Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
doch noch vor das Stammesgericht kommt und ein milderes Urteil erhält - obwohl das nicht leicht sein wird. Aber auch wenn sie das alles erreichen, wird das Trinken nicht aufhören.«
»Ist es ein indianisches Laster, Joe?«
»Indianisches Laster? Du machst mir Freude, Queenie. Millionen von Geistern trinken nicht nur Brandy, und es sind nicht nur Hunderttausende unter ihnen, die ihre Kinder schlagen. Sie haben mehr als ihren Whisky; sie haben ihre Rauschgifte. Sie können unter sich den Schmuggel nicht lahmlegen, und nicht einmal ihre Buben und Mädchen können sie schützen. Ihre Prohibition war ein einziger großer Fehlschlag. Aber bei uns wird weiter prohibiert.«
»Hawley zum Beispiel trinkt doch nicht...«
»Ich trinke ja auch nicht. Dein Vater trinkt nicht. Auch Wirbelwinds trinken nicht. Du kennst unter den Geistern ein paar Beamte und Lehrer, aber ihre Höllen bei reich und arm kennst du nicht.«
»Es kommen verhältnismäßig viel mehr Indianer wegen Trunksucht ins Gefängnis als Weiße.«
»Ganz recht, weil ein betrunkener Indianer mit Gefängnis bestraft wird, ein Weißer aber nicht. Halte es umgekehrt, und die Bauindustrie ist vollbeschäftigt, weil die Gefängnisse nicht mehr ausreichen.«
»Du willst doch aber auch etwas gegen den Schmuggel tun, Joe.«
»Ich? Jedenfalls nicht wollen, sondern nur müssen. Ich habe bei Hawley ja gesagt, weil es zwecklos ist, mit Leuten zu reden, die auf ihren Sesseln sitzen. Ich vertrete ein Gesetz, durch das mein Volk ein weiteres Mal für minderwertig erklärt wird und das ich für falsch halte. Es ist verrückt und zum Hohnlachen.«
»Joe! Mein Vater führt die Partei der Nichttrinker. Wie dankbar wird er dir sein, wenn du den Schmugglern das Handwerk legst.«
»Dein Vater, Queenie, ist ein Mann voll Stolz und Ehre, aber er sieht die Welt auch nur, wie er sie sich denkt. Ich sehe aber, was ist, und ich will nichts als Hawleys Steckenpferd reiten, damit er mir das meine läßt: die Schulranch.«
»Ein ehrlicher Tausch, Joe.«
»Mich kann der Spaß mit den Schmugglern vielleicht das Leben kosten, ihn kostet meine Schulranch ein Lächeln und gelegentlich einen Namenszug. Das ist der eine Unterschied. Wenn Hawley nachdenkt, muß er sich sagen, daß er das einzig Richtige tut, wenn er mich unterstützt. Wenn ich nachdenke, muß ich mir sagen, daß ich zunächst einmal mich selbst und andere verwirre, und was dabei herauskommt, weiß ich noch nicht. Das ist der zweite Unterschied.«
»Aber was können wir denn wirksam gegen das Trinken unternehmen? Es ist doch voller Grauen, was daraus entspringt.«
»Arbeit und Hoffnung, Queenie - und das Wissen, daß wir freiwillig auf das Gift verzichten.«
»Auf der King-Ranch und auf der Schulranch.«
»Hau.«
In der nächsten Zeit widmete Joe sich Hanska.
Der Junge hatte ein sehr schlechtes Zeugnis in allen Fächern, aber im Betragen doch endlich ein >gut< erhalten.
»Wie hast du das gemacht, Hanska?«
»Stillgesessen und nur gesagt, was der Lehrer hören wollte.«
»Bei mir kannst du sagen, was du dir selbst denkst, und stillsitzen darfst du nicht, denn es soll ein Reiter aus dir werden!«
Der erste Tag verging damit, daß Hanska vom Pferd fiel, und am Abend lobte ihn Joe und freute sich.
»Du fällst mit Talent, Hanska. Es wird etwas aus dir.«
Hanska legte sich früh zu Bett, spürte seine blauen Flecke nicht, weil er nicht daran dachte, und schlief sogleich ein, damit die Zeit rascher verging und er das Warten nicht empfand, bis er wieder auf einen Pferderücken klettern durfte.
Am zweiten Tag blieb er schon mehrmals oben.
Abends entschied Joe: »Du wirst ein Cowboy und ein Rancher.«
Wakiya-knaskiya meldete sich.
»Ich werde ein Rechtsanwalt.«
»Wann hast du das beschlossen?«
»Als du vor Gericht standest, Inya-he-yukan.«
»Gut.«
»Inya-he-yukan! Gibt es nun wieder einen Prozeß wegen Jack Butchart und Teddy Wolve?«
»Nein. Es gibt keinen Prozeß, denn es gibt keinen Kläger.«
»Aber meines Vaters Brudersohn?«
»Sidney Bighorn? Nein. Es besteht kein Verdacht außer gegen die beiden Toten selbst, und also kann Sidney keine Klage gegen mich erheben. So leid es ihm auch tut. - Aber die Sache deiner Mutter wird wohl doch noch an das Stammesgericht rückverwiesen. Das setzt Ed Crazy Eagle durch. Er wird allmählich einer der Unseren. -Ich muß aber noch etwas mit dir beraten, Wakiya-knaskiya. Komm, wir gehen zu den Kiefern hinauf.«
Beraten.
Wakiya hatte Vorwürfe gefürchtet, weil ihm die
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