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Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Titel: Das Blut der Unschuldigen: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro , K. Schatzhauser
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wiederkommen sollten, fliegen sie in hohem Bogen raus.«
    »Aber sie wohnen hier, der Laden gehört ihnen«, wandte Arnaud ein.
    »Wenn sie nicht wiederkommen, gehört er ihnen nicht mehr, und gute Deutsche kriegen ihn. Wir haben die Juden
lange genug geduldet. Der Führer weiß, wie man mit diesem Gesindel umgeht. Es ist eine Pestbeule am Volkskörper, die man aufstechen muss.«
    Arnaud wollte darauf antworten, doch Inge Schmid drückte fest seinen Arm. Er begriff ihren Hinweis: Sie hielt es für besser, selbst mit Bruning zu sprechen.
    »Ist Ihnen bekannt, wohin man die Nichte der Levis gebracht hat? Wir wissen zweifelsfrei, dass sie hier war, weil wir in der Wohnung etwas gefunden haben, das ihr gehört, und wir wüssten gern …« Sie konnte den Satz nicht beenden, weil die Frau erneut in die Diele gestürmt war und sie wütend der Tür entgegenstieß.
    »Raus hier, dreckige Judenfreunde! Raus hier!« Noch auf dem Treppenabsatz hörten sie ihr Gekeife und das Schreien ihres Mannes.
    Erschöpft und niedergeschlagen klingelten sie an den beiden anderen Wohnungen, aber niemand öffnete. Ihnen war klar, dass man sie durch den Türspion beobachtete.
    Sie gingen in die Wohnung des Ehepaars Levi und suchten erneut so gründlich sie konnten nach weiteren Hinweisen. Sie fanden nichts, doch fiel ihnen auf, dass nach ihnen jemand dort gewesen sein musste, weil manches nicht mehr so war, wie sie es hinterlassen hatten. Inge Schmid äußerte den Verdacht, dass möglicherweise die Polizei auf Ersuchen der Botschaft nach Hinweisen auf die Anwesenheit von Arnauds Frau gesucht habe, was diesen aber nicht zu trösten vermochte. Hier, in diesem Haus, verlor sich Miriams Spur. Hier war sie verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt.
     
    Bei ihrer Rückkehr sahen sie, dass Debora ganz begeistert mit Günter spielte. Traurig hörte sie den Bericht der beiden an und
gab Arnaud, als sie ging, den Rat, nach Paris zurückzukehren.
    »Ich kann mir denken, wie schwer das für Sie sein muss, aber Sie sollten zu Ihrem Sohn zurückkehren – er ist das Einzige, was Ihnen bleibt.«
    »Und meine Frau im Stich lassen? Nie im Leben.«

10
    Die folgenden Tage waren für Arnaud wie ein Alptraum, der kein Ende zu nehmen schien. Er wusste weder, wohin er sich wenden sollte, noch, was er tun konnte. Einige Male fragte er bei der Botschaft nach, nur um zu hören, dass man ihm nichts Neues sagen könne. Auch von den Freunden der Levis bekam er nichts anderes zu hören.
    Mit seiner Zimmerwirtin redete er nicht besonders viel. Sie arbeitete meist von morgens bis abends und saß dann todmüde am Esstisch. Drei- oder viermal bat sie ihn, sich um Günter zu kümmern, weil sie noch einmal aus dem Haus müsse. Eines Tages eröffnete sie ihm, dass sie sich mit Genossen der kommunistischen Partei treffe, die sie wieder in ihre Reihen aufgenommen hatten.
    David wollte unbedingt, dass sein Vater in Berlin blieb und weitersuchte, und die Schwiegereltern unterstützten ihn darin. Die Zeit dehnte sich unerträglich. Er war gekommen, um sich seiner Frau nahe zu fühlen – oder ging es ihm, so fragte er
sich, in Wahrheit eher darum, sein Gewissen zu beschwichtigen? Denn er fühlte sich schuldig. Hatte er nicht zugelassen, dass sie die Reise unternahm?
     
    Eines Vormittags rief ihn Graf d’Amis an und wollte wissen, wann er nach Frankreich zurückzukommen gedenke. Darauf hin erklärte er, dass er bleiben werde, bis er seine Frau gefunden habe. Ohne Umschweife setzte ihn der Graf unter Druck und teilte ihm mit: »Falls Sie nicht sofort zurückkehren und Ihre Arbeit an der Chronik beenden, sehe ich mich genötigt, die Vereinbarung mit Ihnen und Ihrer Universität zu kündigen. Ich bringe durchaus Verständnis für Ihre persönlichen Probleme auf und habe lange genug Geduld bewiesen, doch Sie müssen einsehen, dass ich nicht länger warten kann und will. Außerdem brauche ich Sie hier für Anweisungen an meine Arbeitsgruppe, die inzwischen knapp zwei Dutzend Personen umfasst. Ich darf Sie daran erinnern, dass das Bestandteil unseres Abkommens war. Im Übrigen habe ich bereits mit Ihrem Rektor gesprochen und ihn gebeten, Sie an Ihre Pflichten zu erinnern. Entscheiden Sie sich rasch. Ich habe nicht die Absicht, noch lange zu warten.«
    Er ließ ihm keine Zeit, gegen das Ansinnen aufzubegehren, sondern legte sogleich auf. Schon wenige Minuten später kam ein Anruf von der Universität. Der Dekan der historischen Fakultät gab sich verständnisvoll und herzlich und

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