Das Blut der Unschuldigen: Thriller
überzeugt, dass es eines Tages zu einer Konfrontation zwischen der Familie d’Amis und mir kommen würde.«
»Professor Arnaud?«, sagte Pater Domenico in fragendem Ton. Genau wie Ovidio Sagardía verstand er nicht, wovon die beiden sprachen.
»Ein französischer Historiker, Spezialist für die Epoche, in der sich in seinem Land die Ketzerei der Katharer ausgebreitet hatte. Der Vater des gegenwärtigen Grafen d’Amis hat ihn gebeten, die Echtheit von Bruder Juliáns Chronik zu bestätigen, die Arnaud später veröffentlicht hat. Im Verlauf von in diesem Zusammenhang unvermeidlichen beruflichen Kontakten mit dem Grafen hat Arnaud sowohl vor dem als auch während des Krieges mitbekommen, dass mehrere pronazistisch eingestellte Deutsche Gäste in der Burg waren. Obwohl ihm der Graf so wenig traute wie er diesem, hat Arnaud dort so manches gesehen und gehört.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Chronik etwas mit dem Anschlag in Frankfurt zu tun haben soll«, rief Pater Ovidio aus.
»Das hat sie sicher nicht. Aber wir wissen inzwischen, dass
es eine Verbindung zwischen dem Waffenschieber Karakoz und dem Grafen gibt, der nebenbei bemerkt ein äußerst schillernder Charakter zu sein scheint«, erklärte der Bischof.
»Und wie hängt das jetzt mit diesem Professor Arnaud zusammen?« , wollte Pater Domenico wissen.
»Nur indirekt. Die Nazis haben seine jüdische Frau in Deutschland ermordet. Seinen einzigen Sohn David haben kurz nach Kriegsende Araber in Palästina bei einem Feuerüberfall auf einen Kibbuz getötet.«
»Wie schrecklich!«, rief Pater Ovidio bedrückt aus.
»Körperlich hat Arnaud seinen Sohn noch eine Weile überlebt, aber der Tag, an dem dieser begraben wurde, war sein eigentlicher Todestag.«
Pater Ignacio setzte sich dem Bischof gegenüber und begann die Dokumente zu lesen, die dieser bereitgelegt hatte.
»Möglicherweise könnte ich in Brüssel am Zentrum zur Terrorismusabwehr mehr bewirken als hier«, sagte er nach einer Weile.
»Meinen Sie?«
»Ja. Ich denke, ich sollte mich mit den Leuten kurzschließen, die in dem Fall ermitteln.«
»Dann wollen wir den Leiter des Zentrums anrufen. Vielleicht sprechen Sie erst mit ihm. Dann können Sie sich immer noch überlegen, was Sie tun wollen. Der Kardinal Staatssekretär hat mich angewiesen, so eng mit den Leuten zusammenzuarbeiten, wie es uns möglich ist«, sagte der Bischof.
Eine Minute später sprach Ignacio Aguirre mit Hans Wein. Er erfuhr die jüngsten Neuigkeiten und erbot sich sogleich, am nächsten Tag nach Brüssel zu kommen. Erfreut nahm Wein das Angebot an.
Auf die Bitte des Bischofs nach seiner Einschätzung des
Falles erklärte Aguirre: »Wir sollten die Möglichkeit nicht ausschließen, dass dieser Graf Verbindung mit irgendeiner verbrecherischen Gruppe aufgenommen hat, um unserer Kirche zu schaden.«
Überrascht sah der Bischof den alten Jesuiten an. Die Vorstellung, Aguirre könne mit seiner Vermutung Recht haben, ließ den Bischof erschauern.
»Die vor dem Verbrennen bewahrten Wörter standen auf unterschiedlichen Blättern, so dass es zwischen ihnen keinen unmittelbaren oder auch nur für uns erkennbaren Zusammenhang gibt. Trotzdem könnte beispielsweise der Name ›Lothar‹ einen Sinn haben.«
»Inwiefern?«, erkundigte sich Pater Ovidio.
»Weil sich zwischen ihm und den Grafen d’Amis eine Beziehung herstellen lässt. Lothar dei Conti, besser bekannt als Papst Innozenz III., hat den Kreuzzug gegen die Albigenser ausgerufen.«
»Es gibt aber doch keinen Beweis dafür, dass sich der Name Lothar auf diesen Papst bezieht«, wandte Pater Domenico ein.
»Das stimmt. Doch was ist mit dem Wort ›Blut‹? Könnte damit nicht das Blut der Unschuldigen gemeint sein? Bruder Julián schreibt am Ende seiner Chronik, dass eines Tages jemand das Blut der Unschuldigen rächen werde.«
»Bruder Julián! Du bist von dieser Chronik ja geradezu besessen!«, rief Pater Ovidio ärgerlich aus. »Du willst uns doch nicht weismachen, dass dadurch ein Zusammenhang mit dem Anschlag von Frankfurt besteht?«
»Natürlich kann ich darüber nichts Konkretes sagen – aber warum den Gedanken von vornherein verwerfen? Ich kenne den Grafen. Man hat ihn zum Hass erzogen.«
»›Es wird fließen das Blut im Herzen des Heiligen‹…«, murmelte Pater Domenico.
»Das kann auf einen Anschlag hinweisen. Dann haben wir das Wort ›Kreuz‹ … Wenn es etwas gab, was den Katharern zuwider war, dann das Kreuz«, fuhr Pater Aguirre
Weitere Kostenlose Bücher