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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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heraus und starb die Ewigkeit von fünf Minuten hindurch alle Tode, die ein Mensch bei einem andern mit bloßen Händen oder mit einfachen Waffen wie Messer oder Pistole herbeiführen kann. Hinter dem Mann mit der Maske sah sie die starren Gesichter von Alex Goodman und Mary Booth, die als Geschworene zu diesem Gericht gekommen waren. Sie war in Schweiß gebadet, der Nachtanzug klebte ihr an der Haut. Ihr Herzschlag machte Pausen.
    Endlich nahm der Mann die Maske, ab, faltete das Stück Seide zusammen und steckte es in die Tasche.
    »Hübsch, nicht, Esma? Ein Souvenir, wenn auch kein echtes. Komm, steh auf. Du darfst mit meinem Cabriolet fahren. Also raus aus den Federn.«
    Esmeralda, weiß wie ihr Laken, fand die Sprache doch wieder. »Verzieh dich, bis ich mich angekleidet habe.«
    »Aber nein, Esma. Und sei überzeugt, daß ich nicht langsamer geworden bin. Ich bin auch noch immer großzügig, eben ein Indsman. Den Revolver habe ich dir in den Koffer gepackt. Du hattest ihn aus Versehen am Kopfende deines Bettes liegenlassen.«
    Esmeralda schneuzte sich, schwang sich aus dem Bett und zog einen Strumpf an. Es ging schnell. Sie wußte, daß sie keine körperlichen Reize mehr hatte, die Joe hätten rühren können. Aber vielleicht konnte sie ihn auf andere Weise reizen. Sie spielte mit dem zweiten Strumpf.
    »Joe, warum sind wir Feinde? Laß uns zusammen wieder untertauchen. Die Legalität stinkt mich an; mein Bruder ist ein Frosch. Und du paßt nicht zu deiner Queenie. Schau dir doch an, was sie aus dir gemacht hat! Einen Ranchpatriarchen mit Vieh und Kinderschar! Und du bist noch so jung. Komm mit, einfach so, wie du bist. Ich weiß Quartiere und Arbeit.«
    »Die Arbeit kenn' ich. Rede dir nicht die Zunge in Fransen, Esma. Dein Kumpan ist Leo Lee, nicht Joe King. Bist du bald fertig?« Esmeralda zog den zweiten Strumpf endlich hoch.
    »Joe, komm mit mir. Dann rechne ich dir nicht nach, daß du meinen Alten erschossen hast.«
    »Die Rechnung kannst du ruhig aufmachen. Du hast Alex Goodman auf dem Gewissen. Dafür büßt du mir. Ich habe gesprochen.«
    »Du hast bald zum letztenmal gesprochen, merk dir das. Was hast du mit der Flasche gemacht? Uns verraten?«
    »Mein Geheimnis, Esma.«
    »Wohin soll's gehen?«
    »Zu meinem Boss.«
    Esmeralda keuchte. Hatte sie Asthma? Sie fuhr in die Kleider. Den Koffer ließ sie stehen. Joe geleitete sie aus dem Hause hinaus zu seinem Wagen. Die Türen waren alle offen.
    »Wenn du wieder einmal das Haus abschließt, Esma, so sage deiner Tochter vorher, daß sie das Fenster nicht offenlassen soll. Schafft euch Temperaturregler an. Ihr habt doch Geld.«
    In dem Sportcabriolet, einem Zweisitzer, war Esmeralda mit Joe allein. Sie wagte nicht, irgend etwas gegen ihn zu unternehmen. Joe fuhr durch die weiten, leeren Prärien der Reservation zu. Zwei Minuten nach acht Uhr hielt der Wagen in der Agentursiedlung am Parkplatz für Gäste. Esmeralda Horwood, geborene O'Connor, hatte mit Joe King in das Dienstgebäude der Superintendentur zu gehen.
    Im Sekretariatsraum warteten Krause, Russell und George Mac Lean. Esmeralda zog die Winkel ihrer eingezogenen Lippen herunter, so daß ihr Mund die Form einer Mondsichel annahm. Joe King verbarg seine Überraschung. Krause, Russell und Mac Lean zeigten die ihre unverhohlen. Alle zusammen wurden sofort bei Superintendent Hawley vorgelassen. Neben dem Schreibtisch des Superintendent stand Nick Shaw, der Stellvertreter.
    Hawley war zusammengefallen; der Tadel der Bezirksverwaltung schien ihn niedergeschlagen zu haben. Nick Shaw wirkte unveränderlich, eine von Natur aufrechte Holzstatuette.
    Joe King stellte vor.
    »Missis Horwood, geborene O'Connor, Esmeralda. Missis Horwood ist jetzt bereit, darüber auszusagen, wie es zu den anonymen Briefen gekommen ist.«
    George Mac Lean, übernächtig, wirkte gelbweiß wie Milch. Esmeralda fand in der Büroluft zwischen legal Beamteten ihre gewohnte Frechheit sofort wieder. Ihre grünen Augen blitzten. Sie hatte schon immer Freude daran gehabt, wohlanständig wirkende Figuren in den Strudel hereinzuziehen.
    »Also ganz einfach, Boss, Verzeihung, Sir. Ein schlechter Scherz! -Wir waren alle besoffen, Mister Mac Lean, O'Connor und ich. Wir sprachen von Miss Mary Booth, und daß sie ein Kind ohne Vater bekommt, und von Mister Joe King, der so gehässig ist, Elektrizität und Wasser nicht an Mister Mac Lean liefern zu wollen, nur weil er seine verrückte Idee mit der Schulranch durchsetzen will - na, und da kam die

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