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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Wakiya-knaskiya.«
    Da der Alte nun voranging, folgten ihm die Mutter und Wakiya zu der Höhe über dem Haus. Der Himmel hatte seinen Sonnenschild abgehängt.
    Es wurde so dunkel, als ob das Innere der Erde hervorgekommen sei und sich mit seiner Finsternis über alles Land gewölbt habe. Sterne blinkten auf, aber die Winde erhoben sich; sie stürmten und jagten Wolken wie ein Rudel reißender Wölfe, das die Sterne fraß.
    Es war ein dunstiger, heißer Tag gewesen, nun war es wilde Nacht. Auf der Höhe über dem Haus standen die drei Menschen, der Alte, die Mutter und das Kind. Der Alte hatte eine heilige Pfeife mit sich getragen, eine lange Pfeife, mit Hermelin und mit den Federn des Adlers geziert und geweiht. Er bot sie dem schwarzen Himmel, der staubenden Erde und den rauschenden Winden, ehrfürchtig und stolz sich neigend, wie es einem Häuptling und wissenden Manne geziemte. Dann hob er die Hände und betete zu dem Großen Geheimnis, daß der Mond in der mondlosen Nacht aufleuchten und die Toten und die Büffel aus den Gräbern unter den Wurzeln hervorkommen und die ihnen geraubte Erde wieder in Besitz nehmen möchte. Er hielt die mageren Hände in die Höhe, mit großer Geduld und ohne müde zu werden, eine Stunde um die andere, und obgleich er seine Augen verloren hatte, bog er den Nacken nach hinten, als könne er aus der Nacht seiner Augen das wahre Finstere noch schauen, und bot das Gesicht dem Himmel, der lichtlos über ihm drohte.
    Wakiya-knaskiya stand neben dem Alten, und als das Kind nicht mehr zu stehen vermochte, zog die Mutter es zu sich heran und griff ihm unter die Schultern, so daß es halb in ihren Armen hing. Die Winde rauschten und pfiffen, die Krüppelbäume ächzten, und die Wolken jagten wie Wölfe vor den Sternen.
    Aber der Mond kam nicht.
    Der Vater kam nicht zu Wakiya-knaskiya, seinem Sohn, wie er doch versprochen hatte.
    Die Toten standen nicht auf.
    Die Büffel vermoderten unter den Wurzeln und kamen nicht mehr hervor.
    Hohl und leer pfiffen die Winde, als ob sie nicht mehr heilig seien.
    Die Arme des Alten sanken herunter. Sein Körper erzitterte wie der Baum, den der Sturm zu brechen beginnt. Er beugte sich hinab zu dem Kinde und legte sein Gesicht an das seine. Wakiya spürte die Tränen aus verlorenen Augen.
    Das Kind schrie auf, denn die Wolken waren zerrissen, und unter den Sternen wand sich tief unten im Tal die platte, helle, tückische Schlange, das Tier der bösen Geister. Die Geister hatten gesiegt.
    Tot blieb Wakiyas Vater im Grabe.
    Tot blieben die Männer und Frauen im hirschledernen Gewand. Tot blieben die Büffel.
    Zum Tode neigte sich der Alte, den die Mutter und das Kind wieder zu seiner Hütte führten.
    »Ich bin zu schwach geworden, Wakiya.«
    »Warst du stärker - ehedem - alter Vater?«
    »Ich war stärker - stärker konnte ich glauben, als die Männer noch um mich waren - klarer konnte ich träumen, als ich noch jung war - ich habe den Mond gesehen, in der mondlosen Nacht - ich habe den Mond gesehen - Wakiya, vielleicht ist es alles ein Trug gewesen, als ich jung war, so wie auch nun, da ich alt geworden bin.«
    Das verstand Wakiya-knaskiya nicht, aber auch diese Worte blieben in seinem Gedächtnis geschrieben wie die Fährte, die mit der weichen Erde zusammen hart wird.
    »Alter Vater, wo kann ich deine Augen suchen, die du verloren hast?«
    »Sie werden dir begegnen, Wakiya-knaskiya, und du wirst sie erkennen.«
    Der Alte neigte sich vor dem Tode und widerstand ihm nicht mehr. Wakiya-knaskiya aber lag nach jener Nacht in der düsteren Hütte daheim, und es war dunkel und leer um ihn, denn sein künftiges Leben war vor ihm dahingeschwunden, und er hatte keine Freude mehr. Sein Körper krampfte sich zusammen. Eine ihm fremde Macht schüttelte ihn, so daß er nicht mehr zu tun vermochte, was er wollte. Seine Glieder zuckten, sein Kopf schlug auf die Decken, und sein Mund stand offen.
    Stumm stand die Mutter bei ihrem Kind und wartete, bis der Geist es wieder loslassen würde.
    Als Wakiya ruhig werden konnte, war er völlig erschöpft. Bleich war sein kleines Gesicht wie das eines Toten. Die Mutter koste ihn, aber sie weinte nicht. Ihre Zähne bissen noch fester auf die Lippen, und die mürrischen Falten um ihren Mund waren noch tiefer geworden. Seit jener Nacht ging sie nicht mehr zum Grab ihres Mannes.
    »Er hat uns betrogen und ganz verlassen, Wakiya.«
    Wakiya-knaskiya sagte darauf nichts. Wie hätte er der Mutter widersprechen dürfen! Aber seine Gedanken

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