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Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Titel: Das Blut der Unschuldigen: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro , K. Schatzhauser
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Menschen denken mochten, die ihn sahen.
    Völlig durchnässt kam er in seinem vorläufigen Zuhause an. Er suchte sogleich sein Zimmer auf, weil er in diesem Zustand nicht gesehen werden wollte, doch Inge Schmid folgte ihm besorgt.
    »Entschuldigung, ich möchte Sie nicht belästigen. Aber haben Sie etwas erfahren? Ist irgendetwas geschehen?«
    Er sah sie unter Tränen an und brachte kein Wort heraus. Scheu trat sie auf ihn zu und nahm ihn tröstend in die Arme. Dann verließ sie den Raum, um ihm Gelegenheit zu geben, sich zu fangen.
    Nach wenigen Minuten kam er wieder heraus.
    »Ich war heute Morgen in der Botschaft.«
    Sie wartete, bis er von selbst weitersprach, weil sie seinen Schmerz nicht vergrößern wollte.
    »Meine Frau hat sich in einen Geist verwandelt. Sie scheint einfach nicht mehr zu existieren. Ich kann jetzt nur noch auf das Ergebnis der Nachforschungen Baron von Steiners warten, vorausgesetzt, er unternimmt welche.«
    »Das tut er bestimmt. Andernfalls hätte er sich nicht die Mühe gemacht, sich von Ihnen die Angaben über Ihre Frau und deren Verwandte geben zu lassen. Vielleicht hat er ja mehr Glück.«
    »Ich weiß nicht recht. Das Schlimmste ist, dass mir nicht einfällt, was ich noch tun könnte. Ich weiß, dass sie irgendwo in dieser Stadt ist, aber wo? Ich habe schon überlegt, ob ich eine Zeitungsanzeige aufgeben soll.«
    »Das scheint mir ein guter Gedanke zu sein. Vielleicht hat jemand sie gesehen und kann Ihnen einen Hinweis geben. Auf jeden Fall dürfte es den Versuch wert sein. Ich kann Sie am Nachmittag gern zur Zeitung begleiten, heute habe ich keine weitere Arbeit zu erledigen.«
    Sie gaben die Anzeige in den wichtigsten Blättern der Stadt auf und setzten eine kleine Belohnung für jeden Hinweis aus, der zu Miriam führte. Inge Schmid war überzeugt, dass dies Vorgehen Erfolg haben werde, und Arnaud redete sich ein, sie könne damit Recht haben.
    Das Abendessen nahmen sie schweigend ein. Jedes Wort wäre zu viel gewesen.
    Am folgenden Tag brachten die Zeitungen die Anzeige mit Miriams Bild. Arnaud blieb den ganzen Tag im Hause, doch niemand meldete sich. Am übernächsten Tag kam ein Anruf:
Die Sekretärin des Barons forderte ihn auf, am Nachmittag ins Büro zu kommen.
    Zum ersten Mal seit seiner Kindheit betete er aus tiefstem Herzensgrund. Er hoffte, etwas über Miriams Aufenthalt zu erfahren. Die Vorstellung, dass sie spurlos verschwunden sein sollte wie ein Geist, war ihm unerträglich.
    Der Baron empfing ihn stehend, um anzudeuten, dass die Unterhaltung nicht lange dauern werde.
    »Professor Arnaud, in Hinblick auf meine Freundschaft mit dem Grafen d’Amis, der mich gebeten hat, Sie zu unterstützen, habe ich versucht, etwas über den Aufenthalt Ihrer Frau in Erfahrung zu bringen. Wie ich sehe, haben Sie sich inzwischen sogar an die Zeitungen gewendet …«
    »Ich bin völlig verzweifelt«, erklärte Arnaud. »Ich würde alles mir Mögliche tun, um sie zu finden.«
    »Nun, ich habe einige wichtige Persönlichkeiten mit der Sache belästigt, und sie haben sich auch hinreichend dafür interessiert, um mir eine befriedigende Antwort geben zu können. Allerdings muss ich Ihnen zu meinem Bedauern mitteilen, dass das Verschwinden Ihrer Frau nach wie vor ein Rätsel ist. Man hat den Zugschaffner und auch andere Bahnbeamte befragt. Niemand kann sich erinnern, sie gesehen zu haben. Man hat sie überall gesucht, in …«
    Zur Verblüffung des Barons fiel ihm Arnaud ins Wort. »… in Krankenhäusern, auf Polizeiwachen, in Gefängnissen … nirgends eine Spur von ihr. Als gäbe es meine Frau gar nicht oder als hätte sie nie einen Zug nach Berlin genommen.«
    Mit einer Handbewegung gab ihm der Baron seinen Ärger über die Unterbrechung zu verstehen. Der Mann ging ihm ebenso auf die Nerven wie damals, als ihn d’Amis seinen anderen Gästen vorgestellt hatte.
    »Sie wollen sich die Wahrheit nicht eingestehen.« »Und wie sieht diese Wahrheit Ihrer Ansicht nach aus, Herr Baron?«
    »Dass Ihre Gattin aus freien Stücken verschwunden ist. Sie hat Sie verlassen. Natürlich ahne ich nicht, warum, aber das ist die einzige denkbare Lösung.«
    »Sie irren sich. Meine Frau ist hier in Berlin angekommen und war in der Wohnung ihrer Verwandten. Ich habe ihren Lippenstift im Badezimmer dieser Wohnung gefunden, die von SA-Leuten verwüstet worden war. Die Verwandten hat man fortgebracht, weil sie Juden sind, vermutlich in ein Arbeitslager. Aber was hat man mit ihr gemacht? Sie ist Französin und

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