Das Blut der Unschuldigen: Thriller
mir nicht recht, wenn du bis zum Ende deiner Tage in einem türkischen Gefängnis vermodern würdest.«
»Du weißt, dass sie uns nicht lebend fassen werden.«
»Das ist der einzige Punkt, der mir Sorgen macht. Diese Schweine sind zu allem fähig.«
Oberst Halman und sein Team hörten deutlich jedes Wort dieser Unterhaltung zwischen Ylena und ihrem Bruder. Einen Augenblick lang fühlte Halman sich versucht, nach nebenan zu stürmen und die Terroristen zu fragen, wer das größere Schwein sei – er, der noch nie im Leben jemanden kaltblütig umgebracht habe, oder sie, die ein Blutbad anrichten wollten.
Ihm war klar, dass eine große Zahl Unschuldiger sterben würde, falls diesen Leuten ihr Vorhaben gelang. Tag für Tag besuchten außer den türkischen Schulklassen, die man durch den ehemaligen Sultanspalast führte, Hunderte von Touristen aus der ganzen Welt das Topkapi.
Er beschloss, Panetta anzurufen, um ihm mitzuteilen, dass er das Kommando festnehmen werde. Da keiner der vier mit irgendjemandem Kontakt aufgenommen hatte und auch niemand versucht hatte, mit ihnen in Verbindung zu treten, war es seiner Ansicht nach sinnlos, noch länger zu warten. Auch die beiden Männer des Jugoslawen, die für die Bewachung der Attentäter abgestellt zu sein schienen, waren mit niemandem zusammengetroffen.
Panetta hörte sich die Ausführungen des Obersts an und bat ihn, noch zu warten, bis die Attentäter das Topkapi erreichten. »Möglicherweise wartet dort jemand auf sie. Ich glaube nicht, dass damit ein zu großes Risiko verbunden wäre.«
»Ich aber. Die Leute haben mit keiner Silbe erwähnt, wo der Sprengstoff versteckt ist. Wenn jetzt einer von denen Verrat wittert oder die Nerven verliert, können die das Zeug an jeder beliebigen Stelle zünden. Ich denke nicht, dass wir das Risiko eingehen sollten.«
»Es ist doch klar, dass der Sprengstoff in dem Rollstuhl sein muss. Der dient nur zur Tarnung. Die Frau ist genauso gut zu Fuß wie Sie und ich. Wenn die Leute bisher nichts gemerkt haben, werden sie wohl auch jetzt nicht misstrauisch werden. Bitte lassen Sie sie unbehelligt, bis sie am Topkapi sind … wenn nicht gar unmittelbar vor dem Raum, wo die Reliquien des Propheten aufbewahrt werden. Wie gesagt, möglicherweise wartet dort ein Kontaktmann auf sie.«
»Sie sind ja verrückt! Wie können Sie glauben, dass ich
denen gestatten werde, sich unseren Reliquien zu nähern? Um nichts in der Welt werde ich zulassen, dass diese Ungläubigen auch nur in die Nähe von Gegenständen gelangen, die unserem Propheten gehört haben.«
»Es geht darum, den richtigen Zeitpunkt zu finden. Ich weiß, dass es nicht einfach ist, aber es müsste möglich sein.«
»Nein, ich denke nicht daran. Von mir aus warten wir, bis sie am Topkapi sind, dort aber werde ich sie festnehmen. Beten Sie, dass nichts passiert. Wir sind jederzeit zur Zusammenarbeit mit Ihnen bereit, aber nicht um den Preis, dass wir ein Blutbad zulassen.«
»Das verlangt ja auch niemand. Ich möchte nur, dass Sie feststellen, ob die Leute Komplizen haben.«
»Über den Augenblick der Festnahme entscheide ich«, beharrte der Oberst.
»Selbstverständlich, Sie sind schließlich an Ort und Stelle.«
Als Panetta aufgelegt hatte, stieß er missmutig den Aschenbecher von sich.
»Mein Gott, ist der Mann empfindlich!«
»Er hat eine schwere Verantwortung übernommen«, gab Kommissar Moretti zurück, der mitgehört hatte.
»Das geht uns allen so. Aber wir müssen jede sich bietende Gelegenheit nutzen. Wir müssen unbedingt wissen, ob die Frau Verbindung mit jemandem aufnimmt.«
»Wenn sie das bisher nicht getan hat, ist unwahrscheinlich, dass sie es im letzten Augenblick noch tun wird. Ich möchte nicht in der Haut dieses Halman stecken: Wenn er sie nicht rechtzeitig festnimmt, steht er vor einem Scherbenhaufen.«
»Sie haben Recht. Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass es hier nicht zu einer Katastrophe kommt, und wissen nach wie vor nicht, wo wir anfangen sollen.«
Die vier verließen das Zimmer und begaben sich zum Aufzug, wo bereits ein Ehepaar wartete. Ylena achtete nicht besonders auf die beiden. Ihre Kusine schob den Rollstuhl, links und rechts davon gingen Bruder und Vetter.
Ihr Vetter holte den gemieteten Kleinbus und hob Ylena mit Hilfe des Hotelportiers hinein.
Wegen des dichten Verkehrs brauchten sie über eine halbe Stunde bis zum Topkapi.
Sie fuhren zum Busparkplatz und erklärten den Wächtern, die sie weiterwinken wollten, dass sie eine
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