Das Blut der Unschuldigen: Thriller
ebenfalls Spione, nur dass er dem Allmächtigen diente und sie ihrer jeweiligen Regierung. Er spürte, wie ihm die Hitze im Raum zu schaffen machte.
»Dann haben Sie die Güte, uns Ihre Gedanken mitzuteilen«, gebot der Kardinal.
»Dazu müsste ich weitergehende Informationen haben. Diesem Bericht zufolge könnte etwas an der Sache sein, aber ebenso ist es möglich, dass nichts dahintersteckt. Sicher scheint mir einzig und allein zu sein, das die Gruppe den Anschlag verübt hat.«
»Das ist leider alles, was wir sagen können«, gab der Ältere matt zurück. »Ich wollte, wir wüssten mehr darüber. Genau
das ist ja der Grund, warum wir Sie um Unterstützung gebeten haben.«
Der Kardinal schwieg, und Sagardía beschloss, es ihm gleichzutun. Ihm war klar, was der Kardinal dachte: Sie schuldeten diesen beiden Männern nichts, deren Anwesenheit er als ausgesprochen unbehaglich empfand. Er hatte sie empfangen müssen, weil Bischof Pelizzoli, Leiter der Abteilung »Politikanalyse Auswärtiges«, nicht im Haus war. Da aber der italienische Innenminister auf die Dringlichkeit der Angelegenheit hingewiesen hatte, war der Kardinal bereit gewesen, die beiden zu empfangen.
»Das ist ein schwierig zu lösendes Rätsel«, sagte der junge Priester wie zu sich selbst.
Eine Weile beobachtete er die beiden und überlegte, welche Art von Mann und Spion sie sein mochten. Der Ältere mit dem silbrigen Haar, Lorenzo Panetta, wirkte selbstsicher und schien von der Großartigkeit des Raumes, dessen Deckengemälde von Raffael stammte, nicht sonderlich beeindruckt. Er war ein hoher Beamter des Sicherheitsdienstes, ehemaliger Angehöriger des militärischen Geheimdienstes, der Rangstufe um Rangstufe emporgestiegen war und sich später der Politik verschrieben hatte.
Der Jüngere, den man ihnen als Matthew Lucas vorgestellt hatte, war Sagardías Einschätzung nach höchstens fünfunddreißig Jahre alt. Er machte einen militärischen Eindruck und schien nicht nur von der Örtlichkeit, sondern auch von der Aufgabe, die sie in den Vatikan geführt hatte, überfordert. Als Verbindungsmann eines amerikanischen Geheimdienstes arbeitete er mit den Organen zusammen, die in der Europäischen Union den Kampf gegen den Terror koordinierten.
Sagardía riss sich aus seiner Lethargie und wandte sich seiner
Aufgabe zu. Er las mit großer Aufmerksamkeit die Wörter und Satzfetzen auf den Blättern, die man ihm vorgelegt hatte. Diesmal nahm er deren Sinn auf.
»Wann und wie ist das hier in Ihren Besitz gelangt?«, fragte er die Männer, ohne sich an einen Bestimmten zu wenden.
»Man hat das in der Wohnung gefunden, in der sich das Kommando der Gruppe in die Luft gesprengt hat«, sagte der Ältere. »Leider sind es nur Reste halb verbrannter Papiere, aus denen man im Labor einige Sätze hat rekonstruieren können. Das liegt jetzt vier Tage zurück.«
»Und was beunruhigt Sie daran so sehr?«
Die beiden sahen einander an, bevor Panetta antwortete: »Es gibt dem, was wir berichtet haben, nichts hinzuzufügen. Der Mann, dem die Antiterrorbrigade von Interpol seit Monaten auf der Fährte ist, heißt Milan Karakoz. Dieser saubere Herr vermittelt nicht nur bei Bedarf Auftragsmörder, sondern liefert auch Informationen sowie Waffen und Sprengstoff, unter anderem an die Gruppe .«
»Müsste nicht ein solcher ›sauberer Herr‹ gerissen genug sein, den Anfängerfehler zu vermeiden, dass sein Name auf einem Papierfetzen auftaucht, den Terroristen in den Trümmern der Frankfurter Wohnung hinterlassen haben?«
»Woher hätte er wissen sollen, dass jemand seinen Namen auf ein solches Blatt geschrieben hat?«, fragte Panetta.
»Wie Sie unserem Bericht entnehmen können«, fügte Lucas hinzu, »stand die deutsche Polizei im Begriff, das Kommando festzunehmen, von dem wir annehmen, dass es zwei Tage zuvor das Kino in der Stadtmitte von Frankfurt in die Luft gejagt hatte. Sie wissen ja, wie diese Leute ticken: Lieber bringen sie sich um, als dass sie sich verhaften lassen. Die Polizei hat sie aufgefordert, aus der Wohnung herauszukommen, in
die sie sich geflüchtet hatten, und hinzugefügt, andernfalls werde man sie stürmen. Daraufhin haben sie sich in die Luft gesprengt, zuvor aber zahlreiche belastende Papiere verbrannt. Dabei ist eine Anzahl winziger Stückchen übrig geblieben. Bei deren Untersuchung im Labor ist es gelungen, einige der darauf enthaltenen Wörter lesbar zu machen, darunter den Namen Karakoz. Wir haben also Grund anzunehmen, dass die Leute
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