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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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zu schützen. Habe ich dir das wirklich erzählt?«
    »Würdest du es mir heute nicht mehr sagen?«
    »Ich habe Angst vor deinem Spott. Ganz einfach.«
    »Und ich habe Angst vor mir selbst. Mal sehen, ob wir unsre Ängste teilen können. Margret, gib mir ein Stück schwarzen Stoff.«
    »Du denkst, ich habe Stoff übrig?«
    »Wenn ich mich recht entsinne, besitzt du eine schwarzseidene Bluse.«
    »Zu teuer, wenn du Unsinn im Kopf hast, Joe.«
    »Ich pflege nur Unsinn im Kopf zu haben. Gib her!«
    Margret holte zögernd den verlangten Gegenstand hervor. Joe kaufte ihr die Bluse ab. Die Schwester schüttelte den Kopf.
    Joe trennte sich aus dem Rücken der Bluse ein Stück Stoff heraus und schlitzte es an zwei Stellen. Aus der Tasche zog er ein paar schwarze Handschuhe. Es waren gute Handschuhe, für Joes schlanke Hände ein wenig zu breit, aber doch noch eben passend.
    Auf einmal stand ein Fremder vor den beiden Frauen, undeutlich zwischen Schatten und dem sanften kraftlosen Licht der Petroleumlampe. Queenie schrie leise auf. Margret war bleich geworden. Die Kinder duckten sich und schmiegten sich aneinander. Der Fremde in der schwarzen Jacke, den schwarzen Cowboyhut auf dem Kopf, das Gesicht von der schwarzen Maske bedeckt, die Hände in schwarzen Handschuhen, war nicht mehr Joe.
    Das war.
    »Joe King, meine Lieben.«
    Er nahm die Maske und die Handschuhe ab, lachte heiser, räusperte sich, trat in den Lichtkreis der Lampe und zeigte wieder die Zynikerfalte um den linken Mundwinkel.
    »Die Probe hat geklappt. Komm, Queenie, jetzt fahren wir durch den Wald.«
    Queenie nahm stillschweigend im Wagen Platz. Joe fuhr in der Nacht leichtsinnig.
    In dem hellerleuchteten Restaurant zu Füßen des Monuments der vier Präsidenten, das in die Naturfelsen des waldigen Berges eingehauen war, bestellte er ein Abendessen, das für die Verhältnisse eines Reservationsranchers teuer zu nennen war. Queenie hätte sich gern geschmeichelt, daß er es für sie tat, aber das einzige Thema, um das seine Gedanken spielten wie die Mücken um die Terrassenlaternen, war das der Maske.
    »Hast du mich tatsächlich nicht mehr erkannt, Queenie? Warum hast du denn geschrien?«
    »Ich weiß es nicht, Joe. Ich habe schwarz gesehen.«
    »Ich sehe auch schwarz. Kennst du die Maskentänze der Hopi?«
    »Ella, das Hopimädchen, und auch die kleine Vicky haben mir davon erzählt.«
    »Warum tragen die Tänzer Masken?«
    »Hast du sie Ella und Vicky nicht gestellt?«
    »Ach, Joe - was du heute für Fragen stellst.«
    »Nein, sie haben eines Tages oder eines Nachts selbst gesprochen.« »Und das möchtest du nicht?«
    »Du läßt mich ja nicht. Du bohrst in mir herum wie ein Wurm im Holz. Dabei soll mir das Filet schmecken.«
    »Holzwürmer pflegen zu ihrem Ziel zu kommen. Also sprich.«
    Joe machte sich den Salat mit scharfer Würze an.
    »Nach den Mythen und dem Glauben der Hopi sind einst die Geister der Ahnen, des Frühlings und des Winters, des Lebens und Sterbens, das nur ein Schlafen ist, selbst zu den Menschen gekommen.«
    »Einst?«
    Queenie schaute in die nachtschwarzen Wipfel der Kiefern, die an dem Hang unterhalb der Hotelterrasse standen, sie hörte die Stimmen der anderen Gäste, und sie streifte mit einem Blick die künstlich angestrahlten steinernen Gesichter der vier Präsidenten, deren Namen sie in der Schule hatte lernen müssen: Washington, Jefferson, Lincoln.
    »Woran denkst du, Queenie?«
    »An Yvonne, die immer Präsident Jefferson vergaß und bei Teacock nicht antworten mochte.«
    »Und du willst mir auch nicht antworten.«
    »Du bist heute ganz und gar merkwürdig, Joe.«
    »Macht dir das keinen Spaß?«
    »Es regt mich auf. Ich will dir aber das >einst< erklären. Die Geister kommen nicht mehr.«
    »Und nun?«
    »Aber die Männer der Hopi wollen das Andenken an die Katchinas wachhalten. Sie tragen die Masken der Katchinas, sie werden selbst zu Katchinas - und vielleicht, ja vielleicht, denken sie, werden eines Frühlings oder eines Herbstes die Katchinas selbst sich wieder zeigen.«
    »Dann sind die Masken überflüssig?«
    »Ja, dann wären sie überflüssig.«
    »Aber vorläufig muß man das spielen, was nicht ist. Doch könnte es noch einmal ernst werden - „
    »Die Hopi glauben an die Kraft der Masken.«
    »Vorläufig. Aber ich habe mich gewundert, wie wirksam meine Maske war. Lag das nur an mir?«
    »An der Maske, Joe.«
    »Hat sie eigene Kraft?«
    »Ich weiß nicht, Joe.«
    »Ich muß es aber wissen, Queenie. Warum hast du

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