Das Blut der Lilie
ganze
Zeit in der Luft lag. Die Angestellten hatten seit Tagen mit Streik gedroht,
aber ich hatte es nicht beachtet. Ich war zu sehr damit beschäftigt gewesen,
den Entwurf für meine Arbeit fertigzustellen.
Ich sehe mich in dem Zimmer um und frage mich, was ich die
nächsten zwei, drei Tage, wenn nicht gar die nächsten acht Jahre mit mir
anfangen soll, bis ich einen Flieger zurück nach New York besteigen kann. Der
Gedanke, nichts zu tun zu haben, nirgendwo hingehen zu müssen und Gott weià wie
lange mit meinem Vater zusammen zu sein, löst einen Anflug von Panik in mir
aus. Ich bin vollkommen am Boden zerstört, weil ich morgen meine Mutter nicht
werde sehen können.
Ich greife in meine Tasche nach meinen Pillen und schlucke
zwei. Die Qwells haben mich den Tag über ziemlich stabil gehalten â ich war
vielleicht ein bisschen benommen und ungeschickt, aber stabil. Als ich das
Fläschchen auf den Nachttisch stelle, sehe ich das Tagebuch. Es sind noch vier
Einträge übrig, die ich nach meiner Rückkehr vom Flohmarkt lesen wollte. Bevor
ich mir ein Taxi zum Flughafen gerufen hätte. Während ich danach greife, wird
mir klar, dass mir nicht genügend Zeit geblieben wäre, um es zu Ende zu lesen.
Ich war viel zu spät dran.
»Bist du jetzt zufrieden?«, frage ich.
Als ich es aufschlage, kommt Lili herein.
»Ich gehe jetzt, Andi. Ich bin bloà ein paar Stunden weg.«
Nachdem sie sich verabschiedet hat, bleibt sie noch einen Moment in der Tür
stehen. »WeiÃt du«, sagt sie, »da gibtâs ein Lokal in der Rue Oberkampf. Ein
paar StraÃen westlich von der Métro-Station Ménilmontant. G. und ich sind
früher immer dorthin gegangen. Als wir Studenten waren. Das Essen ist gut, und
am Sonntag gibtâs Livemusik. Es heiÃt Rémyâs. Ich bin überzeugt, es würde dir
gefallen. Es wäre doch schön, wenn du ein bisschen rauskämst. Ein bisschen
Musik hören könntest, vielleicht ein paar Leute in deinem Alter treffen und
Spaà haben würdest. Es kann gut sein, dass du noch ein paar Tage hier bleiben
musst, weiÃt du. Wir Franzosen lieben Streiks.«
»Rémyâs heiÃt das?«, frage ich, als hätte ich noch nie von
dem Lokal gehört.
»Ja. Ãberlegâs dir.« Sie küsst mich und geht.
Ich bleibe noch eine Weile auf dem Bett sitzen, starre in die
Dunkelheit und hoffe, dass es noch nicht zu spät ist. Für Alex. Für Louis Charles.
Und für mich.
  54 Â
Ich eile die Rue Oberkampf hinunter. Es ist nach acht. Ich
bin spät dran. Vermutlich haben sie bereits angefangen.
Ich bin aufgeregt. Ich sollte es besser wissen, kann es aber
gar nicht erwarten, ihn wiederzusehen. Vielleicht habe ich doch nicht alles
vermasselt. Vielleicht können wir nach der Session einen Teller von Rémys
Gulasch essen und reden. Oder nicht reden. Wie wir es bei Sacré-CÅur getan
haben. Nicht reden wäre sehr schön.
Ich öffne die Tür und stoÃe mit jemandem zusammen. Das Lokal
ist bis auf den letzten Platz besetzt. Sonntags ist offensichtlich immer viel
los. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und versuche, auf die Bühne zu
spähen. Virgil ist da. Er rappt. Und stolziert dabei auf und ab. Dem Publikum
gefällt es. Sie feuern ihn in zehn verschiedenen Sprachen an. Er ist bereits
fast am Ende von Iâm
Shillinâ angekommen. Ich kenne es von seiner CD .
⦠I âm not somebody
Till Iâm wearing LV
A pony, a gator
A big shiny G
Call me a sellout
But Iâll make ya shell out
Buy this watch, drink that tea
Youâll be just like me
Selling sneakers, selling coffee
The money sweeter than toffee
Selling jewelry, selling cars
Yeah, itâs welfare for stars
She was the shit
Made arthouse a hit
Just ask Brad Pitt
Then she quit
Now sheâs pimpinâ vitamin water
And tellin me I oughta
Buy a bottle of skunkjuice
From her girl Esther Lauder
He had the beats, had the swagger
He was more than a bragger
Sold his rhymes
Many times
Now heâs rich as Mick Jagger
He said, I had to get real
Make a deal
Work my spiel
Get my face on the box
Of your kidâs Happy Meal
I bowed down to the clown
Cuz I wanted the crown
The silk dressing gown
The penthouse uptown
Now Iâm a Bolivar smoker
Playing craps, playing poker
Iâm a big power broker
And Diddyâs a joker
Sell your music, your art
Sell your soul,
Weitere Kostenlose Bücher