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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Susanne vorlas.
    »Postamt«
    »Bank«
    »Rathaus«
    »Schule«.
    Diese Häuser waren aus Stein und höher als die anderen.
    Auf der Straße liefen die meisten Geister in Cowboyhüten herum, und einige waren ganz und gar als Cowboys angezogen. Wakiya fragte sich, ob einer von ihnen einen Riesen mit einem einzigen Stein hätte töten können. Über die Mädchen mit Cowgirlhüten und Cowgirlblusen mußte er lachen.
    Die Wagen erreichten das Rodeogelände. Jeder Fahrer suchte einen guten Parkplatz.
    Die Insassen stiegen aus.
    Das Zuschauergelände auf grünem Rasen senkte sich hinunter zu der Arena, in der die Wettkämpfe stattfinden sollten.
    David und Susanne liefen zusammen zu dem weißgestrichenen mannshohen Zaun, der die Arena umgrenzte. Vielleicht glaubten sie, daß Wakiya hinter ihnen herkäme, vielleicht dachten sie in diesem Augenblick auch nicht an ihn.
    Er blieb stumm stehen.
    Frau Margot legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Komm, wir gehen zu der Bude, dort kannst du dir Würstchen oder Eis kaufen.«
    Wakiya schüttelte den Kopf, machte sich unversehens los und lief weg.
    Er hatte einen Baum entdeckt, in dessen Zweigen bis jetzt nur ein einziger Junge saß. Der Baum versprach aber einen guten Überblick.
    Wakiya lief dorthin. Er kletterte geschickt, das hatte er schon mit zwei Jahren gelernt. Der andere Junge hatte sich nicht einmal den besten Platz ausgesucht; er war größer als Wakiya, zu schwer. Wakiya nistete sich in der Gabelung eines Astes ein, der ihn eben noch tragen konnte, und da hockte er, mager, schmächtig, in der zu weiten Hose, barfuß. Seine Augen schauten fragend umher. Er wollte sich nicht betrügen lassen. Er wollte wissen, was hier wirklich geschah, und wollte durch die Geister und durch die Menschen hindurchschauen.
    Der erste, an dem sein Blick haftenblieb, war Harold Booth. Das war er doch, der Breitschultrige, der auf der anderen Straßenseite gestanden hatte und dann verschwunden war. Inya-he-yukan hatte ihn nicht getötet. Der Breite ging mit einer Geisterfrau zusammen, die so dick war, wie Wakiya noch nie eine Frau gesehen hatte. Er wollte die beiden nicht weiter beachten. Sie mißfielen ihm.
    Aber zu den Halketts kam eine junge Indianerin in türkisfarbenem Kleid, um den Hals eine silberne Kette, wie nur Indianerhände sie arbeiteten. Diese junge Indianerin war schlank und wohlgebildet. So schön konnte Susanne Wirbelwind niemals werden. Queenie mußte das sein, die Königin, Inya-he-yukans Frau. Wakiya schauerte; er fürchtete sich und wußte nicht, warum.
    Drunten in der Arena, am Eingang der Teilnehmer an den Wettkämpfen, bei den Verschlagen der Mustangs tauchte Joe King auf. Er trug den schwarzen Cowboyhut; alles war dunkel an ihm, auch die schwarzen Stulpenstiefel. Nur das Halstuch leuchtete gelb wie die Mittagssonne. Dieser und jener ging zu Joe und sprach mit ihm.
    Wakiya starrte hinüber.
    War das Joe King? War das Inya-he-yukan? War das ein Geist? War das ein Mensch?
    War das sein Bruder? War das ein Fremder?
    War das Joe King.
    War das Inya-he-yukan.
    War das ein Mörder.
    War das ein Dieb.
    War das ein Häuptling.
    War das ein Cowboy.
    Der Vater hatte nie einen Cowboyhut getragen. Der Vater hatte gesagt, die Häuptlinge im Grabe würden sich ihrer Söhne schämen, wenn diese einen Cowboyhut über ihre schwarzen Haare setzten.
    Wer war das, der dort stand? Hatte Wakiya-knaskiya beim Wasserholen einst nur geträumt, wie er mit dem Vater zusammen am hellen Mittag geträumt hatte?
    Waren die Augen gefunden?
    Waren sie wieder verloren?
    Joe King hätte Wakiya-knaskiya im Baume sitzen sehen können, so wie dieser ihn in der Arena stehen sah. Aber er schaute nicht herüber.
    Vielleicht dachte er nur an den Preis, den er gewinnen wollte, einen Preis der Geister.
    Vielleicht dachte er an Queenie, die so schön war, wie Susanne Wirbelwind niemals werden konnte. Aber an Wakiya und die Geheimnisse dachte er gewiß nicht.
    Unter dem Baum, in dessen Geäst Wakiya saß, rührte sich etwas. Wakiya schaute unwillkürlich hinunter. Er schaute in einen Wust blonder Locken hinein. Daneben aber war ein Kopf mit kurzem schwarzem Haar zu sehen, wie eine verbrannte Wiese, dachte Wakiya.
    Der Lockenwust und das Brandfeld krönten zwei Männer, zwei große schlanke Männer, Cowboygestalten; der Nacken unterhalb der Locken war hell, der unter dem kurzen schwarzen Haupthaar war braun.
    Die Kopfhaltung der beiden Männer verriet, daß sie genau auf den Punkt starrten, zu dem auch Wakiya

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