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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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er nun unser neuer Vater?«
    »Ich weiß es nicht, aber er tut so. Die Mutter ist im Gefängnis.«
    Es war tiefe Nacht. Die kranke kleine Schwester schlief schon, und den beiden Jungen fielen auch die Augen zu. Sie wurden aber vor der Dämmerung wieder wach. Ihr Hunger meldete sich. Die kleine Schwester war sehr hinfällig.
    Wakiya, der älteste der drei, entschied, was getan werden mußte.
    »Bleibt ihr beide hier. Ich renne zu Inya-he-yukan. Dann holen wir euch und fangen das Pferd wieder ein.«
    Wakiya sprang und rutschte den Hang hinunter. Wenn er auch die Geschwister vor dem bösen Mann in Sicherheit glaubte, war ihm das Herz doch schwer, wenn er nun wieder an die Mutter im Gefängnis und die entlaufene Stute in der Prärie dachte.
    Vor Mittag kam er bei der Blockhütte der Kings und dem großen Lederzelte an. Es war ihm zumute, als ob er den bösen Geistern entronnen und wieder in einem schützenden Bannkreis sei. Er fand Tashina, die in der Hütte die Mittagsmahlzeit vorbereitete. Sie hatte eben den Wasserhahn aufgedreht.
    Wasser lief.
    Wasser lief! Hanska aber mußte Eimer schleppen, die ihm dann ausgeschüttet wurden.
    »Ist Joe mit dir heimgekommen, Wakiya?«
    Der Bub schaute erstaunt.
    »Ich weiß nicht, wo Inya-he-yukan ist.«
    »Habt ihr euch nicht getroffen?«
    »Nein.«
    »Er sucht nach dir.« Wakiya erschrak von neuem.
    »Aber wir müssen meine Geschwister holen; sie sind oben bei den weißen Felsen und haben nichts zu essen.«
    Queenie ließ Töpfe und Gemüse stehen und wandte sich ganz dem Kind zu.
    Wakiya berichtete.
    »Ich verstehe nicht, daß Joe euch nicht getroffen hat! Vielleicht hat er die Abkürzung genommen, und ihr seid aneinander vorbei - aber das Pferd - was machen wir nun?«
    Sie lief hinaus zu Untschida, die auf dem Gemüsebeet Unkraut jätete.
    »Was machen wir nun?«
    »Du bleibst hier, Tashina. Ich hole mit Wakiya die Kinder.« Die beiden sattelten und ritten los.
    Joe King war unterdessen auf einem schwierig zu nehmenden Abkürzungsweg schon am Tage zuvor über die Berge und in die Prärie gelangt, in denen das hellblaue Haus zu finden war. Er bekam dort jedoch zunächst nicht das Haus, sondern etwas anderes in den Gesichtskreis, was ihn stark interessierte, nämlich ein lediges, ungesatteltes Pferd, das einer Stute der King-Ranch zum Verwechseln ähnlich sah.
    Joe hielt und spähte.
    Es gab keinen Zweifel, das war die Stute, die Wakiya sich genommen hatte, um zu seiner Mutter zu reiten. Wie sie dem Buben verlorengegangen war, konnte Joe nicht wissen. Er mußte sich aber sofort ein Lasso verschaffen, und das war in dem Hause Eliza Bighorns zu finden, als Erbe zurückgelassen von ihrem verstorbenen Mann.
    Joe drängte seinen Schecken zum Galopp. Sobald das Haus in seinen Gesichtskreis kam, erkannte er auch schon, daß es bewohnt war. Eine alte Frau war aus der Tür gekommen und schüttete Rübenschalen aus.
    Um keine zweite Überraschung zu erleben, machte Joe seinen Schecken sehr sorgsam fest. Er hegte sogar eine schwache Hoffnung, daß sich die Stute bei dem ihr bekannten Hengst einfinden könnte.
    Nachdem Joe in das Haus eingetreten war, begab er sich, ebenso wie Wakiya getan hatte, in das Zimmer linker Hand. Mit einem Blick sah er den schlecht gereinigten Boden, die unordentlichen Betten, die Kinderkleider am Fußende einer Bettstatt.
    Eliza Bighorn war seit Krankheit und Tod ihres Mannes mürrisch gewesen, aber sie hatte Haus und Kinder immer saubergehalten; keine Krume war auf dem Boden liegengeblieben. Dieses Haus hatte sich sehr verändert.
    Auf einem der Betten lag ein Mann in Kleidern und Schuhen. Er hatte die Augen geschlossen, atmete rasselnd und roch nach Brandy. Die alte Frau saß auf ihrem Stuhl und schaute mißtrauisch und furchtsam auf Joe. An einem Wandnagel hing das begehrte Lasso.
    Joe nahm es ab.
    »Ich fange das Pferd ein und bringe das Lasso wieder.«
    Er verließ den Raum, ohne daß ein weiteres Wort fiel.
    Die Pferdejagd wurde ein Spiel, das die Stute spaßhaft fand. Joe war nicht so unklug, sie zu jagen. Er ritt dahin und dorthin, ließ den Schecken steigen und galoppieren, im Schritt gehen und tänzeln, bis die Stute aufmerksam wurde, Freude an dem Spiel fand und Lust bekam mitzutun. Sie setzte sich auch in Galopp, lief in zwei Lassolängen Entfernung mit, brach aus, kehrte zurück. Ein lediges Pferd voller Übermut war eines der schönsten Schauspiele der Prärie, aber Joe fand es an diesem Tage zeitraubend und fluchte innerlich, während ihm doch nichts

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