Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
and White, sich über den Whisky herzumachen.
    Mac Lean trank einsam seinen Mokka und begann wieder klarer zu denken. Es war ihm ärgerlich, daß er das Lokal nicht mit Krause und Russell zusammen verlassen hatte. Er hatte etwas übrig für Esmeralda, deren Temperament das seine aufzumuntern vermochte und die genug auf sich hielt, um nie mit gefährlichen Krankheiten behaftet zu sein. Sie war auch nicht teuer, da sie das Renommee einer Kundschaft Mac Lean mit in Zahlung nahm. Aber im gegenwärtigen Augenblick beschlich George das Gefühl, daß er sich zu weit mit ihr und ihrem Bruder eingelassen haben könnte. Er sagte sich selbst, daß er in Sachen der anonymen Briefe der Anstiftung der Grünäugigen lieber nicht hätte nachgeben und noch viel weniger in aller Offenheit eine diesbezügliche Versöhnung hätte propagieren sollen. Er griff sich an den Hals in der unbehaglichen Empfindung, daß sich eine nicht sichtbare Lassoschlinge darum zuzog. Der Vater und der ältere Bruder Mac Lean hatten vielleicht recht gehabt, wenn sie George vor allzu engen Beziehungen zu den Familien Horwood und O'Connor warnten. Aber schließlich hatte sich der Alte selbst hinreißen lassen und hatte O'Connor auf die Möglichkeit einer Anzeige wegen Mordes gegen Joe King aufmerksam gemacht. Er brauchte den Sohn jetzt nicht etwa mit Vorwürfen zu verfolgen, und die Grünäugige war und blieb ein Weib, wie man es nicht alle Tage fand. Schade, daß sie jetzt am andern Tisch saß. Mac Lean trank einen Rest Mokka aus und verzog sich. Er hatte bei seinen Selbstbetrachtungen vergessen, daran zu denken - doch fiel ihm dies beim Fortgehen noch ein -, daß Esmeralda eine gute Kreditquelle bei landesüblichem Zinsfuß für ihn war. Das Weib hatte immer Geld. Wußte der Teufel, woher. Man sollte es nicht mit ihr verderben. Sie war eine Unternehmerin im Aufstieg, und die Schatten der Vergangenheit schienen zurückzuweichen. Die Cafeteria konnte schon als ein wohlanständiges Lokal bezeichnet werden. George Mac Leans gewohnte Sorglosigkeit stellte sich wieder ein.
    Esmeralda hatte Mac Lean nicht übelwollend, aber auch nicht sehr achtungsvoll nachgeschaut. Dann kam auch bei ihr der Treppenwitz, und sie lief ihm noch bis vor die Tür nach.
    »George! Was habt ihr vorhin über anonyme Briefe gequaddelt?«
    »Esma, sei nicht so aufgeregt. Es ist alles in Butter.«
    »Was Joe in dieser Butter braten wird, das mag dir noch im Magen liegen! Und was hast du von meiner Tochter gesagt?«
    »Die hat die Dinger doch geschrieben.«
    »Weiß Joe das auch?«
    »Das kann er sogar beweisen, hat er gesagt.«
    Esmeralda schluckte Speichel und kaute leer. Die Schimpfwörter, die ihr auf der Zunge lagen, mochte sie nicht aussprechen, so sagte sie schließlich nur:
    »Mit einem Ungelernten soll man sich nie einlassen. Du wirst ja sehen, George, was du davon hast.«
    Damit ließ sie Mac Lean stehen und begab sich in das Lokal zurück, um weiter zu bedienen.
    Ohne Esmeraldas düstere Prophezeiungen ernst zu nehmen, wanderte George Mac Lean zu seinem Wagen, den er nicht bei der Kneipe O'Connor, sondern auf einem Parkplatz an der Hauptstraße abgestellt hatte. Zu seiner Überraschung und seinem Vergnügen traf er auf seinem Wege Russell und Krause, die ihn zu einer weiteren kleinen Rundtour durch die gastlichen Stätten von New City einluden. Noch ahnte er nichts von dem Charakter der neuen Falle, in die er damit gelockt wurde. Russell und Krause schmunzelten und waren guter Dinge. Ihr Rausch beeinträchtigte sie nicht körperlich, sondern wirkte nur noch auf ihre Psyche, indem er sie ungewöhnlich unternehmungslustig machte.
    Der Sonntagsbetrieb in der Kneipe von Black and White war im ganzen schwach und endete früh. Um Mitternacht hatten alle Gäste bereits das Lokal verlassen. Esmeralda holte sich ihren Wagen; er stand hinten auf dem Hof, nahe und doch wiederum entfernter, als daß sie ihn bei der Verfolgung Joes hätte nutzen können. Sie fuhr zu ihrem Wohnhaus. Es lag etwas außerhalb der Stadt am Fuße der waldigen Berge, nicht weit von Krauses Büchsenreparaturwerkstatt. Die Tochter saß mit einem Freund im Wohnzimmer. Vater Horwood war diese ganze Woche hindurch bei Lieferanten unterwegs. Eben darum hatte Esmeralda bei O'Connor bedienen können, ohne die Vorwürfe ihres soliden Ehemannes befürchten zu müssen. Sie ging in das Schlafzimmer, in dem sie heute allein schlief.
    Eine Stunde hindurch ärgerte sie sich über sich selbst, über ihren Bruder Charles O'Connor und

Weitere Kostenlose Bücher