in seiner Stimme beunruhigte Tisgar. Er sah nach unten. Ein kleines Mädchen. Vielleicht acht oder neun Winter alt. Er hatte ein kleines Mädchen getötet. Langsam zog er seine Hände von ihr und stand auf. "Ich ..." begann er, dann hob er die Schultern. Er sah sich um. Alle Schatten waren tot. Der Wächter am Baum war ein Junge gewesen. Etwa zwölf Winter alt. Er hatte nicht gesessen, sondern gestanden. Haroos Pfeil steckte in seinem Hals. Die beiden Frauen hatte Haroo offenbar mit dem Messer getötet, er selbst blutete allerdings auch aus zwei Wunden. Tisgars Blick fiel schließlich auf den Mann, den er mit der Axt getötet hatte. Das sah nicht gut aus. Aber es fühlte sich gut an. Sie hatten es geschafft. Sie hatten gewonnen. Sie lebten. Und sie hatten ihre Sippe gerächt. "Es ging eben nicht anders." sagte er. "Was hätten wir mit ihr machen sollen, sie mitnehmen? Sie war eine von ihnen und hätte nicht bei uns leben können." Haroo legte den Kopf schräg. "Wir hätten sie frei lassen sollen." Tisgar schüttelte den Kopf. "Sie wäre uns gefolgt und hätte uns eines nachts die Kehle durchgeschnitten. Allein hätte sie sowieso nicht überleben können. Es ist besser so, glaub mir." Haroo nickte leicht. "Jetzt lass uns schnell deine Wunden versorgen." Tisgar tastete nach seinem Beutel mit den Heilpflanzen. "Und deine." sagte Haroo. Tisgar sah an sich herunter. Er war voller Blut, hatte aber angenommen, dass nichts davon sein eigenes war. "Wenn ich mich nicht irre, ist ein Stück entfernt von hier ein kleiner Bach." Haroo zeigte die Richtung. "Da sollten wir uns versorgen und ausruhen. Aber was machen wir mit denen?" Er wies auf die toten Schatten. Nun sahen sie nicht mehr so furchteinflößend aus. "Was sollen wir schon mit ihnen machen?" antwortete Tisgar. "Sie sind gestorben, wie sie gelebt haben." "Wir müssen eine Trophäe mitnehmen." Haroo sah sich um, aber Tisgar winkte ab. "Nein, ich will nichts von denen. Ich will ihnen nie wieder begegnen und sie sollten auch hoffen, dass das nicht passiert."
Diesmal hatte sie sogar zwei Kaninchen fangen können und zu ihrem Glück waren es Männchen und Weibchen. Sie lernten gerade sich und ihre neue Behausung - aus der nun kein Kaninchen mehr fliehen konnte - kennen. Pinaa bemühte sich, den Tieren ein schönes Heim mit gutem Futter zu bieten und sie möglichst nicht aus den Augen zu lassen. Während sie aß oder ihren Aufgaben nachging, wandte sie ihren Blick immer wieder den Kaninchen zu, um sicherzugehen, dass sie noch an Ort und Stelle waren. Als sie ihren Kopf einmal mehr in Richtung der Tiere drehte - während sie am Seeufer Schalen aus roter Erde reinigte - fiel ein dunkler Schatten in ihr Blickfeld. Sie stand auf, nur um gerade noch zu sehen, wie ein großer Raubvogel niederstieß, eins der Kaninchen mit seinen Krallen packte und sofort mit seinem scharfen Schnabel bearbeitete. Pinaa rannte schreiend los, doch bevor sie auch nur in die Nähe des Vogels kam, hatte sich dieser mit seiner Beute schon wieder in die Luft erhoben.
Pinaa warf wütend die Arme in die Luft und stampfte mit dem Fuß auf. Das verbliebene Kaninchen, es war das Männchen, schaute sie erstaunt an. Pinaa ging in die Hocke und strich ihm vorsichtig über den Kopf. "Die Natur ist gegen mich." seufzte sie.
Als sie wieder aufstehen wollte, durchzuckte sie plötzlich ein stechender Schmerz. Sie krampfte sich zusammen und drückte beide Hände unter ihren Bauch. Sie versuchte, ruhig zu atmen und wartete, bis der Schmerz sich legte. War das etwas ihr Kind? Die Heilerin in ihr wusste sofort, dass solche Schmerzen bei Frauen, die in Erwartung waren, nichts Gutes bedeuteten. Aber war sie wirklich in Erwartung? Bisher hatte sie nichts gespürt. Sie konnte ja zur Sicherheit ein paar helfende Kräuter zu sich nehmen, das würde nichts schaden. Gerade als sie sich erneut erhob, kam der jüngste von
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