Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
Lande des Wassermangels war es unerhört und überwältigend, daß es dem Stamme gelang, aus den Tiefbrunnen, die allein für die Verwaltung gedacht und bezahlt waren, nun für sein eigenes allgemeines Wohl zu schöpfen. Allein schon der Anblick des klaren Wassers mitten im Sommer deutete eine neue Epoche der Selbsthilfe an.
Als Joe King mit seiner Kavalkade herangaloppierte und vor Frank Morning Star, dem stellvertretenden Häuptling, den Schecken bremste, indem er ihn nach alter Art des Präriereiters hochriß, brauste rings der Jubel auf.
Sidney Bighorn konnte diesen erhebenden Augenblick nicht miterleben, da er auf andere Weise mit Wasser beschäftigt war als die Besucher des Schwimmbades. Er klatschte köstliches Naß, in Tüchern aufgesaugt, dem Brummschädel des Jimmy White Horse auf und sagte dabei eine Reihe nicht ganz respektloser, aber doch zunehmend unliebenswürdiger Wörter.
Das Schwimmbad, das der Initiative von Morning Star und Joe King und gemeinsamer freiwilliger Arbeit zu danken war, zeigte sich an diesem Tag noch groß genug für alle Schwimmer und lebenslustigen Plätscherer. Die älteste Generation des Stammes, die noch im freien Leben schwimmen gelernt hatte, war weggestorben. Die Nachfolgenden hatten keine Gelegenheit mehr dazu gehabt, da die Reservation von Flüssen und Seen abgeschnitten war. Es gab nur einzelne wenige, die schwimmen konnten, und die meisten Kinder betrachteten die neue Möglichkeit noch mit Erstaunen und einem natürlichen Mißtrauen gegenüber dem Ungewohnten, obwohl das Flunker- und Blinkerspiel des Wassers unter der Sonne im Grunde schon alle lockte.
Alle Ratsmitglieder, unter ihnen auch Mary Booth, und andere führende Männer des Stammes, wie Mr. Whirlwind und Mr. King, fanden sich zu einer zentralen Gruppe in der Menge am Schwimmbad zusammen.
Dieser Kreis war das Ziel der zuletzt Ankommenden. Superintendent Hawley zeigte sich mit seinem Stab, in dem Nick Shaw nicht fehlte. Doc Eivie, Rektorin Holland und Lehrer Ball erschienen. Zur gleichen Zeit tauchte Jimmy White Horse auf, begleitet von Sidney.
Es war unvermeidlich, daß Reden gehalten wurden. Frank Morning Star eröffnete mit treffenden Worten über Wasser, Brunnen, freiwillige Arbeit und Sport. Seine Bemerkungen waren saftig wie gereifte Früchte indianischen Selbstbewußtseins. Sie enthielten einige Kerne, die sich als Samen in jugendliche Gemüter pflanzen ließen. Er empfahl den Teenagern und den Twens, weder zu saufen noch zu ersaufen, nicht in Unsicherheit zu schwimmen, sondern im Bade und den Ruhm indianischer Tüchtigkeit im Sport zu erneuern. Seine anerkennenswert kluge Rede gefiel allen wohl, besonders seinen Stammesgenossen. Es folgte Peter Hawley, der nicht verabsäumte, die erzieherischen Anstrengungen und finanziellen Wohltaten, auch die kostenlose Spende des Badewassers aus Tiefbrunnen wohlgesetzt zu rühmen, und da er dies aus gespaltenem Herzen tat, wirkte er auf die meisten langweilig. Doch spürten alle den guten Willen und hörten teils aus diesem Grunde, teils aus anerzogenem Respekt für den Vater der Reservation der Rede zu.
Dann aber war die Geduld erschöpft, und Jimmy White Horse durfte mit seiner heiseren Stimme nur noch rufen:
»Gut, gut! Hau!«, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, seine Zuhörer zu verlieren. Mr. Haverman klopfte ihm tröstend auf die Schulter, und Joe King, der zufällig oder auch nicht ganz zufällig dabeistand, tat in diesem Moment einen Blick in einen Abgrund von Havermans Psyche, der selbst einen Joe King fast schwindeln machte.
Joe legte ab und sprang in seiner schwarzen Badehose ohne weiteren Verzug ins Wasser, woselbst er sein seelisches Gleichgewicht wiederzufinden trachtete. Seine Schwimmkunst, wie er sie bisher erlernt hatte, reichte eben dahin, ihn vor dem Ertrinken zu bewahren und in dem Becken für Schwimmer Sidney Bighorn zu begegnen, der mit Brust-, Rücken- und Kraulgewandtheiten paradierte.
Ohne im geringsten in jener Art von Gefahr zu sein, die Joe vor kurzem veranlaßt hatte, einen Hünen auf ein Halbblut zu werfen, gab jetzt Melitta ihrem Bob, der am Beckenrand stand, einen unvermuteten Stoß ins Kreuz, so daß er in erstaunlich kerzengerader Haltung ins Wasser hinabschwebte. Er traf dort mit den Füßen auf Sidneys Rücken. Melitta hatte das nicht geradezu beabsichtigt, freute sich aber mit Irene zusammen sehr darüber. Sidney, unter Wasser geraten, konnte das schändliche Hohngekicher der Mädchen weder hören noch sehen. Er war wütend
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