Das Blut der Unschuldigen: Thriller
sind Sie genau der richtige Mann für diese Aufgabe. Sie besitzen nicht nur eine außerordentlich scharfe analytische Begabung,
sondern verstehen es auch, bei Nachforschungen mit Ihrer Umgebung förmlich zu verschmelzen. Diese Gaben hat Ihnen Gott verliehen, sie gehören nicht Ihnen. Bisher haben Sie sie im Dienste der Kirche eingesetzt – geben Sie jetzt nicht auf, nicht in dieser Situation.«
»Ich möchte nichts als Priester sein.«
»Das sind Sie auch, und zwar ein Gotteskrieger in vorderster Kampflinie, Es geht nicht darum, was man tun möchte, sondern darum, was man tun muss. Stattdessen wollen Sie fahnenflüchtig werden.«
»Sie wissen, dass es keine Flucht ist!«, rief der Priester aus.
»Mir ist bekannt, dass Sie eine Glaubenskrise haben!«, gab der Kardinal lautstark zurück. »Meinen Sie etwa, dass Sie der einzige Priester sind, dem das widerfährt, der einzige, der sich nach dem Sinn seines Tuns und seines Lebens fragt?«
»Ich habe nicht den geringsten Zweifel, was meine Berufung zum Priesteramt angeht, sondern ausschließlich mit Bezug auf das, was ich tue und bisher getan habe. Ich habe nicht den Eindruck, entsprechend den Geboten unseres Herrn Jesus Christus gelebt zu haben.«
Dem Kardinal war klar, dass er verloren hatte und er Sagardía auf immer verlieren würde, wenn er ihn jetzt zum Nachgeben zwang.
»Schön. Wer könnte sich Ihrer Ansicht nach mit dieser Sache befassen?«
»Vielleicht Domenico Gabrielli? Ohnehin ist er Fachmann für Islamfragen. Sofern das alles tatsächlich mit Islamisten zu tun hat, eignet sich niemand besser für die Aufgabe als er.«
»Ich werde dem Heiligen Vater sagen, dass Sie fortgehen. Er wird mit Ihnen sprechen wollen, Sie wissen ja, wie sehr er Sie schätzt.«
»Danke.«
»Danken Sie mir nicht, Sie haben mir keine Wahl gelassen.«
»Warum der Priester nur so widerborstig war? So wie er uns behandelt hat, bin ich mir vorgekommen, als wäre ich ein Geistesgestörter, der mit einer Ufo-Geschichte in den Vatikan gekommen ist.«
»Ja, der Mann war hochgradig unangenehm«, gab Panetta zurück. »Allerdings denke ich, er wird tun müssen, was man ihm aufträgt.«
»Im Vatikan ist es schon großartig«, fuhr Lucas fort. »Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal von innen zu sehen bekommen würde. Ganz was anderes als die Peterskirche oder die vatikanischen Museen. Auch der Kardinal hat mich beeindruckt.«
»Er nimmt in der Kurie eine bedeutende Stellung ein. Zwar ist er nicht unmittelbar für den Vatikanischen Geheimdienst zuständig, aber man kann doch sagen, dass alle wichtigen Informationen über seinen Schreibtisch gehen.«
»Vatikanischer Geheimdienst?«
»Wo haben Sie denn Ihre Ausbildung bekommen? Wissen Sie etwa nicht, dass der Vatikan über einen der besten Informationsdienste auf der Welt verfügt? Ihm entgeht nichts, aber er hütet sein Wissen äußerst eifersüchtig. Falls die uns unterstützen, wird das unsere Aufgabe sehr erleichtern.«
»Warum wollten Sie eigentlich unbedingt, dass uns die Leute helfen? Nur weil auf einem Papierstückchen ›Heiliger‹ und auf einem anderen ›römisches Kreuz‹ steht?«
»Das könnte als Motiv genügen, aber außerdem habe ich das Gefühl, dass sehr viel mehr hinter der Sache steckt, als wir uns vorstellen können. Wenn sich das tatsächlich so verhält,
sind wir unbedingt auf die Mitwirkung des Vatikans angewiesen.«
»Mit dieser Ansicht stehen Sie aber ziemlich allein da. In Brüssel ist man keineswegs einhellig der Meinung, dass man ihn in die Sache hätte mit hineinziehen sollen.«
»Soll ich Ihnen mal was sagen? Zwischen den Politikern und Analytikern, die nie aus ihren Büros rauskommen, und Leuten wie mir, die ihr Studium auf der Straße absolviert haben, besteht ein himmelweiter Unterschied.«
»Was für ein Studium?«
»Alles, was ich kann und weiß, habe ich im Streifendienst gelernt, bei der Verfolgung von Straftätern auf der Straße. Sie dürfen sich darauf verlassen, dass ich genau weiß, wann hinter einer Sache mehr steckt, als man sieht.«
»Aber Sie sind doch schon seit vielen Jahren … nun ja, in hoher Position tätig?«
»Sicher. Aber sehen Sie sich mal meine und Ihre Hände an.«
»Wozu?«
»Sie haben Bürohände, ich hingegen … ach, lassen wir das. Ich habe eben so ein Gefühl, und es kann unserer Sache auf keinen Fall schaden, wenn die Leute vom Vatikan mitmachen.«
»Ich verlasse mich lieber auf die Unterstützung von wirklichen Spezialisten. Haben Sie die
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