Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
die Flasche her, wenn du nicht trinken willst.«
Joe warf ein paar Münzen auf den Tisch.
»Die Flasche Coca-Cola gehört mir.«
»Gib die Flasche her, du.!«
»Bring mir Sodawasser, Esmeralda.«
Die Frau kräuselte und spitzte die Lippen, wollte Zeit gewinnen und lief fort, vielleicht, um das Gewünschte zu holen. O'Connor war auf die Szene aufmerksam geworden und setzte sich auf den freien Platz neben Joe.
»Was hast du denn!«
»Ein Indizium.«
O'Connor wollte sich mit seiner taschenspielerhaften Geschwindigkeit die Flasche aneignen, aber Joe hatte sie noch schneller weggerückt.
»Macht euch doch nicht selbst verdächtig. Mann, was seid ihr ungeschickt. Vater Black and White würde sich im Grabe 'rumdrehen, wenn er das sehen könnte.«
»Joe, was hast du für ein Interesse daran, uns jetzt wieder an den Wagen zu fahren?«
»Gar keins. Geh zum Superintendent und erzähl ihm, daß deine Nichte auf Anstiftung ihrer Mutter und des Mister Mac Lean anonyme Briefe geschrieben hat, um mich zu verleumden. Ich weiß es sowieso und kann es auch beweisen. Wenn du vernünftig bist, O'Connor, bleibt das Ergebnis, das bei der Untersuchung der Flüssigkeit in dieser Flasche herauskommt...«
Weiter kam Joe nicht. Esmeralda, die bei Joes letzten Worten wieder herbeigeeilt war, wollte sich mit O'Connor zusammen auf den Indianer stürzen und sich der Flasche bemächtigen. Er entglitt den beiden, schwang sich über den Tisch, die Flasche in der Hand, und gelangte, durch Russell und Krause im Rücken gedeckt, mit der Flasche aus der Kneipe hinaus. O'Connor begriff, daß nichts mehr zu machen war, da er Joe King nie einzuholen vermochte und auch nicht die Absicht hatte, vor zwei Dutzend Zeugen auf den Indianer zu schießen.
Aber Esmeralda verlor zeitweise den Verstand und rannte hinter Joe her, selbst verfolgt von dem brüllenden Gelächter der Gäste, die sich aus der Tür herausdrängten. Sie war als Kind eines Schmugglers und Rauschgifthändlers aufgewachsen und hätte mit ihrer Kraft, Gewandtheit und Rücksichtslosigkeit jedem Amazonen-Gang Ehre gemacht. Sie war schnell, ihre Beine wirbelten, der Rock, nicht weit genug für diese Gangart, riß ein. Joe hatte zunächst nicht seine volle Geschwindigkeit entfaltet, da er Esmeralda zum besten haben wollte. Er ließ sie herankommen und schlug Haken. Dabei trafen sich die Blicke nochmals; die Situation war grotesk, aber in den Mienen entblößte sich der Haß. Endlich entschwand Joe, die Flasche in der Hand, auf Nimmerwiedersehen.
Esmeralda hielt mitten im Lauf inne. Ihre Bewegung erstarrte. Man hätte sie >Statue einer Jägerin< nennen können. Der Körper war noch vorgebeugt, ein Bein halb angezogen, nur die Zehen berührten den Boden, ein Arm war angewinkelt, der andere ausgestreckt, die Hand wie eine Greifklaue gekrümmt. Das Kinn trat vor, der Mund stand halb offen. Der aufgerissene Rock hing um die straffen Beinmuskeln.
Ein Passant, der um die Straßenecke bog, machte sofort kehrt. Er fürchtete, eine gefährliche Irre vor sich zu haben.
Esmeralda wurde sich ihres eigenen ungewöhnlichen Zustandes bewußt und befahl ihrem Körper, sich zu entspannen. Sie zog das Kinn ein, die Arme baumelten jetzt lose, die Füße fanden sich in einen gleichgültig regelmäßigen Schritt hinein. So ging sie zu der Kneipe ihres Bruders zurück. Die fünf Minuten, die sie dazu brauchte, waren ihre Frist zum Überlegen. Als sie wieder an der Kneipentür anlangte und von dem rauhen Hallo lachender Männer empfangen wurde, war ihr Plan bereits gefaßt.
»Was is' denn in der Flasche drin, Esma?«
Rugbykämpen und andere starke Gestalten drängten sich um die Grünäugige.
»Mein Brillantring.«
»Dein... Esma!«
»Was denn?! Meint ihr, ein Joe King rennt mit Coca-Cola weg?« »Dein Brillantring! Das mußt du anzeigen!« »Mach' ich.«
»Wem hat denn der Ring gehört?« »Wem soll wohl mein Ring gehören, he?« »Kann man nie wissen!« »Das kost' dich eine Lage, Jeff!«
»Spendier uns erst mal den Whisky, der da noch steht!«
Krause und Russell hatten den Tisch verlassen; sie waren nirgends mehr zu sehen. George Mac Lean saß vor einer vollen und drei halbgeleerten Flaschen Whisky und wunderte sich über seine eigene Situation. Esmeralda brachte ihm einen speziell zubereiteten doppelstarken Mokka, und er sagte nichts dazu, als sie zugleich alle Whiskyflaschen abräumte, auch diejenige, für die Mac Lean bezahlt hatte. Sie erlaubte drei alten guten Freunden des Hauses O'Connor Black
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