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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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sich tiefer.
    »Und warum, Mister King, war der Revolver leer?«
    Diese Frage hatte Crazy Eagle noch nicht gestellt. Joe beantwortete sie wahrheitsgemäß.
    »Weil ich die Waffe vorsichtshalber entladen hatte, ehe Wolve zurückkam.«
    »So viel Mißtrauen?«
    »Gegen unbekannte Bewaffnete im Hause eines Säufers - immer.«
    »Können Sie etwas über Eliza Bighorn sagen? Wie ich höre, war der älteste Junge schon lange bei Ihnen?«
    »Eliza war in der Einsamkeit verkümmert. Der Mann, den sie sehr geliebt hatte, war lange Jahre zuckerkrank, und die Armut machte eine geeignete Ernährung unmöglich. Eliza sah ihn sterben. Der älteste Junge war epileptisch und kam zu mir. Der zweite wurde ins Internat gezwungen und tat dort nicht gut. Eliza war eine saubere Frau und hat fleißig gearbeitet, aber sie war unglücklich, mürrisch und unzugänglich geworden, bis Jack Butchart sie als Mann beschwatzt und unterjocht hat.«
    »Ich habe hart über sie geurteilt, um den Betrieb der Angelhakenfabrik auf Ihrer Reservation zu schützen.«
    Crazy Eagle hatte die Stirn gerunzelt.
    »Unzuständigerweise, Elgin. Ich verlange die Rücküberweisung des Verfahrens an das Stammesgericht.«
    »Schwierig, Crazy Eagle. Aber vielleicht eine Haftentlassung mit Bewährung nach ein oder zwei Jahren.«
    »Damit bin ich nicht zufrieden. Ich verteidige die Zuständigkeit unseres Gerichts. Sie haben zu schnell gehandelt, Elgin.«
    »Hätten Sie rechtzeitig protestiert, Crazy Eagle!«
    »Ich war auf Urlaub, und unser alter Gerichtspräsident ist in einer solchen Frage nicht gewandt genug.«
    »Nun, mal sehen, was sich noch machen läßt. Ich will durchaus nicht gegen Sie arbeiten. Ich glaubte, in Ihrem Sinne vorzugehen.«
    »Das war ein Irrtum.«
    »Wir werden die Angelegenheit in fairer Weise miteinander regeln.«
    »Sicher. Aber Sie beißen auf Stein bei mir.«
    »Beteiligen Sie uns an einer zweiten Besichtigung des Tatorts und an der Obduktion der Leiche des Teddy Wolve? Formhalber?«
    »Selbstverständlich. Und Sie unterstützen uns, wenn wir die Herkunft der vielen Brandyflaschen zu ergründen suchen? Die Spuren werden wohl nach New City führen.«
    »Selbstverständlich unterstützen wir Sie.«
    Der weiße und der indianische Richter behandelten einander als gleichberechtigte Kollegen; das war nicht allgemein und nicht selbstverständlich; es war dem ruhigen Selbstbewußtsein des blinden Ed Crazy Eagle und dem Taktgefühl Elgins zu danken. Das Gewicht ihrer Persönlichkeiten hielt sich die Waage. Joe war in diesem Augenblick stolz auf die Haltung des blinden Indianers, der seine Ausbildung als Jurist mit fast übermenschlicher Willenskraft durchgesetzt hatte.
    Der nächste Morgen dämmerte schon, als Joe wieder auf der King­Ranch anlangte.
    Wakiya und Hanska lagen in der Blockhütte beieinander auf der einen Bettstatt, Untschida mit dem fiebernden kleinen Mädchen auf der anderen. Die Zwillinge hatte Queenie mit ins Zelt genommen.
    Joe wusch sich, ging zu Queenie ins Zelt und streckte sich aus. Er schlief sofort ein und schlief drei Stunden tief. Das war für ihn die gewohnte Zeitspanne eines Erholungsschlafs. Als er erwachte, war er wieder frisch. Queenie schürte das Feuer und brachte Fleisch; Joe aß hungrig.
    Er berichtete seiner Frau kurz, was sie unbedingt wissen mußte, und fragte: »Weißt du etwas darüber, wer dieser Jack Butchart gewesen sein kann? Er war mir noch nie über den Weg gelaufen.«
    »Ich kannte ihn flüchtig. Es waren arme Leute; sie haben nicht weit von der Farm meiner Eltern gewohnt - einen halben Tagesritt entfernt. Jacks Vater war Indianer, seine Mutter war eine Weiße. Beide verstanden nicht viel vom Farmen, haben ihr Land für billiges Geld verpachtet und gedarbt. Jack streunte als Junge umher und ging nach der vierten Klasse von der Schule ab. Seine Frau war lieb und faul. Sie ist bei der Geburt des ersten Kindes gestorben. Dann habe ich die Butcharts aus den Augen verloren. Ich kam auf die Kunstschule und zu dir - und jetzt sehe ich erst, was er für ein schreckliches Ende genommen hat. Ich meine nicht einmal seinen Tod. Ich meine, daß er so elend und verkommen war, Elizas sauer verdientes Geld zu vertrinken und im Trunk die Kinder zu schlagen.«
    »Wenn er mich als Sohn gehabt hätte, wäre ihm das bald schlecht bekommen. - Im übrigen ist es ganz vergeblich, was sie nun unternehmen wollen. Sie werden versuchen zu ergründen, woher die vielen Brandyflaschen stammen, und vielleicht setzen sie durch, daß Eliza

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