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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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über George Mac Lean. Das Ergebnis war ein durchaus präziser Gedanke. Es hatte prinzipiell keinen Zweck, sich halb auf legales und halb auf illegales Geschäft einzulassen. Man mußte entweder vollständig legal arbeiten oder vollständig illegal, mit Legalität lediglich als Aushängeschild. Aber nicht beides zugleich mit Interesse und Emotion. Ein Mensch konnte nicht in zwei Betten schlafen, oder die Kante drückte.
    Esmeralda begriff in dieser Nachtstunde auch, daß ihre Emotion für Legales mit der Tochter auf der Highschool und der Cafeteria Horwood allmählich herangewachsen war und daß sich ihre Vorliebe für Illegales angesichts der geringen Fähigkeiten ihres Bruders Charles vermindert hatte. Mit Vater Black and White und mit Leo Lee in London, Liverpool, New York, in New Orleans und in Chicago, das waren noch Zeiten gewesen! Auch der Aufbau des Geschäftes in New City hatte Esmeralda in ihrem Element gelassen. Seit dem Tode des Vaters und der Verurteilung Leo Lees, seit der Rückkehr der Tochter aus dem Internat klaffte der Zwiespalt offen. Sie hatte dem Mädchen einreden müssen, daß Mary Booth tatsächlich eine üble Hure sei, sonst hätte die Jungfrau die anonyme Anzeige nicht geschrieben. Jetzt hatte Joe King sie in der Hand. Verdammt.
    Was er wohl unternehmen würde? Das Coca-Cola in der Flasche war mit einer starken Dosis Rauschgift vermischt. Er konnte die Flasche dem Sheriff bringen.
    Nochmals verdammt.
    Die anonymen Briefe und die Angelegenheit mit dem alten und dem jungen Goodman vergaß und verzieh ein Joe King nicht. Er war ein Indsman. Indsmen reichten keine Beleidigungsklagen ein. Auch Esmeralda hatte keine Klage eingereicht. Aber Joe hatte Esmeraldas Vater erschossen. Sie haßte ihn auf den Tod.
    Esmeralda hatte Joe ins Gesicht gesehen. Sie haßte nicht nur: Sie hatte Angst.
    In einem der Nachbarschuppen hinter der Kneipe befand sich ein Rauschgiftvorrat, der mindestens für zehn Jahre Zuchthaus oder auch für die Realisierung eines Vermögens ausreichte. Der Vorrat war so primitiv untergebracht, daß die Polizei noch nicht darauf verfallen war, hier zu suchen und zu finden. Aber Joe King hatte eine feine Nase. Würde er schnell handeln? Oder hatte sie noch Zeit, den Beweis für umfangreichen Schmuggel wegzuschaffen? Auf Grund der Menge in der Coca-Cola Flasche konnte Joe nicht mehr beweisen, als daß etwa ein Mitglied der Familie O'Connor oder Horwood schwer rauschgiftsüchtig sein mußte. Diesen Verdacht konnte man ohne viel Mühe auf Charles lenken.
    Esmeralda hätte die Sache gern noch mit einem zuverlässigen und intelligenten Menschen besprochen. Ihr Bruder Charles war das nicht. Er war schwachherzig und dumm. Es blieb Esmeralda nichts übrig, als selbst zu entscheiden, was zu tun sei. Verdammt. Nicht einfach.
    Vielleicht machte sie sich gerade beim Fortschaffen verdächtig. Wahrscheinlich beobachtete Joe die Umgebung der Kneipe oder ließ dort beobachten. Vielleicht war er auch schon zum Sheriff gelaufen oder zu Elgin.
    Esmeralda wartete jeden Augenblick auf jenes Klingeln oder Klopfen, mit dem ungebetene uniformierte Männer sich anzumelden pflegten. Vielleicht kamen sie aber ohne Anmeldung.
    Immer noch besser, als wenn Joe plötzlich in der legendären schwarzen Maske vor ihr stand.
    Das Mädchen Lilian verabschiedete eben ihren Freund. Sie hatte ihn wahrhaftig nicht dabehalten. Die Mutter verstand ihr eigenes Blut nicht mehr. Sie hob den Kopf und lauschte, ob die Tochter die Tür wieder gut verschloß und ob sie allein in ihr Zimmer zurückging. Ja.
    Wenn Esmeralda nur gewußt hätte, was Joe King unterdessen tat. Es war falsch, ihm das Gesetz des Handelns zu überlassen. Sie mußte sich entscheiden, was sie selbst tun wollte.
    Den ganzen legalen Dreck von sich abschieben und wieder ein sauber illegales Leben anfangen - vielleicht in New York -, sie hatte eine alte Verbindung dorthin, die noch nicht abgerissen war. In einigen Wochen kam Leo Lee aus dem Knast. Da lag eine Chance für sie.
    Besaß sie aber noch die Kraft und Schnelligkeit, sich in einer Bande durchzusetzen und einem Mann wie Lee als Verbündete zu imponieren?
    Der Sonntag war blamabel verlaufen.
    Esmeralda fühlte sich alt; sie war unruhig, die Wut in ihr stieg und begann, klare Gedanken wieder zu verdrängen.
    Sie wußte nicht mehr, was sie wollte. Sie empfand Haß und Angst. Angst vor Joe King.
    Sie stand auf und packte ihren Koffer. Kleine Gegenstände, deren Wert zwei mittlere Jahreseinkommen verbürgten,

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