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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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hat.
    In den folgenden Wochen arbeitete Queenie nur auf Technik und spezialisierte sich auf Kohle und Kreide. Sie war besessen von Fleiß und Präzision.
    »Genau das, was ich mir bei Ihnen nicht wünsche, Missis King.«
    Queenie behauptete sich.
    »Ich kann dieses Stadium nicht umgehen.«
    »Hoffentlich bleibt es Durchgang.«
    Queenie füllte wieder den Papierkorb.
    Heimlich in ihrem Zimmer, das sie noch allein bewohnte, arbeitete sie an einem Bild, das sie nicht zeigen mochte. Losgerissene sterbende Blätter, verblichene nackte Krautstengel und weiße Fetzen wirbelten im Staubsturm; der Wirbel ergab einen zerbrochenen Stern für den, der die Augen hatte, es zu sehen. Es war keine Erde in dem Bild und keine Festigkeit, nichts als flatternde Bewegung und Sinken. Sie arbeitete die Nächte hindurch.
    An Joe Inya-he-yukan hatte Queenie eine Ansichtskarte geschrieben und ihre Ankunft in der Kunstschule bestätigt. Nun wartete sie auf Post. Die Beschließerin, die die Post in den Ferien ausgab, sah, wie das fragende Gesicht allmählich schmaler wurde und über den Augen ein Schleier niederging.
    Das Bild der Blätter und Fetzen im zerbrochenen Stern war vollendet. Queenie stellte es des Nachts vor sich hin und studierte die Maße, die es gewonnen hatte.
    Es hatte einen Mittelpunkt. Das war ohne ihr Wissen und Wollen geschehen. Sie würde es nicht zerreißen. Aber sie versteckte es sorgfältig.
    Die Ferien und die Zeit der privaten Porträtstudien im Atelier Clark gingen zu Ende. Es hatte sich weder ein fester künstlerischer noch ein fester menschlicher Kontakt zwischen Lehrer und Schülerin gebildet. Sie tasteten beide, und für beide war dieses Tasten ein eigener Reiz.
    Der Tag kam, an dem die großen Überlandbusse Scharen von Schülern ausspien. Es wurde laut und bunt um den Brunnen, bei den Glastüren, auf den Treppen, in den Baderäumen.
    In Queenies Zimmer zog ein Mädchen mit ein. Sie war neunzehn Jahre alt, aus dem Stamm der Navajo. Mehr erfuhr Queenie zunächst nicht. Das Mädchen war groß gewachsen, hatte ein herbes, fast männliches Gesicht und blieb schweigsam. Da sie Musikschülerin war, gehörte sie einer anderen Arbeitsgruppe an. Queenie war nun in die fortgeschrittenste Malklasse eingereiht und arbeitete in den Ateliers der Kunstschule nach Belieben, auch dann, wenn ihre Mitschüler beim theoretischen Unterricht saßen.
    Ihre Studien nahmen einen abstrakten, gerüstartigen Charakter an. James Clark verfolgte ihre Arbeiten, ohne sie zu loben. Aber wenn er erklärte, schien er nur für seine Meisterschülerin zu sprechen. Er erwartet viel von mir, dachte Queenie. Ich weiß nicht, ob ich seine Erwartungen erfüllen kann.
    Die Mitschüler und Mitschülerinnen arbeiteten, stritten, lachten, tanzten und trieben Unfug, ohne Queenie dabei in ihren Kreis zu ziehen. Sie blieb Außenseiter. Die Burschen schauten heimlich nach ihr.
    Queenie bemerkte es nicht. Sie wartete auf Post.
    Ihre nur halb eingestandene täglich neue Hoffnung, von Joe zu hören, verwandelte sich aus Spannung in eine Mühle, in der ihre Kraft zerschrotet wurde. Ihre Hände waren heiß, ihre Augen sanken ein. Da sie des Nachts nicht mehr heimlich malen konnte, grübelte sie.
    Joe hatte Mary als Nachbarin. Er brauchte nicht an Queenie zu denken, die sich bei dem Wort >tüchtige Rancherin< geschämt hatte. Mary nahm an allen Sorgen und Erfolgen der King-Ranch teil. Sie saß des Abends bei Joe und rechnete mit ihm. Rechnete mit ihm.
    Vielleicht waren die Zwillinge nicht mehr im Hause.
    Vielleicht war Untschida gegangen.
    Mary saß des Abends bei Joe und rechnete mit ihm... Kühe, Kälber, Büffel, Schweine, Kaninchen, Bienen...
    Einst, das war lange her, hatte Queenie mit ihrem Mann über Kunst gesprochen, über die Kunst des Indianers.
    Mary hatte Joe einmal bei sich verborgen, als die Polizei ihn suchte. Tagsüber, hatte Joe vorsichtig hinzugefügt, als er es Queenie erzählte und dabei das Gesicht seiner Frau sah.
    Mary hatte Joe geliebt. Hatte -?
    Die Lügen des Harold Booth gingen um.
    Joe hatte eine gerichtliche Vorladung bekommen.
    Queenie setzte einen Brief auf und schrieb ihrem Mann, daß bei dem Stammesrichter Crazy Eagle, als sie in dessen Haus übernachtet hatte, hierauf nicht die Rede gekommen sei. Aber sie wußte nicht, wo ihr Mann sich befand, ob er in Untersuchungshaft genommen worden war und ob ihr Brief vielleicht kontrolliert wurde.
    Sie zerriß ihn wieder, wie sie ihre Arbeiten zerrissen hatte. Was sollte sie tun!
    Die

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