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Das Blut der Unsterblichen

Das Blut der Unsterblichen

Titel: Das Blut der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Saamer-Millman
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sein. Fünfundzwanzig Milliliter Blut waren genug, um eine Verwandlung einzuleiten.
    Leila ritzte die Haut genau an derselben Stelle ein, wie es Marcus zuvor bei Kristina getan hatte, an der Innenseite ihres Armes, oberhalb des Handgelenkes, wo die Speichenarterie verlief. Mit mikrochirurgischer Präzision öffnete sie die Arterie, sodass Marcus nur noch die Phiole darunterhalten musste, um das auslaufende Blut aufzufangen.
    Als die Phiole gefüllt war, verschloss er sie sorgfältig und steckte sie in seine Jacke zurück. Leila führte den Arm an die Lippen und leckte über die Wunde. Marcus beobachtete staunend, wie schnell sie heilte. Er formte ein stummes Danke und trat auf sie zu, um sie zu umarmen, als er plötzlich ein Geräusch vernahm. Schritte vor der Tür. Er fuhr herum.
    Die Tür wurde geöffnet. „Leila, wo bleibst du denn? Wir warten unten auf dich“, sagte Tian.
    Leila versuchte, entspannt zu wirken, doch sie klang nervös. „Ach so, ja, das habe ich beinahe vergessen. Ich komme sofort.“
    Tian runzelte die Stirn. „Vergessen? Ich habe dir vor zehn Minuten erst bescheid gegeben.“
    Leila lachte gekünstelt. „Ich weiß. Es war nur ein Scherz. Ich komme gleich, okay?“
    Tian warf einen Blick in den Flur, trat dann ins Zimmer und schloss die Tür hinter sich. „Was ist mir dir? Du benimmst dich seltsam.“
    Leilas Lachen klang schrill, fast panisch. „Ach quatsch, was soll denn schon sein? Weißt du was, am besten komme ich gleich mit dir nach unten.“
    Er musterte sie, sein Blick verharrte auf der frisch verheilten Wunde an ihrem Handgelenk. Schnell verbarg Leila ihren Arm. Tians Nasenflügel blähten sich. Er blickte zum Tisch und entdeckte den Schreibblock. Leila schnappte ihn und warf ihn in die Schublade zurück.
    „Was ist hier los?“, fragte er leise.
    „Bitte geh!“, flehte Leila. „ Bitte, Tian!“
    Tian schluckte nervös, sein Körper spannte sich. „Er ist hier, nicht wahr?“
    Sein Blick wanderte Richtung Badezimmer, doch Leila verstellte ihm den Weg. „Bitte geh nach unten, ich komme gleich.“
    Er zögerte, kämpfte mit sich. „Verdammt Leila. Du bringst mich in eine unmögliche Situation.“
    Sie legte eine Hand auf seine Schulter und versuchte, ihn Richtung Tür zu schieben. „Nein, tu ich nicht. Du wurdest in mein Zimmer geschickt, um mich zu holen und genau das hast du auch getan. Ich folge dir jetzt nach unten, okay?“
    Blanches Stimme wehte zu ihnen hinauf. „Tian? Leila? What takes you so long? Are you coming down or do I have to get you?”
    Sie taxierten einander. Die Spannung im Raum war fast greifbar. Jeden Moment würde Blache nach oben kommen, um sie zu holen. Tian ballte die Hände zu Fäusten. In seinen Augen stand eine Mischung aus Enttäuschung und Zorn. Resigniert senkte er den Kopf.
    „We’re on the way, Blanche. Leila insisted to change her dress“, rief er, wandte sich zum Gehen und verließ das Zimmer, ohne sich noch einmal umzublicken. Leila folgte ihm. Beim Hinausgehen warf sie einen letzten Blick in das Badezimmer. Marcus stand im Türrahmen und nickte ihr zu. Sie lächelte traurig und folgte Tian nach unten.

26
     
    Mit einem geschmeidigen Satz sprang Marcus aus dem Fenster und entfernte sich eilig. Er hatte den Schreibblock mitgenommen, damit er nicht versehentlich gefunden wurde, und verstaute ihn nun im Handschuhfach seines Wagens. Erleichterung durchflutete ihn, als er die Klappe schloss. Anscheinend hatte dieser Tian Gefallen an seiner Tochter gefunden, was seine Rettung gewesen war. Jetzt musste er nur noch Kristina das Blut geben. Er zerrte das Handy aus der Hosentasche, denn er wollte sie wissen lassen, dass der Plan geglückt war und er sich auf dem Rückweg befand. Aufgeregt schaltete er es ein. Es zeigte einen Anruf in Abwesenheit. Er rief die Nachricht ab. Kristinas panikerfüllte Stimme erklang. Sie bat ihn, zu kommen, da sie glaubte, dass die Sucher sie gefunden hatten. Marcus fluchte. So kurz vor dem Ziel durfte er nicht versagen. Die Zeitansage der Mailbox teilte ihm mit, dass der Anruf fünf Minuten zuvor erfolgt war, also war es vielleicht noch nicht zu spät.
    Er startete den Wagen und trat das Gaspedal durch. Sein Gehirn folterte ihn mit Bildern von Kristinas blutleerem Leib. Was, wenn er zu spät kam? Das könnte er sich niemals verzeihen. Warum hatte er sie nur alleine gelassen? Mit quietschenden Reifen kam er vor der Pension zum Stehen. Sein erster Impuls war, aus dem Wagen zu stürmen und in ihr Zimmer zu rennen,

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