Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
ausgestreckt, und Inya-he-yukan wandte ihm das Gesicht zu. Der Nachtschimmer ließ seine Augen im Dunkeln leuchten.
»Morgen bringe ich Untschida und die Zwillinge zu Queenies Eltern.« Joe sagte es so, daß Untschida die Worte mit hören mußte. »Und dich, Wakiya-knaskiya, bringe ich zu deiner Mutter.«
»Das tust du nicht, Inya-he-yukan.«
»Ich werde hier allein sein wie in alten Zeiten - nur daß mir der saufende Vater und die Prügel fehlen. Du kannst nicht bei mir bleiben, Wakiya.«
»Ich bleibe.« Wakiya sprach nicht wie ein Kind. Er sprach, als ob es aus ihm spreche.
»Und wenn du krank wirst - allein? Ich kann dich nicht alle Tage zum Schulbus fahren.«
»Dann laufe ich bis dorthin. Der Weg von hier ist nicht so weit wie der von meiner Mutter Haus.«
»Und wenn du auf dem Wege krank wirst?«
»Ich werde nicht mehr krank.«
»Woher weißt du das?«
»Heute wollte es kommen, aber es ist an mir vorübergegangen. Es kann nicht mehr in mich hinein. Es bläst mich an, aber ich atme es nicht mehr.«
Joe schwieg einige Zeit, hielt aber die Augen offen, und Wakiya-knaskiya schaute hinein.
»Woher ist dir auf einmal die Kraft gekommen, Wakiya?«
»Ich mußte Susanne Wirbelwind widerstehen.«
»Was hat sie dir angetan?«
»Worte hat sie gesagt. Du seiest im Gefängnis gewesen.«
»Das ist wahr, Wakiya. Mehr als einmal. Unschuldig und schuldig.«
»Ich weiß. Ich weiß es von der Mutter.« »Was hast du Susanne geantwortet?« »Ob das eine Schande sei, habe ich sie gefragt.« »Und sie?«
»Ja, es sei eine Schande.« »Und du?«
»Du seiest unschuldig.« »Und sie?«
»Du seiest ein Gangster - gewesen.« »Und du?«
»Ein unschuldiger Gangster.«
Joe lachte plötzlich, aber ohne Kruste und Krampf, er lachte herzlich über das nicht verlegene Kind.
»Und sie, Wakiya?«
»Ob ich wisse, was ein Gangster sei!«
»Und du?«
»Ich wisse, wer Inya-he-yukan sei; sie aber wisse das nicht.« »Und?«
»Das war mein letztes Wort; ich hatte gesprochen. So ist es, und so bleibt es.«
»Und du bleibst bei mir, Wakiya. Vielleicht schadet es dann auch mir nicht mehr, wenn sie mich mit ihrem stinkenden Atem anblasen. Hau.«
Wahlvater und Wahlsohn schliefen den Rest der Nacht ruhig in Kleidern auf den Wolldecken, ohne das neue Bettzeug. Wakiya träumte, wie Queenie einmal wiederkommen würde.
Am folgenden Abend kamen Ed und Margot Adlergeheimnis und Runzelmann, von dem Wakiya vorläufig nichts sagen konnte, als daß er seinen Beinamen verdiente. Margot hatte gesteuert und führte ihren blinden Mann nun in das Haus der Kings. Wakiya lief zur Booth-Ranch hinüber und holte Joe, der von der Halkettschen Ranch bereits zurück war und mit Mary für die nächsten Monate alles besprochen hatte. Man setzte sich um den Tisch; das Haus gab jetzt Raum genug. Ed nahm das Wort.
»Mister King, es ist Anzeige gegen Sie erstattet worden, daß Sie im vergangenen Jahr Brandy Lex und Black and White erschossen hätten, Anzeige von seiten des unehelichen Sohnes von Black and White, Charles O'Connor, auch genannt Black and White junior, wohnhaft in New City.«
Da Crazy Eagle eine Pause machte, konnte Joe eine Zwischenfrage stellen. »Esmeralda Horwood hat sich nicht an der Klage beteiligt?«
»Nein. Warum fragen Sie?«
»Weil sie mir einen drohenden Brief geschrieben hat.«
»Sie ist Black and Whites Kind. Aber ihr Name steht nicht unter der Anzeige. Die Klage ist bei Richter Elgin eingegangen, da der Kläger und die angeblich Ermordeten außerhalb der Reservation lebende Bürger sind. Elgin hat die Sache an mich weitergeleitet, denn Sie, Mister King, unterstehen als Reservationsangehöriger unserer Gerichtsbarkeit. Der Streit um die Zuständigkeit des Stammesgerichts ist ganz allgemein im Gange. Elgin ist uns dessen ungeachtet oder vielleicht gerade darum in einer begrüßenswerten Weise entgegengekommen.«
Joe nickte, aber sein Nicken war nichts als Abwehr und Spott.
»Sie haben sich neuerdings einen sehr scharfen jungen Ankläger eingestellt, Crazy Eagle. An mir kann er leicht beweisen, wie tüchtig er ist, und er wird von allen Seiten Beifall ernten, wenn er mich zur Verurteilung bringt, durch das Stammesgericht, weil damit bewiesen wird, wie hart man gegen Stammesangehörige vorzugehen bereit ist.«
»Gerecht, Mister King.«
». und von seiten der Weißen, die mich hassen.«
»Das Mißtrauen ist zu tief in Ihnen verwurzelt, King.«
»Vielleicht noch nicht tief genug und nicht wach genug. Ich lerne von Fall zu
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