Das Blut der Unschuldigen: Thriller
das viele Geld, wo sie doch sterben mussten?
»Mit Geld lässt sich der Verlust eines Lebens nicht aufwiegen, doch es kann euren Angehörigen helfen, die künftig ohne eure Unterstützung auskommen müssen. Es ist besser, wenn ich es euch in bar übergebe. Wenn man euren Angehörigen eine halbe Million auf das Konto überwiese, würden die Behörden sofort misstrauisch.«
»Aber … das ist nicht nötig … Mein Vater verdient, was er zum Leben braucht«, erklärte Mohammed.
»Wenn er seine beiden Kinder verliert, hat er niemanden, der im Alter für ihn sorgt. Und was soll aus deiner Frau und deinen beiden Kindern werden, wenn du nicht mehr da bist? Deine Leute, Ali, leben in Armut, und dies Geld wird es ihnen ermöglichen, in Marokko ein Geschäft zu eröffnen.«
»Danke«, sagte Ali. »Meine Angehörigen werden euch dafür auf alle Zeiten preisen.«
»Dankt mir nicht. Die Gruppe lässt die Ihren nie im Stich. Jetzt wollen wir noch einmal durchgehen, wie ihr nach Santo Toribio gelangt und wo der Sprengstoff versteckt wird.«
Omars Plan war einfach, und sie hatten schon des Öfteren darüber gesprochen. Sie würden sich einer überwiegend aus jungen Leuten bestehenden Pilgergruppe anschließen, die in den Genuss des Jubiläumsablasses gelangen wollten. Die Busse fuhren selbstverständlich im Auftrag von Omars Reisebüro, und da einer der Fahrer der Gruppe angehörte, konnte er die Sprengstoffgürtel in einer Reisetasche im Kofferraum verstecken. Sie würden am frühen Donnerstagmorgen fahren und zusammen mit den anderen Pilgern in einem Hotel des Dorfes Potes übernachten. Am Freitag würden sie um zwölf Uhr mittags, der für den Gottesdienst vorgesehenen Stunde, zum Kloster emporsteigen. Da es in der Gruppe viele Gleichaltrige gab, würden Mohammed und Ali nicht auffallen. Dann brauchten sie nur noch das Kloster mitsamt allem, was sich darin befand, zu sprengen, wobei sie darauf zu achten hatten, dass von dem kleinen Raum, der in einem vergoldeten Silberschrein das größte Stück des Kreuzes enthielt, das es auf der ganzen Welt gab, nichts, aber auch gar nichts, übrig blieb.
Omar lächelte befriedigt. Er hatte nicht den geringsten Zweifel am Gelingen des Planes.
»Ihr wisst ja, dass al-Bashir euer Vorhaben besonders am Herzen liegt. Ich vertraue euch, ihr werdet es zum Erfolg führen.«
»Und Hakim?«, fragte Mohammed.
»Er ist immer noch in Jerusalem. Auch er hat seine Anweisungen bekommen. Sein Bruder wird, wie ihr wisst, hier im Dorf sein Amt übernehmen. Er sieht es als Ehre an, die Stelle eines Helden wie Hakim einzunehmen. Er bekommt von mir die gleiche finanzielle Unterstützung wie ihr.«
Gleich darauf trat Hakims Bruder mit einem Jungen ein, den sie schon früher im Haus gesehen hatten. Dieser stellte ein
Tablett mit dampfenden Teegläsern und Mandelkonfekt auf den Tisch.
Omar bediente sich völlig entspannt, während Mohammed und Ali ihre Unruhe kaum verbergen konnten.
Mohammed, dem nicht entgangen war, dass Omar vom Verlust beider Kinder seines Vaters gesprochen hatte, hoffte im Stillen auf eine Gelegenheit, mit Omar über Laila zu sprechen. Da sich diese Gelegenheit nicht von selbst bot, bat er ihn schließlich um eine Unterhaltung unter vier Augen.
Hakims Bruder verließ mit Ali den Raum.
»Was willst du?«, fragte Omar kurz angebunden.
»Du hast vorhin gesagt, dass meine Eltern beide Kinder verlieren werden…«
»So ist es.«
»Laila …«
»Sie muss sterben. Dein Vater hätte das Problem längst selbst aus der Welt schaffen müssen. Wir können nicht zulassen, dass sie weiterhin Unruhe stiftet. Das Beispiel deiner Schwester richtet unter unseren Frauen großen Schaden an, vor allem unter den jüngeren. Ich habe dich gebeten, dafür zu sorgen, dass die Sache erledigt wird.«
»Schon, aber dann hast du gesagt, ich soll nichts unternehmen.«
»Ja, weil du dich nicht in Gefahr bringen darfst. Du hast einen Auftrag, der den Ruhm des Islam mehren wird.« Bei diesen Worten lächelte Omar befriedigt.
»Wer … wer wird es tun?«, brachte Mohammed heraus.
»Wie du weißt, muss die Familienehre von den eigenen Angehörigen gewahrt werden. Einer deiner Vettern wird es tun. Er kommt in wenigen Tagen aus Marokko.«
Jetzt verstand Mohammed die Zusammenhänge. Sein Vater
hatte ihm mitgeteilt, sein jüngerer Bruder werde einen seiner Söhne nach Granada schicken, dem er bei der Arbeitssuche helfen solle. Selbstverständlich werde er bei ihnen im Hause wohnen. Der Vater schien nicht zu
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