Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
ihrem Leben hätte. Mit der Schulranch würde es sowieso nichts als Ärger geben.«
»Und Mary?«
»Sagte nein.«
»Wie sah Missis Horwood aus?«
»Dunkelbraune Haare, wuschelig. Grüne Augen hat sie. Häßlich ist sie nicht, aber widerwärtig. Gute Kleider hat sie. Bessere als Mary.«
»Esmeralda Horwood - kenne ich. O'Connors Schwester, die einen Horwood geheiratet und mit ihm eine Cafeteria aufgemacht hat. Sie sind auch an dem großen Tanzetablissement beteiligt.
Mary hat mir von der Person nichts erzählt. Sie hat mir nur gesagt, daß sie ein Angebot der Mac Leans abgelehnt hat.«
»Tante Mary sagt immer zuwenig.«
»Meinst du?«
»Ja.«
»Warum?«
»Nun wird sie ein Kind haben, und das Kind hat keinen Vater. Ein Kind muß doch einen Vater haben.«
»Du hast auch keinen mehr, Wakiya-knaskiya.«
»Aber einen Wahlvater!«
»Vielleicht wird Marys Kind auch einen Wahlvater haben.«
Wakiya schien mit einer solchen Lösung einverstanden zu sein. Er kam wieder auf die Briefe zurück.
»Wir müssen uns etwas Geschriebenes von Esmeralda Horwood verschaffen.«
»Wie machen wir das?«
»Das mußt du wissen, Inya-he-yukan.«
»Sie bedient nicht in der Cafeteria. Sonst wäre es einfach. Ich muß mir das überlegen. Am Sonnabend fahren wir jedenfalls zum Schwimmbad, und ich spreche mit Frank Morning Star. Am Sonntag gehen wir zusammen in die Kirche in der Agentursiedlung. Nachmittags fahre ich mit Tashina nach New City. Hau.«
Die Spannungen zwischen einer Reihe von Personen, die an dem folgenden Wochenende zusammentrafen, entluden sich nicht in dem Aufblitzen von Messerklingen oder dem Krachen von Schüssen. Auch einige deutlich zugespitzte und verletzende Reden führten keine spürbare Entladung herbei, und so kam es endlich auch nicht zu der entspannten Atmosphäre, die einem Gewitter folgen kann. Es sprangen lediglich Funken, die dem Kenner den Verlauf der Hochspannungsleitung durch menschliche Nerven verrieten und Anzeichen der bestehenden Gefahrenpunkte für Kurzschlüsse und elektrische Schläge waren.
Die Natur tat an jenem Sonnabend und am folgenden Sonntag ihr Bestes, damit sich Menschen frei zu tummeln vermochten. Der Himmel schien seine unendliche Weite und die Sonne die Macht ihres Feuers zu vergessen; die beiden vereinten sich mit stillem Humor zu dem Blau der Ansichtskarte und dem Goldgelb des Bilderbuchs, und so überwölbten und durchfluteten sie ein reserviertes Stück Prärie, dessen Gras und dessen Kiefernbäume vom Wind gekitzelt wurden, so daß das ganze Land unhörbar lachte.
Am Freitagabend hatten die Grillen musiziert, die Frauen hatten ihre Kleider ausgewählt, die Männer die Pferde und die Wagen in Bereitschaft gebracht. Als wenige Stunden nach Mitternacht der Morgenstern am Firmament hing, fünfzackig, prächtig in seinem Leuchten wie nur je, war es auf der King-Ranch schon lebendig.
Die Hunde zerknackten Knochen. Die Pferde stampften und schnaubten, da sie die Vorbereitungen dafür, daß sie ausgeritten werden sollten, sehr wohl begriffen. Queenies weißwollener Badeanzug verbarg sich noch unter weißen langen Hosen und einer ärmellosen Bluse. Joe hatte die schwarzen Jeans, sein gutes Stück, angelegt, dazu ein schwarzes Sporthemd, und so wirkte er recht teuflisch froh neben der engelgleich lächelnden Frau. Mary und Bob kamen, schon zu Pferd. Da sie noch früher aufgestanden waren als die von der King-Ranch, ritten sie den Feldweg herauf, um die Säumigen aufzustöbern. Melitta, die Ranch-Schülerin, erschien, verschmitzt blinzelnd nach ihrer Art und Weise, und das in der Morgendämmerung jenes Sonnabends nicht ohne besonderen Grund. Ihre beiden Mitschüler, sogar der starke Robert, hatten Tugend vorgeschützt, obgleich sie nach Melittas Auffassung nur wasserscheu waren; sie wollten Bob und Mary vertreten und auf die Teilnahme an den Zeremonien der Schwimmbaderöffnung verzichten. Melitta aber freute sich darauf, ihren Bob zu necken, der ihr in seinem männlich pflichtbewußten Ernst und mit seinem stolz getragenen runden Kopf überaus reizend erschien. Wenn sie die Stachelschweine fütterte, überlegte sie hin und wieder dabei, daß auch lange und spitzte Stacheln nur richtig gestrichen zu werden brauchten, um sich glatt zu legen und sanft in der Berührung zu sein, und daß sie vielleicht einmal Missis Thunderstorm geb. Rose zu werden wünschte. Doch verriet sie im Augenblick nicht einen einzigen Funken von solchen Gedanken, sondern trieb ihren Spaß mit Wakiya-knaskiya
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