Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
dem verbotenen Whisky zugesprochen. Es erschien fraglich, ob er der Eröffnung des Schwimmbades in würdiger Weise beizuwohnen vermochte. Sidney hatte zwei Gläser mitgetrunken, nicht zum erstenmal - denn auch auf dem College hatte sich hin und wieder ein Weg zu nicht erlaubtem Genuß aufgetan -, aber noch mit einem leichten Schauer vor möglichen üblen Folgen, der Jimmy White Horse längst abhanden gekommen war, verdankte er doch seine zählebige Dauerhaftigkeit im Amte des President der Sympathie der Trinkerpartei. Sidney hatte die Absicht, sich bei den Eröffnungsfeierlichkeiten zu zeigen. Er hatte in seiner Collegezeit schwimmen gelernt und dachte sich auch mit dieser Kunst vor alt und jung, nicht zuletzt vor der Mädchenwelt zu produzieren. Er rollte sich aus dem Bett und okkupierte die Gummibadewanne nebenan, um sich für das Schwimmbad gebührend zu reinigen; anschließend rieb er seinen Körper mit einer männlich-herb parfümierten Salbe ein, die er im Drugstore erstanden hatte. Er konnte sich bei dieser Prozedur ohne Selbstbetrug sagen, daß er nicht übel gewachsen, für einen Twen auch kräftig genug war, um unvorhergesehene Scherze seiner männlichen Altersgenossen parieren zu können.
Jimmy schnarchte nebenan noch immer laut wie zehn Tanzrasseln.
Seine Ehehälfte, nervenstark und an die Tugenden und Untugenden des President im trauten Heim seit Jahrzehnten gewöhnt, schlief wahrscheinlich noch. Sidney machte sich daher selbst in der Küche ein Frühstück nach seinem Geschmack und in der von ihm gewünschten Quantität zurecht. Er fand drei Gläser, in denen es noch nach Whisky roch, und leckte die Reste aus.
So gekräftigt, erschien er ungewöhnlich früh unter den Morgensonnenstrahlen in der Agentursiedlung. Aus fast allen Richtungen mußten die Wagen, Reiter, Fußgänger, die zum Schwimmbad strebten, die Kreuzung an der Agenturstraße zwischen Stammesgericht und Krankenhaus passieren, und hier faßte Sidney Posten, um sich zu informieren, wer kam.
Einer der ersten Passanten war jenes hübsche Mädchen, das sich seit zwei Jahren als Lehrling bei der Töpferin einarbeitete.
Sidney gab seinen Blicken lange Leine und ließ sie um Irene herumspielen. Aus Mangel an Übung in allseitigem Beobachten schenkte er dabei dem Wagen der Familie Wirbelwind nicht genügend Aufmerksamkeit und war überrascht, als der angesehene Farmer mit seiner gedrungenen Figur schon neben ihm stand und zu sprechen anhob. Sidney war derart verblüfft, daß ihm einen Augenblick der Mund offenstand, was sich wiederum nachteilig auswirkte. Mr. Whirlwind stellte zurück, was er ursprünglich hatte sagen wollen, und begann mit der Bemerkung, daß es besser sei, wenn junge Leute morgens klares Wasser oder Milch zu sich nähmen und nicht schon kurz nach Sonnenaufgang eine Whiskyflasche in die Prohibitionsatmosphäre hineinatmeten. Im übrigen möge Mr. Bighorn sich bitte darum kümmern, daß President Jimmy White Horse in drei Stunden in höchst eigener Person das Schwimmbad eröffne, wenn auch kein denkender Mann von ihm verlangen werde, daß er die Festrede halte.
Ob Sidney Bighorn das mitbekommen habe?
Jawohl, er werde sich sofort bemühen.
Irene lächelte charmant und impertinent, denn sie hatte natürlich alles gehört. Mr. Whirlwind, der auf einer einsamen Farm lebte und kommandierte, war nicht gewohnt zu flüstern; er stand zu dem, was er sagte.
Irene grüßte wohlerzogen Familie Whirlwind; Sidney aber blieb nichts anderes übrig, als ins Haus zurückzugehen und, beseelt von einigen respektlosen Rachegefühlen gegen Jimmy, kräftig an der Schlafzimmertür zu klopfen und zu rütteln.
Unterdessen nahm Irene seinen Posten an der Wegkreuzung ein. Nicht vergeblich, denn gleich darauf zeigten sich die jungen Sportleute der Reservation, die Mitglieder der Hockeymannschaft, die der Fußball-Elf, zwei Rodeoreiter und drei Lassokünstler im Kälberfangen. Da Irene im Augenblick das einzige Mädchen weit und breit, auch munterer Stimmung und zum Lachen aufgelegt war, wurde sie der Anhaltspunkt für die Sportfreunde, sich zusammenzufinden, und die Geschichte von Sidney und der Whiskyflasche machte die Runde, während der Name Jimmy White Horse nur andeutungsweise im Hintergrund flatterte.
Die jungen Leute hatten ihre Wagen und Pferde schon eingestellt und machten sich mit Irene zusammen zu Fuß auf das letzte Stück Weg zum Schwimmbad.
Das bevorstehende Ereignis der Eröffnung hatte viele Reservationsangehörige angezogen. Im
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