Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
waren vorhanden. Drei Unterschlupfmöglichkeiten waren Esmeralda zuverlässig bekannt.
Der Wagen stand noch vor der Tür.
Aber vielleicht wurde das Haus bereits überwacht?
Bei einer Verhaftung konnte sich der gepackte Koffer als Belastungsmoment auswirken. Wenn schon. Es war Ferienzeit. Sie wollte verreisen.
Esmeralda beschloß, kaltes Blut zu bewahren. Sobald der Morgen graute, wollte sie in die Ferien fahren. Bis dahin waren noch zwei Stunden Zeit. Sie nahm drei Tabletten und stellte den Wecker. Legalität als Aushängeschild. Der Revolver hinter dem Kopfkissen diente dem Selbstschutz.
Alles klar.
Aber im künstlich herbeigeführten Schlaf wurde Esmeralda von Träumen verfolgt. Sie sah einen schwarzen Mann auf der Kante am Fußende ihres Bettes sitzen. Die Maske verbarg sein Grinsen. Im Stiefel steckte das Stilett. Er hatte weiche Handschuhe an. Esmeralda wurde halbwach, ohne die Augen zu öffnen. Ihre Gedanken setzten den Traum fort. Joe würde den Gestank der anonymen Briefe nicht durch eine Gerichtsverhandlung über ganz New City und Umgebung verbreiten. Joe würde. Esmeralda wälzte sich und stöhnte in halbem Bewußtsein. Sie hatte die Schlafmitteldosis etwas zu stark bemessen.
Derjenige, vor dem Esmeralda sich im Wachen und Träumen fürchtete, war in den Stunden ihrer Unruhe mit seinem Cabriolet auf einigen Umwegen nach einigen Begrüßungen in die Slums gefahren. Er traf dort einen alten Indianer, der sich aufrichtig freute, Joe wiederzusehen, und er fand in dessen Hütte einen jungen Burschen, den Enkel, der bei dem Anblick Joes hell aufstrahlte. Joe hatte diesen jungen Kerl, als er unversehens in eine Schlägerei verwickelt und in Bedrängnis geraten war, unter schwerer Gefahr für sich selbst herausgehauen. Das vergaßen der Junge und sein Großvater nicht.
»Heute könntet ihr beide etwas für mich tun. Geht das?«
Die Frage Joes war nur eine Form. Er wußte, daß die beiden darauf warteten, ihm ihre Dankbarkeit zu erweisen.
»Sprich, Joe King.«
»Der Junge geht zu Richter Elgin und sagt folgende Worte, nicht mehr und nicht weniger: >Richter Elgin wird in dem vierten kleinen Schuppen hinter der Kneipe links bei dem zweiten Nachbarn unter Gerümpel und Erde suchen.< Ich habe gesprochen.«
»Ist Elgin zu Hause?«
»Nein, er ist nicht zu Hause. Ich habe ihn zu seinem Freunde fahren sehen, zu dem alten Rufus Myer.«
»Du weißt, wo Myer wohnt?«
»Ja.«
»Gut.«
Joe verabschiedete sich und begab sich zu Margret, seiner Schwester, bei der Queenie auf ihn wartete. Margret bewohnte in den Slums eine Holzhütte mit einem Raum. Sie freute sich und lachte, wie sie stets zu tun pflegte, wenn Bruder und Schwägerin bei ihr auf Besuch waren. Die Neffen und Nichten hingen an Joes Händen und saßen auf Queenies Schoß. Der Schwager war nicht da. Er hatte fern von New City eine schlecht bezahlte Gelegenheitsarbeit gefunden, von der nur diejenigen wissen durften, auf deren Schweigsamkeit er sich verlassen konnte. Wenn etwas darüber bekannt wurde, erhielt Margret keine Wohlfahrtsunterstützung mehr für die Kinder. Joe hatte ein zweites Stück Speck dabei, das die Mehlklößchen, die die Familie zu essen pflegte, schmackhafter machen sollte. Ihm selbst war an diesem Tage nicht mehr nach Speck zumute.
Queenie studierte die Falte, die sich um Joes linken Mundwinkel zog, mit einer Aufmerksamkeit, die sie für verdeckt hielt und die Joe doch bemerkte.
»Tatsächlich, Queenie, ich bin zynisch gestimmt.«
Queenie wurde rot.
»Schade, daß wir nicht zusammen auf einen Maskentanz gehen können!«
»Wie kommst du darauf, Joe?«
»Es hat Geheimnismänner gegeben, die Masken trugen.«
Queenie wurde unruhig, da sie nicht wußte, welchem Ziel Joe mit seinen Bemerkungen zusteuern konnte. »Masken? Um sich zu verbergen?«
»Um die Kraft dessen anzunehmen, den die Maske darstellt - um in sein Wesen hineinzuschlüpfen.«
Margret versuchte, das Lachen in ihrem Gesicht festzuhalten. Ohne den dazugehörigen Ton wirkte die Miene wie die einer Marionette.
»Mein Bruder Joe, die Masken unserer Medizinmänner waren eine Sache der Geheimnisse und der Geister.«
»Und was sind die unseren, Margret?«
»Ich trage keine Maske, Joe.«
»Wirklich nicht?«
Von Margrets Gesicht verschwand die lachende Pose.
»Nun gut, du legst sie ab, wenn das einem Menschen überhaupt möglich ist. - Queenie, hast du nicht einmal ein Maskengedicht gemacht?«
»Als ich eine Maske brauchte, Joe, um meine Gefühle vor den Geistern
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