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Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Titel: Das Blut der Unschuldigen: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro , K. Schatzhauser
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besessen.«
    Als sie allein waren, holte Aguirre eine Flasche Tresterschnaps hervor und goss etwa einen Finger hoch in ein Glas und etwas mehr in das andere.
    »Wir wollen deine Heimkehr feiern, auch wenn dir sicher manches schwerfallen wird. Auch ich hatte damals Schwierigkeiten. Es gab sogar Augenblicke, in denen ich kurz davor stand, nach Rom zurückzukehren, weil ich hier zu ersticken glaubte. Außerdem hatte mich der Hochmut in seinen Fängen. Jeden Tag, wenn ich Zeitung las oder die Nachrichten im Fernsehen sah, musste ich daran denken, dass dahinter immer weit mehr steckt, als der einfache Bürger sieht und weiß, und ich konnte nicht fassen, dass ich an diesem Spiel nicht mehr teilnahm. Es hat Jahre gedauert, bis ich meinen Hochmut besiegt habe und mit mir ins Reine gekommen bin.«
    Dieses Geständnis verblüffte Sagardía. Der alte Jesuit besaß nach wie vor die Fähigkeit, in seiner Seele zu lesen, und spürte die Verwirrung, gegen die er anzukämpfen versuchte.
    »Ich schaffe das schon«, gab er lächelnd zurück. »Schließlich war es ja meine eigene Entscheidung.«
    »Aber warum nur? Ich meine, warum jetzt?«
    »Weil ich das alles satthabe und mein eigentliches Ziel aus den Augen verloren hatte. Ich wollte Priester werden, um den anderen zu dienen. Der Sinn von Christi Lehre liegt darin, so zu leben wie er, und das heißt, denen zu helfen, die es wirklich brauchen. Und was habe ich getan?«
    »Du machst mir also Vorwürfe, dass ich dich in diese Position gebracht habe?«
    »Nicht die Spur! Das darfst du auf keinen Fall denken. Ich war und bin dankbar für alles, was du mir ermöglicht hast. Es wäre mir sehr unangenehm, wenn du meine Worte falsch auffassen würdest …«
    »Keine Sorge, das tue ich nicht. Du ahnst gar nicht, wie sehr ich dich verstehe, Ovidio – nur möchte ich die Gründe wissen.«
    »Das Attentat auf den Papst damals hat mir sehr zugesetzt. Ich habe mich seither immer schuldig gefühlt.«
    »Er hat dir aber nie Vorwürfe gemacht.«
    »Das stimmt. Er hat mir nie die geringste Vorhaltung gemacht, weil er in seiner Güte stets allen Menschen ihre Fehler verziehen hat. Da er gespürt hat, wie bedrückt ich war, hat er mich immer wieder zu trösten versucht. Aber dennoch … Ich bin mir darüber klar geworden, dass ich mich gewissermaßen auf ein weltliches Dasein eingelassen hatte und nichts von meinem Tun in Beziehung zu meinem seelsorgerischen Auftrag stand. Mir blieb kaum Zeit, an Gott zu denken. Zwar gehörte ich seinem ›Geheimdienst‹ an, wie du immer sagst, aber ich hatte keine einzige Minute lang das Gefühl, mit Ihm selbst in Verbindung zu stehen. Ich habe meine Gebete mechanisch heruntergeleiert. Das aber wollte ich nicht. Natürlich hast du Recht, das neue Leben wird mir schwerfallen, aber es wird meiner Seele guttun.«
    »Wir wollen beten, dass es sich so verhält.«
     
    Später gingen sie zur Kirche, um dort mit den Patres Santiago und Mikel zusammenzutreffen. Santiago war von einigen Jugendlichen umgeben, die einer Gruppe zur Hilfe Bedürftiger
angehörten, während Mikel Ezquerra die Totenmesse las. Anschließend stellte er Sagardía einigen Gemeindemitgliedern vor. Pater Santiago begrüßte ihn mit festem Händedruck und einem ebenso freundschaftlichen wie kräftigen Schlag auf die Schulter und lud ihn ein, sich zu ihm und den jungen Leuten zu gesellen, denn dann könne er gleich anfangen, ihn in seine Aufgaben einzuweihen.
    »Sind Sie Baske?«, wollte ein junges Mädchen wissen.
    »Ja, aber ich war schon lange nicht mehr hier«, gab Sagardía zur Antwort.
    »Und was halten Sie von dem, was hier passiert?«, fragte ihn ein hochgewachsener Jugendlicher mit nervösem Augenzucken.
    »Was passiert denn deiner Ansicht nach hier?«
    »Man beschneidet unsere Freiheit«, gab der Junge mit schriller Stimme zurück.
    »Schluss jetzt!«, beschied ihn Pater Santiago. »Wir sind zusammengekommen, um zu überlegen, wie wir denen im Stadtviertel helfen können, die das am dringendsten brauchen. Was unsere Freiheit betrifft …«
    »Sie als Andalusier verstehen uns eben nicht, auch wenn Sie sonst ein toller Priester sind«, unterbrach ihn ein noch ziemlich junges Mädchen.
    »Ach, du meinst, weil ich aus Andalusien stamme, bin ich unfähig zu begreifen, was hier los ist? Ich will euch sagen, was hier los ist: In unserem Viertel leben rumänische Einwanderer, denen es dreckig geht. Sie sind Landfahrer, hausen hier in Notunterkünften und schicken ihre Kinder nicht in die Schule. Wir

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