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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Fall dazu.«
    »Mister King, ich muß schnell handeln und die Untersuchung, wahrscheinlich auch schon das Verfahren gegen Sie eröffnen, sonst werden sich andere Instanzen einschalten und uns das Recht abstreiten, diesen Prozeß zu führen.«
    »Also fragen Sie. Dazu sind Sie doch hergekommen. Meine Frau wird Sie vorbereitet haben. Aber ich sage Ihnen vorweg, ich bin eine harte Nuß, und ich bin unschuldig. Wenn Sie ein Fehlurteil über mich sprechen, so können Sie mich vielleicht damit vernichten, aber Ruhe werden Sie auch dann nicht haben.«
    Die Fragen und Antworten folgten sich schnell.
    »Mister King! Haben Sie die beiden erschossen?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Haben Sie sie verletzt?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Es ist aber möglich?«
    »Ja.«
    »Wieso ist es möglich?«
    »Weil ich zwei unbekannte bewaffnete Pferdediebe nach Anruf in Notwehr erschossen habe.«
    Schweigen trennte diese Antwort von den nächsten Worten des Richters, die ihm selbst nicht leichtzufallen schienen.
    »Mister King, verabschieden Sie sich von Ihren Angehörigen. Ich bin gezwungen, Sie zu verhaften. Sie bleiben im Stammes-Polizeigefängnis und Sie können damit rechnen, daß der Termin sehr bald anberaumt wird. Mit welcher Waffe haben Sie geschossen?«
    Joe holte sein Jagdgewehr aus der Ecke, in der es sich stets zu befinden pflegte, und reichte es Runzelmann.
    Wakiya brach der Schweiß aus, aber seine Glieder zuckten nicht. Stonehorn legte ihm nur schweigend die Hand auf die Schulter. Der Bub aber sprach.
    »Inya-he-yukan - ich möchte dabei sein, wenn sie über dich richten. Als du durch den Sonnentanz gegangen bist, durfte ich nicht mitkommen, aber ich habe ihn mit dir geträumt.«
    Joe faßte unwillkürlich unter das offene Hemd und fühlte seine Narben. Er versicherte sich mit einem kaum merkbaren Blick, daß Crazy Eagle ihm noch Zeit geben würde zu antworten.
    »Den Sonnentanz kannst du träumen, Wakiya, aber nicht das Gericht. Vor Gericht geht es Schlag auf Schlag, und die Worte schießen gegeneinander. Da mußt du wach sein und ganz hell im Kopf, denn es ist ein Kampf der Männer. Vom Baume kann ich mich allein losreißen, nur mit meiner eigenen Kraft. Vor Gericht aber kämpfe ich nicht frei; ich bin immer den Gerichtsmännern untertan. Ich bin der Angeklagte, und darum bin ich schon eingekreist, wenn der Kampf beginnt. Ich versuche, den Ring zu sprengen, aber ich weiß nicht, ob es mir gelingt. Wirst du es mit ansehen und mit anhören können und ganz ruhig bleiben? Dein Name ist Geheimnisdonner, und es zuckt, blitzt, denkt, fürchtet, hofft in dir stark und jäh. Auch wenn du nun gesund bist, wirst du mehr leiden als andere Menschen.«
    »Nicht mehr als du, Inya-he-yukan, und doch hältst du stand. Ich möchte mitkommen.«
    »Nun, meinethalben. Mary ist Zeuge für den Diebstahl damals. Mit ihr kannst du zum Gericht fahren. Dann weiß ich wenigstens, daß da einer mehr ist, der mit mir denkt und nicht gegen mich.«
    Das Gespräch war zu Ende, die Zeit war um. Joe steckte sein Stilett in das Paar Stiefel, das zurückblieb, zog seine Sommerjacke an und zweigte sich bereit, mit dem Richter zusammen das Haus zu verlassen.
    Wakiya drängte sich zu Margot Crazy Eagle, und sie verstand seine stumme Frage. »Deine Pflegemutter, Wakiya, hat mit der Kunstschule telefoniert und ist dorthin abgereist. Ich habe sie zu dem Überlandbus nach New City gebracht.«
    »Hau, Missis Crazy Eagle.«
    »Wo wohnst du, Wakiya, wenn wir dir eine Nachricht zukommen lassen wollen? Bei deiner Mutter?«
    »Nein, Missis Crazy Eagle, bei Mary Booth. Ich muß mich um den Scheckhengst kümmern. Er ist ein bucking horse, aber mir frißt er aus der Hand. Ich reite ihn nicht, weil Inya-he-yukan es nicht will. Aber ich spreche alle Tage mit ihm. Hau.«
    »Schreibst du deiner Pflegemutter Queenie?«
    Wakiya zögerte, und Stonehorn sagte ein letztes Wort, schroff und endgültig: »Du schreibst nicht. Es würde sie nur stören. Sie malt.«
    Die Tür ging auf, und als sie wieder geschlossen wurde, blieb Wakiya allein. Er betete zu Wakantanka, dem Gott der Indianer, sah nach den Pferden und legte sich schlafen.
    Am nächsten Mittag erst lief er zu Mary Booth und berichtete.
    Das Verfahren wurde so schnell eröffnet, wie der Richter angekündigt hatte. Schon am siebenten Tag nach Joes Verhaftung fuhr Wakiya an einem regnerischen Morgen mit Mary zu der Gerichtsverhandlung. Das Stammesgericht befand sich in der Agentursiedlung. Es war in einem unansehnlichen

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