Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
also Engel?«
»Mit Flügeln.«
»Sie tragen aber ihre Federn an der falschen Stelle.« »Was du immer zusammenredest, Byron!« »Was machen sie jetzt mit Teacock?«
»Er muß fortgehen von der Schule. Es ist eine große Schande.«
Die Pause war zu Ende. Die beiden Buben stoben auseinander.
Eines Tages gab es neuen Alarm der Nachrichten und Gerüchte. Tashina, die beste Schülerin der ganzen Schule, die Hoffnung auf ein ausgezeichnetes Baccalaureat, hatte Harold Booth erschossen.
Wakiya rannte heim, noch schneller und atemloser als sonst. Er wußte, daß die Mutter an diesem Tage einkaufen gegangen war. Es mochte sein, daß sie etwas gehört hatte.
Eliza Bighorn hatte sich wieder daran gewöhnt, mit Wakiya als ihrem einzigen Vertrauten zu sprechen. Sie war wie eine Vogelmutter gewesen, die sich von einem Jungen zurückzieht, das von fremden Händen berührt worden ist. Nun hatte Wakiya den Geruch der Geister und ihrer weißen Kleider längst verloren, und er hatte seine Muttersprache nicht verlernt.
Wenn er in der dritten Klasse ein sehr schlechter Schüler war, so war das in Elizas Augen kein großer Mangel. Es erging Wakiya damit nicht anders als seiner Mutter, die nach drei Jahren die Schule schon verlassen hatte. Auch jetzt gab es noch Kinder, die es nicht weiter brachten, wenn ihre Zahl auch geringer wurde. Was brauchte der kranke Wakiya so viel zu lernen! Der Bruder konnte das an seiner Stelle tun.
Die kleine Schwester schlief auf der gestrichenen Bettstatt im hellblauen Haus; die Fenster waren verhängt, aber die Tür stand offen. Eliza Bighorn und ihr Sohn Wakiya saßen auf der Schwelle. Wakiya hatte eine neue Hose an. Die alte war mit der alten Hütte verbrannt; sie wäre noch für zwei Jahre weit genug gewesen. Aber das Schicksal hatte sie ereilt. Die neue war schwarz, wie Wakiya sie sich gewünscht hatte, und Raum für die Ausdehnung ihres Besitzers ließ auch sie noch auf einige Jahre hinaus.
Mutter und Sohn schauten über die Prärie, auf der das Gras aus dunklem Boden sprießte. Die Kiefern rings waren verschwunden; Bäume wuchsen langsamer als Gras.
Auch Wakiyas Versteck lag kahl und bloß, und die kleine häßliche Kaktee war ein Raub des Feuers geworden. Wakiya ging nur noch selten zu dem Platz.
Am Abend saß er meist mit der Mutter zusammen und gern auf der Schwelle des Hauses.
»Was war mit Tashina, Mutter?«
Eliza kaute an ein paar trockenen Beeren. Sie hatte schon viele Zähne verloren, und mit dem Kiefer konnte man nur langsam mahlen.
Wakiya schob auch zwei Beeren in den Mund, um leichter auf die Antwort warten zu können.
»Ich will dir das einmal sagen, Wakiya. Ich will es dir alles sagen. Du kommst nun in den neunten Winter. Alt genug bist du, um von deiner Mutter alles zu hören. Mache deine Ohren auf, und vergiß meine Worte nicht.«
»Ich höre, Mutter, und vergesse deine Worte nicht.«
»Tashina, sagst du. Sie ist ein schönes und gutes Mädchen. Bei ihrem Vater und ihrer Mutter hatte sie gelernt, gehorsam zu sein und zu arbeiten. Weißt du das?«
»Sie ist auch in der Schule fleißig, und immer weiß sie alles. Sagen die anderen. Sogar Teacock hat sie gelobt. Das ist nicht gut. Aber sie malt Bilder für unsere Aula, die werden sehr gut. Sie will unsere Vorväter malen, so, wie sie wirklich waren und wie sie die Kinder lehrten und die Kinder hörten zu. Sie malt auch einen Mann, der unseren Kindern mit einer langen Schere die Haare abschneidet. Er sieht Teacock gleich, ob sie es nun weiß oder nicht. Er wütet im Haare-Abschneiden, und die Kinder sind traurig. Die Eltern streiten sich und sterben, die Kinder gehen Hand in Hand allein. Die Häuptlinge verhandeln, und die Geister stehen da, einer hinter dem andern, die Unterhändler, die Langmesser, die Pelzhändler, die Goldsucher. Das wird sie alles malen, und es ist gut.«
»Kommen die Bilder in eure Schule?«
»Sie werden in der Aula an die Wand gemalt.«
»Gut, gut. Aber wie macht das Tashina King, daß Teacock sie gelobt hat, und du lobst sie auch?«
»Sie hat zwei Gesichter und ist doch rund und schön wie ein Mond. Ich habe sie gesehen.«
»Nun hat sie Harold Booth erschossen. Harold Booth wollte sie zur Frau haben, aber Inya-he-yukan hat sie sich zur Frau genommen. Die beiden sind Feinde, und Harold Booth gab keine Ruhe.«
»Ich weiß, daß sie Feinde waren.«
»Nun hat Tashina Harold Booth erschossen. Er war kein guter Mann. Aber das Haus der Kings ist auch ein verfluchtes Haus.«
Wakiya zuckte
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