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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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übrigblieb, als das Spiel bis in den Abend und die Nacht hinein weiterzutreiben.
    Endlich hatte er das Tier überlistet. Die Stute merkte das im letzten Augenblick und wollte wieder ausbrechen, aber der galoppierende Hengst war ihr schon zu nahe, und die Lassoschlinge senkte sich ihr über Kopf und Hals.
    Sie war gefangen und fand sich damit ohne viel Widerstreben ab.
    Joe ritt, die Stute am Zügel führend; wieder zurück zu dem Haus. Er machte beide Pferde fest, ging mit dem Lasso in den jetzt stockdunklen Raum, aus dem er es geholt hatte, und legte es dort mit der Gewandtheit langer Übung in gleichmäßige Schlingen. Er hatte die Taschenlampe eingeschaltet, festgestellt und auf den Tisch gelegt. Sie strahlte den Mann auf der Bettstatt an. Der Schläfer wachte auf, rieb sich die Augen und schaute verwundert um sich. Die alte Frau war auf dem Stuhl eingenickt; sie erwachte nur hin und wieder, wenn sie Gefahr lief herunterzufallen.
    »Hallo, wo ist Wakiya-knaskiya Bighorn? Die Stute habe ich wieder eingefangen. Wo steckt der Bub?«
    Der Mann, englisch gefragt, antwortete auf englisch.
    »Das Stinktier ist gekommen, hat die Wassereimer ausgeschüttet, aber ehe ich ihn kriegen konnte, ist er wieder davongelaufen.«
    »Dann kann dir Hanska Wasser holen oder das kleine Rotadlermädchen.«
    »Hat er beide mitgenommen, das Stinktier! Aber er soll mir nicht noch einmal zwischen die Finger kommen!«
    »Nein, das soll er nicht. Was nun? Hast du kein Wasser?«
    »Nein, hab' keins.«
    »Auch nicht für Geld?«
    »Geld?«
    »Ja.«
    »Was für Geld?«
    Joe zeigte eine Münze.
    »Zuwenig!«
    Joe zeigte einen Dollar.
    »Ja, gib her, dafür kriegst du zu trinken, was Besseres als Wasser.« »Laß mich erst riechen.«
    Während der Mann unter seiner Bettstatt herumsuchte und Joe sich an alte üble Zeiten in seinem Vaterhaus erinnerte, überprüften seine Augen noch einmal das gesamte Inventar. Es war in Schmutz und Unordnung zunächst wenig Außergewöhnliches zu bemerken.
    Nur eine Jacke fiel Joe auf, eine gute Lederjacke, die für einen höher gewachsenen, in den Schultern breiteren Mann gedacht war, als der derzeitige Hausbewohner ihn darstellte.
    Der Hausherr in Hemd und Hose hatte unterdessen eine Whiskyflasche unter dem Bett hervorgeholt und angelte nach einer zweiten. Joe blieb solange noch unbeobachtet. Er hängte das Lasso an den Wandhaken und kramte in den Taschen der Jacke. In einer der tiefen Taschen fand er einen durchgeladenen Revolver; er entlud ihn und steckte ihn zurück in die Jackentasche. Er fand auch zwei ungebrauchte Etiketts für Whiskyflaschen; eins davon steckte er ein.
    Der Mann richtete sich eben auf und stellte die beiden Flaschen, die er unter dem Bett hervorgeholt hatte, auf den Tisch. Die eine war noch ganz voll, die zweite nur zu einem Viertel. Er beschaffte einen Becher und goß ein.
    »Für einen Dollar kannst du den Becher austrinken.«
    Joe ging heran, beroch den Alkohol, zog die Nase hoch und wandte sich ab.
    »Die Suppe kannst du allein trinken.«
    »Ist dir nicht gut genug, was?«
    »Laß dir doch von Brandy Lex nicht jede Pferdescheiße andrehen.«
    »Was, Brandy Lex! Gibt's schon lange nicht mehr. Das ist ein Black and White, nicht von schlechten Eltern! Willst du oder willst du nicht?!«
    Joe goß den Fusel hinunter und legte den Dollar auf den Tisch.
    »Kann ich ein paar Standen bei dir schlafen?«
    Der Mann wies auf die freie Bettstatt. Joe nahm die Taschenlampe an sich, schaltete aus, legte sich in Kleidern und Stiefeln auf die Bretter und Decken, drehte sich zur Wand und schien sofort einzuschlafen.
    In Wahrheit blieb er wach, kombinierte und lauschte.
    Der Mann, der sich samt seiner alten Mutter in diesem Hause eingenistet hatte, war ihm unbekannt. Er hielt ihn für ein Halbblut. Der Kerl gehörte zu den Trinkern und Kunden von Black and White junior. Aber die Jacke, die an der Wand hing, konnte nicht seine Jacke und auch nicht die des Kneipenwirts und Schmugglers O'Connor, genannt Black and White, sein. Sie war auch für dessen Statur viel zu lang und zu breit. Der Besitzer dieser Jacke mußte ein Hüne sein.
    Als der unbekannte Mann und Okkupant des hellblauen Hauses zu schnarchen begann, verließ Joe leise sein Lager und schlich sich in seinen weichen Stiefeln aus dem Raum. Er öffnete und schloß die Zimmertür ohne Geräusch, horchte nach draußen, und als er überzeugt war, vorläufig ungestört zu bleiben, ging er in das zweite Zimmer. Dieser zweite, kleinere Raum war von Eliza

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